1981 - Richard
den folgenden beiden Tagen wurde Georg zum Strandtouristen. Er hatte sich keine Badesachen mit auf seine Südseereise genommen und darum musste er sich jetzt hier auf Nuku Hiva ausrüsten. Es viel ihm nicht schwer. Es gab zwei Läden, die sich auf seine Bedürfnisse spezialisiert hatten. Das Hotel hatte einen eigenen Strandabschnitt und bot auch Liegen an. Er ging viel Schwimmen, beobachtete die anderen Touristen und begann ein Buch zu lesen. Im Schaufenster eines Ladens hatte er schon vor ein paar Tagen eine Erzählung von Herman Melville gesehen. Florence hatte ihm das Buch als Pflichtlektüre empfohlen. Es war nicht der berühmte Roman »Moby Dick«, sondern ein Werk, das er zuvor noch nicht kannte. Es hatte den Titel »Typee« und handelte von zwei Europäern, die es auf Nuku Hiva verschlägt und die einige Zeit bei einem Eingeborenen Stamm leben. Das Buch »Moby Dick«, dessen Inhalt er nur aus Filmen kannte, kaufte er gleich mit. Der Buchladen hatte noch weitere Werke Herman Mevilles im Angebot. Die Erzählung » Omoo« handelte ebenfalls von der Südsee. Georg gab sich aber zunächst mit » Typee« und » Moby Dick« zufrieden.
Am Freitagvormittag kam das Fax für ihn an. Er hatte spät gefrühstückt und war schon wieder im Begriff, an den Strand zu gehen. Der Portier winkte ihm zu und gab ihm einen Umschlag. Im Hotel war es üblich, die Faxnachrichten der Gäste nach Erhalt in einen Umschlag zu stecken. Er setzte sich in die Lobby und öffnete das Kuvert. Das Fax war von Sean Hamilton. Georg wunderte sich. Er hatte noch keine E-Mail-Adresse eingerichtet und sie an seinen Freund weitergeleitet, aber es war sicher ein Leichtes für Sean gewesen, die Faxnummer des Hotels auf Nuku Hiva herauszubekommen. Die Enttäuschung kam aber sofort. Nach der Grußformel konnte Georg lesen, dass Sean nichts, nicht das geringste herausgefunden hatte. Aber es sollte angeblich noch eine Chance geben. Sean hatte Georgs Informationen über Julie Jasoline an einen Bekannten im Finanzamt in London weitergegeben. Sean schrieb, dass das Finanzamt Unterlagen über Julie Jasoline haben müsse, wenn sie jemals als britische Staatsbürgerin Steuern bezahlt hätte. Georg war in Gedanken als er schließlich zum Strand ging. Er nahm zwar wieder sein Buch, konnte sich aber nicht konzentrieren. Julie Jasoline konnte doch nicht vom Erdboden verschluckt sein. Es musste doch eine Spur von ihr geben. Er dachte an Australien.
Plötzlich stand jemand neben ihm.
»Wenn ich sie irgendwo treffe, dann lesen sie immer etwas und dösen dabei vor sich hin.«
Es war Florence Stimme. Sie hockte sich hin, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Er legte das Buch zur Seite und setzte sich in seiner Liege auf.
»Sie haben mich beinahe erschreckt. Mit Ihnen habe ich hier gar nicht gerechnet. Woher wussten sie, dass ich hier bin?«
»Jeder auf Nuku Hiva weiß, dass sie ihre Tage am Strand verbringen.« Sie lachte. »Nein, ich habe natürlich den Portier ihres Hotels gefragt, wo ich sie finden kann. Er hat gesehen, dass sie mit ihren Badesachen fortgegangen sind.«
»Es ist doch bestimmt etwas unbequem, so zu hocken. Wollen wir uns in die Bar dort drüben setzen?«
Florence sah kurz hinüber zu der Hütte, die einen Tresen mit Stühlen davor besaß und zum Hotel gehörte. Sie nickte. Georg erhob sich, zog sein T-Shirt über und sie gingen gemeinsam durch den Sand zu der Bar. Der Tresen verlief einmal um die ganze Hütte herum. Einige Touristen saßen bereits bei alkoholischen Getränken, obwohl es noch nicht einmal 12:00 Uhr war. Florence und Georg nahmen etwas Abseits Platz. Georg bestellte für sie beide Eistee. Dann sah er sie wieder an. Sie hatte noch immer nicht erzählt, warum sie ihn besuchte.
»Haben sie heute eine freien Tag?«, fragte er.
»Nicht direkt. Ich kann mir meine Zeit einteilen, mir gehört die Apotheke, ich bin mein eigener Chef.« Sie lächelte. »Nein, ich war kurz zu Hause und bin auf dem Weg zurück hier vorbeigekommen. Ich habe über ihren Vorschlag nachgedacht.«
Er sah sie erwartungsvoll an und nippte an seinem Getränk.
»Was hat denn Simon gesagt, wollte er, dass sie mich mitnehmen?«
»Er hat gesagt, dass ich sie fragen könnte. Es war aber mein Vorschlag, dass möchte ich ausdrücklich betonen. Ich möchte sie gerne dabei haben. Bislang waren wir doch ein gutes Team.«
Florence lächelte. »Als ich das Foto von dem Ölgemälde das erste Mal gesehen habe, dachte ich gleich an etwas Besonderes. Ich möchte jetzt natürlich
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