1981 - Richard
absetzen. Sie wollten sich spätesten um 22:00 Uhr wieder auf dem Flughafen Faaa treffen. Ihre Maschine sollte vier Stunden später starten. Georg fuhr mit dem Taxi weiter zu dem Hotel, in dem er schon bei seinem ersten Aufenthalt gewohnt hatte. Zunächst hatte er vor, sich einen Internetplatz zu suchen. Er wusste, dass das Hotel gut ausgestattet war. Er sah sich in der Hotellobby um. Einer der Plätze war besetzt, doch ganz außen, am Fenster, war noch ein Computer frei. Bisher hatte er telefoniert oder Faxe geschrieben, jetzt schien es sinnvoll eine E-Mail-Adresse einzurichten, um jederzeit und überall Nachrichten senden und natürlich auch empfangen zu können. Auf Nuku Hiva hatte er nicht mehr daran gedacht, den Account zu eröffnen, so dass er es jetzt nachholen wollte, bevor ihre Reise richtig losging. Es gab einen Internetprovider, über den sich eine E-Mail-Adresse einrichten und überall auf der Welt benutzen ließ. Georg loggte sich ein. Er brauchte einige Versuche, um den richtigen Zugang zu finden. Nach dem er seine persönlichen Daten eingegeben und sich ein Passwort ausgesucht hatte, war die Internetadresse einsatzbereit. Bedingung war, dass die Adresse mit allen darunter gespeicherten Nachrichten gelöscht wurde, wenn der User länger als sechzig Tage keine Mails abgefragt oder versendet hatte. Georg hoffte, dass bis dahin seine Mission beendet war. Der erste, dem er die neue Adresse mitteilen wollte, war Simon. Er suchte in seiner Brieftasche nach dem Zettel mit allen seinen wichtigen Nummern und Adressen. Neben Simons Telefon- und Faxnummer hatte er sich auch dessen E-Mail-Code aufgeschrieben. Die Mitteilung wurde nur kurz. Er schrieb, dass Florence ihn nach Sydney begleitete und dass er sich in der nächsten Zeit über die neue E-Mail-Adresse melden würde und natürlich auch darüber erreichbar sei. Als nächstes bekam sein Freund Sean Hamilton eine Nachricht, für den Fall, dass es von seiner Seite doch noch weitere Informationen gab. Georg lehnte sich zurück. Er schaute auf die Uhr. Es ging zum Abend hin. Es war eine Woche her, dass Florence und er mit dem Hubschrauber auf Ua Pou und Ua Huka waren, dass sie die alte Frau getroffen hatten und durch Zufall auf Julie Jasoline gestoßen waren. Georg hatte die Hände hinter seinem Kopf verschränkt und wippte mit dem Stuhl leicht vor und zurück. Er beschloss bereits jetzt zum Flughafen zurückzufahren. Vielleicht konnte er sich auf irgendeiner Bank im Terminal ausstrecken und etwas dösen. Der Portier rief ihm ein Taxi. Auf dem Weg aus Papeete heraus fuhren sie am Hafen vorbei. Spontan entschloss sich Georg, auszusteigen und ein wenig an den beleuchteten Anlegern, Stegen und Restaurants vorbei zu schlendern. Es war schon sehr dämmerig und die Lampen warfen ein sanftes Licht auf die Kulisse. Im Hafen lag ein größeres Schiff, ein Kreuzfahrer, wie er annahm, das ebenfalls einen hellen Lichtschein abgab und in Richtung der Kaimauern warf. Er dachte wieder an Florence und dass sie mehr als fünfzehntausend Kilometer von ihm entfernt lebte und wenn er zurück in seine Welt fuhr, würde sie wieder diese beinahe unendliche Entfernung trennen. Er kam an einem Café vorbei. Der Name kam ihm bekannt vor, Café Jacques. Aus dem Café hörte er leise Töne, die Melodie von »Mathilde«, aber ohne Gesang, ohne diese unverwechselbare Stimme. Auch wieder so eine Sache, dachte er. In München hatte er noch nie etwas von Jacques Brel gehört, geschweige denn seine Musik gekannt. Und jetzt, auf dem Frachter und auch auf den Marquesas wurden seine Lieder oft gespielt. Die Musik gefiel ihm immer besser. Er wusste, Brels Chansons würden ihn auf jeden Fall immer an die Zeit hier in der Südsee erinnern. Er betrat das Café, das recht gut besucht war. Es wurde bereits etwas anderes gespielt, kein Brel-Stück mehr, wie er meinte. Er suchte sich trotzdem einen Platz, an einem winzigen Tisch am Fenster und bestellte ein amerikanisches Bier. Der Ober war gerade wieder gegangen, als ihm jemand von hinten auf die Schulter tippte. Er drehte sich um, dann musste er lachen.
»Sie erscheinen immer, wenn ich gar nicht mit Ihnen rechne, aber langsam gewöhne ich mich daran.«
Florence lachte. »Sie sind mir doch gefolgt, das kann doch kein Zufall sein, ich bin erst seit fünf Minuten hier und da tauchen sie plötzlich auf.«
»Ich hätte es getan, aber es war wirklich nicht so, ich schwöre es.« Georg lachte wieder, dann sah er sich um. »Wo sitzen sie?« Er zog einen Stuhl
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