1981 - Richard
Objekts. Es ist nicht bekannt, dass das Bild jemals in einer Ausstellung gezeigt wurde. Hierbei werte ich die Rechercheergebnisse von Herrn Kühler, die er aus London von Tate und aus dem Victoria and Albert Museum mitgebracht hat oder besser gesagt nicht mitgebracht hat, weil es kein Material gab. Es liegt nahe, dass sich das Gemälde ständig in einer Privatsammlung befunden hat, wie auch in den letzten Jahren, seit dem es Eigentum von Herrn Edmund Linz ist.«
Edmund Linz richtete sich in seinem Stuhl unmerklich auf, als ihn Claudius Brahm direkt ansprach. Die anderen sahen zu ihm hinüber und Simon nickte zustimmend. Nach einer erneuten Pause, setzte Claudius Brahm seine Ausführungen fort.
»Es liegen Beweise vor, dass es sich bei dem kleinen Mädchen, um eine Frau namens Julie Jasoline handelt. Als Kind hat sie mit ihren Eltern auf den Marquesas-Inseln in Französisch-Polynesien gelebt und zwar nachweislich zu der Zeit, als sich der Maler Paul Gauguin ebenfalls dort aufhielt. Die Begegnung zwischen Maler und Motiv wird des Weiteren durch eine Zeugenaussage bestätigt, in der sogar konkret davon gesprochen wird, dass Paul Gauguin ein Bild von gewisser Julie Jasoline angefertigt hat. In dem Text steht eigentlich nur, dass Gauguin ein Bild von der Tochter des Victor Jasoline gemalt hat, aber das spielt keine Rolle. Julie Jasoline hatte zwar noch eine Zwillingsschwester, namentlich als Thérèse Pallet, geborene Jasoline, bekannt, so dass auch sie als Motivgeberin in Betracht käme, aber das sind nur Details, die nicht ganz so relevant sind.« Claudius Brahm machte erneut eine Pause und sah in die Runde. »Alle Urkunden sind entweder schon beglaubigt oder wurden von mir in meiner Eigenschaft als Gutachter beglaubigt. Fertig.«
Simon lächelte. »Wissen sie was toll ist«, sagte er unvermittelt. »Der Zeitungsartikel, den Herr Staffa für uns recherchiert hat, für den er bis nach Sydney gereist ist, an dem war mein Mitarbeiter, Herr Kühler, schon vor einigen Wochen dran, als er in London in den Historic Catalogues of the National Art Library gesucht hat. Victor Jasoline hat zwei Artikel zum Thema Impressionismus geschrieben, dass heißt, zunächst hat er im Dezember 1926 einen Leserbrief verfasst. Dann folgte ein paar Wochen später, im Januar 1927 noch ein richtiger Artikel, der, den sie jetzt vor sich liegen haben. Den Leserbrief hat Herr Kühler in der Datenbank gefunden. Er ist der Sache aber leider nicht weiter gefolgt, weil es keine Hinweise gab, dass das Dokument etwas mit unserem Gauguin zu tun hatte. Er hat aber wenigstens eine Kopie gespeichert. Erst in den letzten Tagen, als wir alles noch einmal durchgegangen sind, alle unsere Recherchen, auch die aus London, haben wir den Zusammenhang erkannt. Fazit, wir hätten schon vor Wochen unseren Herkunftsnachweis gehabt, wie gesagt hätten.«
»Das ist ja gerade das interessante an der Arbeit«, kommentierte Claudius Brahm. »Wir sind oft schon dicht an einer Sache dran und dann verliert sich eine Spur wieder. Wichtig ist, dass schließlich Herr Staffa diesen zweiten Artikel entdeckt hat, das Endergebnis zählt.«
Alle nickten zustimmend. Edmund Linz war mit seinen Gedanken aber woanders. Er hatte den Zeitungsartikel aus dem Jahr 1927 jetzt auch vor sich liegen. Er war an der Stelle, die Claudius Brahm vorhin zitiert hatte.
»Hier steht etwas von Skizzen, sketch painting, aber es handelt sich doch um ein Ölgemälde?«
Claudius Brahm räusperte sich. »Ein guter Einwand«, bestätigte er. »Aber Victor Jasoline schreibt auch, dass aus der oder den Skizzen ein richtiges Bild geworden ist. Der Begriff sketch ist nicht ausschlaggebend, wichtiger ist das Wort painting für Malerei. Es ist üblich die Wortfolge sketch painting für die Vorstufe eines Ölgemäldes zu verwenden, so findet es sich auch anderswo in der Literatur und so habe ich es auch interpretiert. Es ist ja auch die Rede davon, dass aus der Skizze erst ein Bild gemacht wurde, diesen Part in dem Dokument halte ich für wichtig, verstehen sie.«
»Ich habe ja auch nur gefragt, weil ich sicher gehen will, dass hinterher niemand genau auf diesen Punkt stößt«, erklärte Edmund Linz. Er sah Claudius Brahm an und lächelte. Dann sah er zu Simon Halter. »Entschuldigen sie, aber wie sieht es eigentlich mit einer zweiten Expertenmeinung aus?«
»Das muss der Käufer entscheiden«, antwortete Simon. »Der Käufer hat das Recht, eine zweite Expertise erstellen zu lassen und unsere Beweise zu
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