1981 - Richard
aufhielten, war es hier eher ruhig. Es gab einen wunderschönen Café-Pavillon, der bis auf dreißig Meter an das Meer heranreichte. Es war Florence Vorschlag. Sie nahmen sich zwei Liegestühle auf der Loggia des Cafés und ruhten sich aus. Florence las weiter in ihrem Buch, in »Vorher und Nachher«, den Lebenserinnerungen von Paul Gauguin, während Georg zunächst die Zeitungen studierte, die er sich an einem kleinen Kiosk gekauft hatte. Ihn interessierten vor allem Nachrichten aus Europa . Er hatte das Gefühl, dass die Verbindung dorthin langsam abriss, zumindest was die Nachrichten betraf. Er konnte aber für sich nicht einschätzen, ob es ihn überhaupt störte. Später holte er den Melville-Roman Typee wieder hervor, den er auf Nuku Hiva nicht mehr zu Ende gelesen hatte. Sie waren bereits einmal zusammen ins Meer gegangen. Sie waren in der Bucht bis zu einer kleinen Boje geschwommen und wieder zurück zum Strand, ohne anzuhalten. Es waren hin und zurück gut fünfhundert Meter. Sie waren etwas erschöpft und Georg wickelte Florence in eines der großen Handtücher ein, die sie sich geliehen hatten. Er umarmte sie kurz.
»Schwimmen kannst du wenigstens, wie ein Fisch«, sagte er lächelnd.
»Wie eine Nixe«, erwiderte Florence. »Meine männlichen Begleiter behaupten immer, ich kann schwimmen wie eine Nixe.«
Georg sah sie überrascht an. Dann lächelte er. »Männliche Begleiter, das lasse ich nicht mehr zu. Wenn man die Chance hat, einer Nixe zu begegnen, dann muss man sie für sich behalten.«
»Aber nicht jetzt, jetzt muss ich mich erst umziehen.«
Florence wandte sich keck ab und strebte mit ihrem Handtuch in Richtung der Umkleidekabinen, die am Rand des Strandes standen. Sie griff sich im Vorbeilaufen noch ihre Tasche, in der sie ihre trockenen Sachen hatte. Georg sah ihr nach. Geistesabwesend nahm er sein Handtuch und rieb sich trocken.
Er schwamm später noch einmal hinaus, diesmal ließ Florence ihn aber alleine gehen. Sie war mittlerweile zu sehr in das Buch vertieft, dass sie schon fast zu Ende gelesen hatte. Georg schwamm wieder bis zu der Boje. Auf dem Rückweg, gut fünfzig Meter vom Strand, ließ er sich im Wasser treiben. Er blickte Richtung Uferpromenade und zu dem Strandabschnitt mit dem Café. Er sah Florence an ihrem Platz und er konnte sogar den Gipfel des Mount Orohena hinter den Bäumen eines vorgelagerten Bergrückens erkennen. Er blieb nicht lange, vielleicht zehn oder fünfzehn Minuten. Er konnte erkennen, wie Florence ihr Buch auf ein Tischchen neben ihren Sonnenstuhl gelegt hatte und sich zurücklehnte.
Georg paddelte noch eine Weile und schwamm dann zurück. Als er sich sein Handtuch griff, machte Florence gerade die Augen auf.
»Hast du es durch?« Georg tippte auf das Buch, das neben ihr lag.
Florence richtete sich auf, stützte sich auf ihre Ellenbogen und sah ihn blinzelnd an. »Ja ich habe es durch, ich hätte es schon viel früher einmal lesen sollen, schließlich war Gauguin ja mein Nachbar.«
»Und hat er Julie oder Thérèse oder ihre Eltern erwähnt?«
»Das wäre natürlich toll«, sagte Florence. Sie schüttelte den Kopf. »Er hat doch sehr wenig über seine französischen Landsleute geschrieben, die ihm hier auf den Inseln begegnet sein müssen.«
»Und was ist mit diesem Noa Noa, könnte da etwas drin stehen?«, fragte Georg während er sich in seinen Liegestuhl setzte.
»Das glaube ich nicht. Gauguin hat Noa Noa auf seiner ersten Südseereise geschrieben, das war noch vor 1895, also noch bevor die Jasolines nach Tahiti oder auf die Marquesas gekommen sind.«
»Ich werde mir die Bücher kaufen, wenn ich wieder in Deutschland bin«, sagte Georg.
Florence sah ihn an. »Ich kann sie dir auch leihen, wenn du versprichst, sie mir wiederzubringen.«
»Das Versprechen löse ich gerne ein«, sagte Georg. Er wollte noch mehr sagen, aber Florence erhob sich plötzlich von ihrem Liegestuhl.
»Und jetzt habe ich Durst«, sagte sie fröhlich. »Willst du auch etwas? Oder pass auf ich werde uns etwas von der Bar holen, lass dich überraschen.« Florence griff sich ihre Handtasche und ging zum Ausschank des Strandcafés. Georg blickte ihr nach, ohne noch etwas zu sagen.
An diesem Nachmittag ging Florence noch zweimal mit Georg im Meer baden. Erst gegen sechs verließen sie die Bucht bei Mahina und fuhren im Jeep zurück zum Hotel. Georg nahm ihre gemeinsame Tasche von der Pritsche des Jeeps und griff sich auch die Zeitungen, der er noch nicht alle gelesen hatte.
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