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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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war über den gesamten Boden der Vitrine verstreut und klebte auch an den noch intakten Scheiben. Außerdem lag die Asche auch neben der Vitrine, in dem zusammengekehrten Scherbenhaufen. Sie musste beim Bersten der Scheibe heraus geweht sein. Wenn ein Haus abbrannte, wurde oft von einem Schaden gesprochen, der in die hunderttausende ging. Die Bilder im Fernsehen zeigten dann ein Gebäude mit stark verbranntem Dachstuhl und verrußten Mauerresten. In der Vitrine vor ihm dagegen, lag Asche im Werte von zehn Millionen D-Mark. Es war nichts mehr zu erkennen, kein Stück Stoff der Leinwand, kein Farbpigment war übriggeblieben. Das Feuer hatte nicht unterschieden zwischen dem schmutzigen Hemd eines Obdachlosen und der Hinterlassenschaft eines Genies, eines Künstlers, der vor fast hundert Jahren seine Gefühle, seine Lebensweise, seine Anschauungen, seine Einsamkeit, sein Talent mit Farben, mit Öl und vielleicht mit Blut, für einen sicherlich ungerechten Lohn, auf ein Stück Stoff gebracht hatte. Doch das stimmte ja alles nicht, das, was da in der Vitrine übriggeblieben war, war nicht viel mehr Wert als das Hemd des Obdachlosen.
    *
    Es hatte sich etwa um vier Wochen verzögert. Vier Wochen und drei Tage nachdem Termin, an dem die Versteigerung des Gauguin hätte stattfinden sollen, wurden Edmund Linz und Simon Halter in das Verwaltungsgebäude der Assekuranz-München-Salzburg bestellt. Simon Halter war schon vor fast einer Woche an den vorläufigen Untersuchungsbericht der Feuerwehr gelangt. Der Bericht legte sich nicht auf eine Ursache fest. Im Grunde war die Brandursache ungeklärt, es wurden mehrere Möglichkeiten beschrieben. Am Ende wurde aber ausdrücklich festgelegt, dass es sich nicht um Brandstiftung handeln konnte. Die Versicherung musste zahlen und zwar sofort. Simon erklärte, dass sich die ganze Sache bei einer Brandstiftung verzögert hätte, weil die Versicherung natürlich sicherstellen wollte, dass kein Betrug vorlag. Alles sah nach einem Unglück aus. Als sie wieder die Eingangshalle des Versicherungsgebäudes betraten, sah Edmund Linz sofort zu der Tür hinüber, hinter der der Ausstellungsraum lag. Sie war verschlossen, als wenn damit verhindert werden konnte, dass hier jemals wieder etwas präsentiert wurde. Er malte sich aus, dass der schöne Raum nur noch zur Lagerung von Reinigungsmitteln oder zum Abstellen der Maschine verwendet wurde, mit der sich der Marmorboden polieren ließ. An der Pförtnerloge erklärte Simon ihr Anliegen. Wie üblich wurde ein Telefonat geführt. Sie warteten noch fünf Minuten und wurden dann von einer jungen Frau abgeholt. Eine Blondine, vielleicht zwanzig, eine Auszubildende oder eine Sekretärin. Sie ging voran, obwohl die Gäste den Weg kannten. Es war das Büro eines Direktors. Es gab wohl mehrere, dachte Edmund Linz schon als sie sich das erste Mal vor gut drei Monaten begegneten. Der Mann saß an seinem Schreibtisch, als Simon und er hereingelassen wurden. Der Direktor stand auf und begrüßte sie mit einem würdigen Gesicht. Es war eine Würde, die er ständig aufgelegt hatte, schien es Edmund Linz.
    »Ich möchte mich noch einmal bei Ihnen entschuldigen«, begann der Direktor, nachdem er die Hände seiner beiden Gäste ausgiebig geschüttelt hatte. »Es war ein Unglück, ein Unglück für die Kunst, aber wer weiß, wie viele Meisterwerke im Laufe der Geschichte schon unwiederbringlich vernichtet wurden, durch Krieg, Vandalismus oder eben durch ein Unglück. Unsere Gesellschaft kann zwar nicht wiedergutmachen, aber wir können entschädigen.«
    Edmund Linz mochte dieses Geschwafel nicht, er ertrug es aber, weil es wohl dazu gehörte. Alles was er wollte, war sein Geld. Er wollte sich endgültig befreien.
    »Die Versicherung des Gauguin-Gemäldes lief auf ihren Namen, Herr Linz«, fuhr der Direktor fort.
    »Ja, auf meinen Namen«, wiederholte Edmund Linz, als wenn er nicht ganz anwesend war.
    Simon sah ihn an, als wenn er sagen wollte, dass zwei Millionen ihm gehörten.
    »Das Geld wird Ihnen noch heute angewiesen. Zuvor werde ich mit Ihnen aber noch den Vertrag auflösen. Das ist so üblich. Es dauert aber wirklich nicht lange.«
    Der Direktor hatte eine schwarze Mappe, die er die ganze Zeit in seiner linken Hand gehalten hatte. Er wandte sich zu dem Besprechungstisch und forderte seine Gäste auf, sich zu setzen. Er öffnete die Mappe und entnahm mehrere Blätter. Aus der Innentasche seines Jacketts fummelte er noch einen Füllfederhalter. Mit dem

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