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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Während sie das Hotel durch einen Nebeneingang betraten, fiel sein Blick auf einen Artikel, in dem es um eine abgebrannte Scheune ging.
    »Ich habe noch gar nicht richtig in dieses Album mit den Zeitungsausschnitten geschaut.«
    Florence drehte sich zu ihm um. »Du meinst diesen dicken Wälzer, den Jane und Alfred uns zusammen mit den Briefen gegeben haben?«
    Georg nickte. »Ich habe ihn mitgeschleppt.«
    »Wir hätten das Buch bei den Dearsts lassen sollen. Ich habe nachgesehen, der erste Artikel stammt aus dem Jahre 1912, also nicht Gauguins Zeit, und dann geht es chronologisch weiter bis in die Dreißigerjahre. Außerdem geht aus Julies Briefen hervor, dass Victor erst in Australien angefangen hat, als Journalist oder Reporter zu arbeiten.«
    »Hast du die Artikel gelesen?«
    »Als wir noch bei Jane und Alfred waren, habe ich den ersten überflogen. Es ging um die Müllabfuhr in Brisbane. Der Artikel ist in der Iris d'Australie erschienen. Es ist eine französischsprachige Zeitung, von der ich allerdings noch nie etwas gehört habe. Dann habe ich nur noch kurz geblättert, Victor hat auch auf Englisch geschrieben.«
    »Ich habe überhaupt noch gar nicht rein gesehen«, sagte Georg nachdenklich. Er schaute auf die Uhr. »Was hast du jetzt vor?«, fragte er.
    Florence lächelte. »Ich werde mich jetzt auf meinem Zimmer duschen, die Haare waschen und mich für das Abendessen herausputzen.« Sie fuhr mit der Hand durch ihr Haar und klopfte sich dann etwas Straßenstaub vom Ärmel ihrer Bluse. »Du hast neunzig Minuten Zeit, dich in dem Album umzusehen.«
    »Ich dachte, wir könnten das zusammen machen«, sagte Georg schmollend.
    Florence schüttelte den Kopf. »Ich habe schon die Briefe gelesen und das »Vorher und Nachher« und »Noa Noa« und, und, und.« Sie drehte sich um und ging weiter Richtung Treppe.
    *
    Georg brauchte zehn Minuten bis er geduscht war. Er holte das Album mit den eingeklebten Zeitungsartikeln aus seiner Reisetasche und legte es auf den kleinen Tisch. Er zog sich einen Stuhl heran und schlug das Album. In dem ersten Artikel ging es tatsächlich um die Müllabfuhr in Brisbane. Der kurze Bericht war am Samstag, den 15. Juni 1912 in der Iris d'Australie erschienen. Georg erhob sich noch einmal von seinem Stuhl und holte vom Nachttisch Block und Kugelschreiber. Er notierte sich den Namen der Zeitung. Dann blätterte er in dem Album zur nächsten Seite. Die Artikel waren nicht einfach so aus den Zeitungen getrennt, sie wurden sorgfältig ausgeschnitten und in die Seiten des Albums eingepasst. Georg las sich die Schlagzeilen und Überschriften durch. Victor Jasoline war ein Lokalreporter, obwohl das nicht ganz stimmte. So schrieb er über lokale Ereignisse aus Sydney, die in einer Brisbaner Zeitung veröffentlicht wurden, oder er meldete sich aus Perth, um der Ostküste von den dortigen Gouverneurswahlen zu berichten. Es gab sogar eine Artikelserie vom August bis Oktober 1917, in der Victor über einen Industriestreik schrieb, der sich auf mehrere australische Bundesstaaten ausgedehnt hatte. Es wurden Stahlwerke, Schuh- und Kleiderfabriken und auch die Eisenbahn bestreikt. Ab 1920 wurden Victors Artikel häufiger auch in neuseeländischen Zeitungen veröffentlicht, in Auckland oder auch Neuseeland. Dennoch reiste Victor für seine Reportagen weiterhin auf dem australischen Kontinent herum. So führte er in Perth ein Interview mit einer Politikerin, die 1921 ins Parlament des Bundesstaates West Australien gewählt wurde. Es gab aber auch andere Themen, die Victor dem Publikum in Australien näherbrachte. So schrieb er im Jahre 1925 eine ganze Artikelserie über die früheren Forschungsreisen eines gewissen Percy Harrison Fawcett, während dieser im südamerikanischen Dschungel vermisst wurde.
    Georg blätterte weiter in dem Album. Er saß jetzt schon eine dreiviertel Stunde über dem Buch gebeugt. Er richtete sich kurz auf und massierte sich den Nacken. Er nahm das Album vom Tisch und legt es sich auf die Knie, um beim Lesen etwas bequemer zu sitzen. Nach 1925 hatte Victor Jasoline weniger veröffentlicht, als in den Jahren zuvor. Georg zählte es durch 1924 waren es noch dreiunddreißig Artikel, 1925 einundzwanzig und 1926 nur noch siebzehn. Für den Dezember 1926 gab es nur einen Leserbrief. Georg las die Schlagzeile des Artikels, der Victor Jasoline veranlasst hatte, diesen Leserbrief zu schreiben: »Monet in Giverny, Frankreich gestorben - Begründer des Impressionismus tot.«
    *
    Es klopfte.

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