1981 - Richard
passt ja, ich hörte nämlich, dass sie Hochschullehrer sind?«
»Ich war Professor, hier in München, an der Maximilian . Ich bin aber mittlerweile emeritiert. Allerdings eine wissenschaftliche Vorgehensweise ist noch etwas anders, noch genauer, sie verstehen. Sehen sie, die Qualität des Ergebnisses hängt natürlich auch vom Talent und Können des Malers ab. Beides muss ich meinem Freund Sébastian bescheinigen.«
Sébastian Lumar hatte sich inzwischen zu Edmund Linz und Konrad Schumann gesetzt. Er schaute etwas verlegen, als sein Freund ihn lobte.
»Wissen sie, eine weitere wichtige Vorbereitung besteht darin, dass ich das Original, von dem wir eine Reproduktion erstellen wollen, mit eigenen Augen gesehen haben muss«, sagte er.
»Darum werden auch die wesentlichen Informationen des Steckbriefs von meinem Freund Sébastian selbst erstellt«, ergänzte Konrad Schumann.
Sébastian Lumar nickte. »Ich muss das Bild, das wir ausgewählt haben, in dem Museum oder in der Ausstellung, in der es hängt, sehen und in mich aufnehmen. Beim Betrachten eines Kunstwerkes habe ich so meine Technik. Ich sehe gleich, wo ich bei der späteren Reproduktion Schwierigkeiten haben werde oder wo ich auf Strukturen in der Bildoberfläche achten muss. Ich brauche nicht selten mehr als eine Stunde, die ich dann einfach nur so vor dem Bild stehe und es ansehe. Manchmal muss ich sogar mehrmals, an verschiedenen Tagen zurückkommen, um erneut zu schauen. Für eines der Gemälde, die ich gemalt habe, war ich letztes Jahr in Essen , im Folkwang Museum . Es war auch ein Gauguin. Vielleicht kennen sie das Bild, es waren die Reiter am Strand von 1902, ein später Gauguin.«
»Ich war mehrmals im Folkwang« , sagte Edmund Linz. »Schließlich habe ich ja geglaubt, dass ich ebenfalls Eigentümer eines Gauguins bin.«
Die beiden Männer überhörten die Bemerkung. Sie waren selbst zu sehr davon begeistert, ihre Geschichte zu erzählen. Sie hatten den Grund des Zusammentreffens mit Edmund Linz zunächst einmal verdrängt. Konrad Schumann hatte immer noch die Hoffnung, dass sich Edmund Linz am Ende als Teil eines fantastischen Experimentes sehen würde. Der Betrug war dabei für sie nur nebensächlich und sie hofften, dass Edmund Linz irgendwann auch so denken würde. Er sollte ja schließlich sein Geld zurückbekommen, was wollte er mehr.
»Aber wir sind natürlich auch in anderen Museen fündig geworden«, sagte Konrad Schumann schnell. »Eine wahre Quelle ist selbstverständlich in Paris das Musee d'Orsay und es ist für uns immer gut zu erreichen.«
»Ihren Museumsführer können sie jemandem anderes erzählen. Ich will mehr über das Fälschen der Bilder wissen«, warf Edmund Linz ungeduldig ein. »Was ist jetzt mit dieser Transparentfolie?«
Konrad Schumann stutzte und musste überlegen, wo er stehen geblieben war. Er besann sich. »Also gut, der Transparentabzug. Zuerst heften wir immer den Transparentabzug des Originals hinten auf den Rahmen. Sie haben ja gesehen, dass eine starke Lampe, die den Rahmen von hinten anstrahlt, den Abzug auf die Leinwand projiziert. Diese Projektion dient Sébastian als Vorlage, obwohl er sicherlich auch frei Hand zeichnen und malen könnte. Die Methode mit der Projektion ist jedoch präziser und hilft Sébastian seine Arbeit besser zu kontrollieren. Die Transparentfolien sind übrigens immer im Maßstab eins zu eins, was wichtig ist. Oft finden sich Reproduktionen oder Nachdrucke in kleinerem Format als das Original. Alles was wir anbieten ist immer in Originalgröße. Die Methode mit dem Transparentabzug hat aber noch einen weiteren Vorteil. In der Regel wird zur Kopie oder besser gesagt zur Fälschung eines Gemäldes mit einem Kohle- oder Bleistift ein quadratisches Raster auf dem Maluntergrund angelegt. Es soll als Hilfsmittel dienen, um die Proportionen des Originals nach Möglichkeit detailgetreu zu übertragen. Bei der Ausführung des Gemäldes mit Ölfarbe wird das Raster dann übermalt, bleibt aber im Prinzip unter den Deckfarben erhalten. Und genau das ist das Problem, bei dieser herkömmlichen und eigentlich recht beliebten Methode. Denn mittlerweile gibt es wissenschaftliche Verfahren, mit denen das Raster unter einem Gemälde sichtbar gemacht werden kann. Es nennt sich Infrarot-Reflektografie , haben sie schon einmal davon gehört?«
Edmund Linz war von der Frage überrascht. »I nfrarot-Reflektografie« , wiederholte er. »Ich habe eine ungefähre Vorstellung davon, was es ist. Ich bin
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