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198 - Sohn und Dämon

198 - Sohn und Dämon

Titel: 198 - Sohn und Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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und ein Krieger übernahmen den Späherdienst. Sie kletterten in einen Felltunnel zum Rücken des Shiips.
    Buttorgo blieb mit vier Anangu hier unten an den Abstiegsstellen im Bauchfell. Sie sollten sich sofort abseilen und den Kampf aufnehmen können, wenn man den Bastard eingeholt hatte.
    Ulros kletterte mit Roraz zur rechten Schulter des Shiiptitanen hinauf. Von dort aus wollte der Erste Wächter des Uluru die Jagd auf den Bastard und seine Mutter kommandieren.
    Das harte Shiipfell roch ranzig und fühlte sich fettig an.
    Immer tiefer krochen Roraz und Ulros in das haarige Gestrüpp hinein, dennoch wurde es nicht dunkel. Über kleine Schächte drang Tageslicht von außen in die Gewölbe und Felltunnel.
    Das Tier setzte sich in Bewegung. Es war heiß im Inneren des Fells, und die Anangu schwitzten. Die Körperwärme des Shiips strahlte bis in die äußeren Fellschichten. Die waren am fettigsten und ließen so gut wie keine Kälte eindringen und so gut wie keine Hitze in die Außenluft entweichen.
    Eine Zeitlang ging es steil nach oben. Der Felltunnel, durch den Ulros und sein Begleiter kletterten, gehörte zu einem sorgfältig angelegten Gangsystem. Die großen Schritte des Tieres schaukelten die schwarzen Krieger hin und her.
    Manchmal spürten sie, wie sich die Fleischwand unter ihnen im Rhythmus der Atemzüge des Shiips hob und senkte, und ständig hörten sie es im Inneren des Titanenkörpers gurgeln, brodeln, zischen und knurren.
    Nach wenigen Minuten erreichten Ulros und Roraz eine Fellhöhle, in deren Decke ein großes rundes Loch klaffte. Sie kletterten zu seinem Rand hinauf und machten es sich dort in den Locken bequem. Von hier aus hatte man einen guten Überblick über die Marschrichtung und die Umgebung. Ulros sah zurück. Das Lager der Gedankenmeister lag bereits ein paar hundert Schritte hinter ihnen. An seinem Rand stand eine Menschenmenge und blickte dem Shiip hinterher. Ulros konnte keine Gesichter mehr erkennen, doch er war sicher, dass der rebellische Cahai darunter war.
    Die morgendliche Steppe breitete sich vor ihnen aus. Die aufgehende Sonne warf ihr weißes Licht auf Geröllfelder, Felsblöcke und Gestrüpp. Von dem Bastard und seiner Mutter gab es noch keine Spur. Auch Sidnai und sein Späher auf dem Rücken des Tieres hatten noch niemanden entdecken können.
    Trotzdem zweifelte Ulros keinen Augenblick daran, dass sie die ohnmächtige Frau und den tollkühnen Bastard einfangen würden. Das Titanenshiip kam rascher voran als jedes noch so schnelle Reittier. Es war eine Frage der Zeit, bis sie die Flüchtlinge eingeholt hatten.
    ***
    Aruula lächelte und winkte zurück. Das Kind in ihrem Traum kicherte und warf sich bäuchlings ins flache Wasser. Es strampelte und krähte vor Vergnügen, wenn die schwache Brandung über seinen Körper hinwegrollte. Es hob die Rechte aus dem Wasser – und hielt eine Muschel zwischen den Fingern. Sofort vergaß der Knabe seine Umgebung, setzte sich auf und beschäftigte sich mit der Form, der Farbe und der Maserung seines Fundstücks.
    Nachdem Aruula akzeptiert hatte, dass es wirklich und wahrhaftig ihr Sohn war – und die Ähnlichkeit zu ihr war kaum zu übersehen – konnte sie sich nicht satt sehen an ihm. Wie viele Jahre hatten das Kind und sie verloren! Sie weinte leise in sich hinein. Wehmut überwältigte sie, und plötzlich war alles wieder gegenwärtig: ihre Trauer wegen des verlorenen Babys, die viel zu lange Schwangerschaft, ihre Unfähigkeit zu Lauschen in jenen längst vergangenen und doch so nahen Tagen, und ihre Sehnsucht nach dem Kind, von dem sie immer in ihrem tiefsten Inneren gespürt hatte, dass es lebte.
    »Jetzt glaubst du mir, nicht wahr?« Die Stimme GRÜNs war allgegenwärtig. Aruula riss sich los vom Anblick des spielenden Knaben. Ohne den riesigen, farbenprächtigen Doldenschädel hätte sie das Pflanzenwesen kaum noch unterscheiden können von Bäumen, Büschen und Unterholz.
    »Jetzt glaubst du mir, dass es unser Kind ist, nicht wahr?«
    Aruula antwortete nicht. Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und weinte lange. »Warum haben die Daa’muren es mir weggenommen?«, schluchzte sie irgendwann.
    »Sie sind meine Schöpfer«, entgegnete GRÜN. »Als sie jedoch merkten, dass ich mich als Wirtskörper nicht eignete, wollten sie mich vernichten. Es gelang ihnen beinahe – nur ein einziger Keim überlebte, aber in diesen Keim konnte ich mich zurückziehen. Ich wurde von Menschen entdeckt, die meine Einzigartigkeit spürten und mich

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