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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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experimentieren, um die richtige Mischung zu finden. Wir wollten schließlich auch nicht übertreiben. Wenn alles stimmt, wenn das Bild im Klimaschrank fertig ist, besitzt es zwar die gewünschte Rissbildung, aber das sieht noch lange nicht so aus wie bei alten Ölgemälden. Für eine Weiterbearbeitung haben wir im Rezeptbuch von Han van Meegeren noch weitere Schritte gefunden, die wir natürlich auch ausprobiert haben. Bei Originalgemälden sind die Risse zu meist dunkel gefärbt. Von Han van Meegeren ist bekannt, dass er jeden einzelnen Sprung, jeden kleinsten Riss mit schwarzer Tusche von Hand ausgemalt hat. Ein enormer Aufwand. Wir haben eine andere Methode versucht, wir haben mit einer Kohlestaub-Wasser-Lösung experimentiert und die Schwärzung großflächig mit einem Schwamm aufgebracht. Die Kohlepartikel sind so in die Sprünge und Risse gelangt und haben die Färbung ergeben. Das überflüssige Material haben wir dann einfach mit einem sauberen Schwamm abgewischt. Bei einer Analyse der Risse wird die Kohle als Verschmutzung und Oxidation identifiziert, was durchaus authentisch für ein mehrere Jahrzehnte altes Ölgemälde ist.«
    Edmund Linz klatschte in die Hände. »Schade, dass ich ihre ganzen Ausführungen nicht auf Tonband oder Video aufgenommen habe. Jeder, der es sich anhört, würde bestätigen, dass mir zwei professionelle Fälscher über ihre Techniken berichtet haben. Das ist wirklich klasse. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass sie Betrüger sind?«
    »Wir betrügen nicht«, sagte Sébastian Lumar empört.
    Es war das erste Mal, dass einer der beiden überhaupt auf diesen Vorwurf reagierte, obwohl Edmund Linz ständig Bemerkungen gemacht hatte.
    »Aber sie haben doch zugegeben, dass der Gauguin, den ich von Ihnen bekommen habe, genauso eine Fälschung oder meinetwegen Reproduktion ist, wie all ihre anderen Bilder, mit dem Unterschied, dass sie ihn mir als echt verkauft haben.«
    »Mit dem Gauguin ist das anders«, sagte Sébastian Lumar noch immer leicht empört. »Der Gauguin ist keine Reproduktion.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sehen sie«, sagte Konrad Schumann, »unsere anderen Werke sind Kopien von existierenden Meisterwerken. Bei dem Bild, das sie von uns haben, ist das anders. Paul Gauguin selbst hat nie ein solches Bild, ein solches Motiv gemalt. In den zwanziger Jahren gab es in Paris jede Menge Bilder, die von unbekannten Künstlern im Stile eines Gauguin gemalt wurden. Es war die Zeit, als man seinen Stil imitierte. Diese Mode ist aber schnell vergangen und man hat sich wieder den Originalen gewidmet. Für unseren Gauguin haben wir eine Zeichnung als Vorlage verwendet, die vermutlich auch aus den zwanziger Jahren stammt.«
    »Eigentlich sind wir mit dem Gauguin in die Fußstapfen von Han van Meegeren getreten«, ergänzte Sébastian Lumar. »V an Meegeren hat bevorzugt einen bestimmten Maler genommen, den Holländer Johannes Vermeer van Delft , ein Künstler aus dem siebzehnten Jahrhundert. Vermeer soll angeblich noch zahlreiche Werke geschaffen haben, deren Aufbewahrungsort bis heute nicht bekannt ist. Diesen Umstand hat sich Han van Meegeren zu Nutze gemacht und Bilder, besser gesagt Motive geschaffen, die Vermeer selbst nie gemalt hat.«
    »Und sie haben genauso gearbeitet«, stellte Edmund Linz fest. »Sie haben quasi postum einen neuen Gauguin geschaffen, schließlich ist ja wohl auch nicht so richtig bekannt, was Gauguin in seinen letzten Lebensjahren in der Südsee alles so gemalt hat?«
    Sébastian Lumar und Konrad Schumann antworteten nicht gleich. Edmund Linz dachte nach. Er hatte den beiden bisher nicht erzählt, was sich in der letzten Zeit um den angeblichen Gauguin alles ereignet hatte. Noch glaubten sie, dass er sich nur darüber ärgerte, in seiner Privatsammlung eine Fälschung zu haben und dass er sein Geld zurück wollte. Er konnte nicht glauben, dass er seine große Chance verpassen würde. Er starrte gegen den Klimaschrank. Irgendetwas fiel ihm ein, aber er bekam es noch nicht richtig zu fassen Er blickte schließlich wieder auf Konrad Schumann.
    »Sie hatten also für den Gauguin eine Vorlage«, stellte er fest, während er noch nachdachte.
    Konrad Schumann lächelte. »Ich dachte sie hätten es schon gesehen.«
    Er stand auf und ging zu dem Schreibtisch, der an einer Wand des Zimmers stand. Er zeigte auf ein Bild, das zwischen zwei Aquarellzeichnungen über dem Schreibtisch hing. Edmund Linz erhob sich und trat neben Konrad Schumann. Er hatte es tatsächlich noch

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