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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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schließlich auch Kunsthistoriker und nicht nur Gutachter.« Er blickte jeden einzelnen kurz an. »Wie bei so vielen verkannten Genies, hat auch Gauguin erst nach seinem Tod Anerkennung gefunden. Schon in seinem Todesjahr, 1903, gab es in der Galerie Vollard in Paris eine Gedächtnisausstellung, im sogenannten Herbstsalon . Im Jahre 1906 wurden dann in Paris über zweihundert seiner Werke gezeigt. Gauguin war zum Thema geworden. Plötzlich gefiel Gauguins Einstellung. Ein Bild darf nicht Abklatsch der Natur sein, sondern muss im Kopf des Künstlers entstehen. Dieser Ausspruch wurde zum Leitmotiv der gesamten Klassischen Moderne. Gauguin war plötzlich auch Vorbild. Ein Edvard Munch entwickelte Gauguins Holzschneidekunst weiter, ein Henri Matisse zelebriert den Rhythmus und die Farbigkeit in Gauguins Werken. Sogar der Jugendstiel, also eine eigenständige Kunstrichtung, übernimmt das Schmückende und das Ornamenthafte, das sich bei Gauguin findet. Nicht zuletzt wären auch die deutschen Expressionisten ohne einen Gauguin oder einen van Gogh nicht so weit gekommen. Aber was sagt der Kunsthandel. In meinen Recherchen habe ich noch einmal belegt, dass es in der Vergangenheit immer wieder Gedächtnisausstellungen gab, in denen das Werk Gauguins gewürdigt wurde.«
    »Wie sieht es mit dem Wert eines Gauguins aus«, fragte Edmund Linz unvermittelt. »Was kann so ein Bild einbringen.«
    Claudius Brahm sah Edmund Linz an. »Nun gut, es ist klar, dass sie so etwas mehr interessiert, als meine Huldigungen an den Meister.« Er lächelte. »Das Problem ist, dass ein Gauguin in letzter Zeit nicht auf dem Markt war. Wer einen Gauguin hat, der behält ihn auch.« Claudius Brahm stutzte. »Wenn er es sich leisten kann. Das Bild Maternité wurde vor nicht allzu langer Zeit verkauft, hiermit können wir uns natürlich nicht messen. Ich habe daher nur ein einziges repräsentatives Beispiel, es gibt das Bild Der Strand von Pouldu , La Plage du Pouldu, von 1889, das etwa drei Millionen Dollar eingebracht hat. Außer den aktuellen Verkäufen gibt es natürlich Schätzwerte von den Bildern der Museen und Privatsammler. Gauguin wird hier etwa mit zweidrittel des Wertes eines van Goghs beziffert, wir sprechen hier durchaus von mehreren zehn Millionen D-Mark, um die obere Bandbreite zu markieren.«
    Simon unterbrach ihn. »Ich denke wir kommen ohnehin gleich noch einmal auf dieses Thema, ich bitte sie daher, jetzt etwas zu unserem Bild zusagen. Ich hoffe, sie können sich noch gedulden, Herr Linz.«  
    Claudius Brahm nickte und sah kurz zu Edmund Linz hinüber. »Gut, einverstanden. Über Gauguins Stellenwert habe ich ja bereits informiert, nun zu dem Werk Julie des Bois aus dem Jahr 1902. Die Details der Materialergebnisse lasse ich fort, es ist alles authentisch, die Farben, die Leinwand, und es wurden auch keine Stoffe gefunden, die nicht auf ein Ölgemälde aus der Zeit der Jahrhundertwende gehören.« Er machte eine kurze Pause und holte Luft. »Die Art der Darstellung, der Malstil, die Pinselführung und auch das Motiv lassen auf Paul Gauguin schließen, französischer Expressionist und Begründer des Symbolismus und wofür er sonst noch steht. Dass er noch weitere Stilrichtungen aktiv oder indirekt beeinflusst hat, wurde ja bereits von mir erwähnt.« Claudius Bram blickte Simon an. »Das Entstehungsdatum des Bildes, laut Signatur, und das Umgebungsmotiv passen zur Vita Gauguins. Es wurde mit dem vollständigen Namen signiert, was nichts Ungewöhnliches ist. Gauguin hat sowohl mit P.G. oder mit P. Gauguin als auch mit Paul Gauguin signiert und ich glaube, es gibt auch Arbeiten, auf denen einfach nur Gauguin zu lesen ist. Unser Augenmerk sollte sich aber auf die Jahreszahl richten. Im neunzehnten Jahrhundert tragen die Werke Gauguins ausschließlich eine zweistellige Jahreszahl, also ’89 für 1889 , wie zum Beispiel auf dem Bild Die schöne Angele . Ab 1900 hat Gauguin ausschließlich mit vierstelligen Jahreszahlen signiert. Es wäre also ein grober Fehler und der Hinweis auf eine Fälschung, wenn unser Gemälde mit ’02 und nicht mit 1902 datiert wäre.«
    Alle nickten und sahen zur Staffelei hinüber. Claudius Brahm wartete, bis er wieder die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer hatte, bevor er weiter sprach.
      »Soweit zu diesen grundlegenden Fakten. Auf dem Bild ist nichts dargestellt, was Gauguin unbekannt war. Also kommen wir jetzt zu dem, was uns das Bild selbst nicht sagen kann. Zunächst einmal die Ausstellungshistorie des

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