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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Pressekonferenz berichtet, drei gleich am Sonntag und der Kulturteil eines Anzeigenblattes noch am Montag. Edmund Linz hatte die Artikel ausgeschnitten und auf seinem Wohnzimmertisch verteilt. Jede Zeitung hatte ein Foto des Gemäldes gebracht. Simon Halter war mit der Presse sehr zufrieden. Er hatte Edmund Linz am Dienstag berichtet, dass es schon zahlreiche Anmeldungen für die Versteigerung gab. Die Post an über zweihundert betuchte Privatsammler sowie an siebzig Museen und Galerien war bereits am Samstag, kurz vor der Pressekonferenz verschickt worden. Das Folkwang Museum hatte am Dienstag in seiner aktuellen Gauguin -Ausstellung über das in München präsentierte Gemälde berichtet und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Bild ab Oktober in Berlin zu sehen sein würde. Simon Halter war wirklich sehr zufrieden.
    Dagegen waren Edmund Linz Gefühle zu diesem Zeitpunkt noch immer sehr gemischt. Er hatte sich stundenlang den Kopf darüber zerbrochen, warum die Reaktion nicht stattgefunden hatte. Er war kurz davor, die Versuche noch einmal durchzuführen, aber es wäre zu viel Aufwand gewesen. Er hätte sich alles neu besorgen müssen, die Chemikalien, die Geräte, alles. Er wusste auch nicht, wo er damit arbeiten sollte. Ein Labor anzumieten kam auch jetzt noch nicht in Frage. Er verwarf den Gedanken wieder. In den Nachrichten wurde gerade über ein Treffen von Karl-May-Fans berichtet, als es plötzlich an der Wohnungstür klingelte. Edmund Linz war nicht so angespannt wie noch am Sonntagmorgen, zumal er jetzt gar nicht mehr mit Besuch rechnete. Es klingelte wieder. Wer immer es auch war, stand bereits draußen im Treppenhaus vor der Wohnung. Es konnte gut sein, dass ein anderer Mieter vergessen hatte, die Haustür zur Straße abzuschließen. Es klingelte erneut, es war ein ungeduldiges Klingeln. Edmund Linz ging über den Flur und öffnete die Tür. Vor ihm standen Simon Halter und Heinz Kühler.
    »Hatten wir uns verabredet, dass hatte ich ganz vergessen?«, sagte Edmund Linz zur Begrüßung.
    »Nein, hatten wir nicht«, antwortete Simon schnell, mit sichtlich erregter Stimme. »Es hat gebrannt. Der Gauguin ist beschädigt.« Wieder ein Zögern. »Vielleicht sogar zerstört«, fügte er noch hinzu.
    Edmund Linz blieb stumm. Jetzt war er doch überrascht, aber nicht weil es tatsächlich geklappt hatte, nicht weil tatsächlich etwas passiert war, nein. Was hatte Simon Halter gesagt, beschädigt, nur beschädigt, der Gauguin war nur beschädigt. Alles war doppelt schief gegangen. Die Reaktion hatte verspätet stattgefunden und war dann nicht einmal vollständig abgelaufen. Jetzt konnte es doch noch für ihn gefährlich werden. Für den Fall, dass Reste der Leinwand übriggeblieben waren, ließ sich auch die Mischung noch analysieren. Ein Labor konnte feststellen, dass das Gemälde manipuliert worden war.
    Edmund Linz fasste sich. »Das ist ein Scherz«, sagte er nach einigen Sekunden. »Finde ich übrigens nicht lustig.« Er war überrascht, wie beherrscht er war, trotz allem
    »Es stimmt«, mischte sich Heinz Kühler ein. »Wir waren noch nicht dort. Wir wollten sie abholen und mit Ihnen gemeinsam nachsehen, ob nicht doch noch etwas zu retten ist.«
    »So ein Quatsch«, fuhr Simon seinen Mitarbeiter an. »Der Mann hat gesagt, dass nicht einmal der Rahmen übriggeblieben ist. Das Bild soll wie in einem Kamin verbrannt sein. Können sie sofort mitkommen?«
    Edmund Linz nickte, also doch, was hatte Simon Halter Anfangs gesagt, es galt nicht mehr, es sollte nur den ersten Schock lindern, doch es gab bei Edmund Linz nichts zu lindern, es brauchte nicht sein, aber das wusste nur er allein. Er ging zurück in die Wohnung und griff nach seiner Jacke. Beim Herausgehen klappte er die Tür nur ins Schloss, ohne abzuschließen. Sie nahmen Simon Halters Wagen. Sie brauchten fünfzehn Minuten. Das Versicherungsgebäude sah unverändert aus. Der Angestelltenparkplatz war leer, nur direkt vor dem Haupteingang standen einige Fahrzeuge. Nichts deutete auf einen Brand hin, kein Feuerwehr- oder Einsatzwagen parkte mehr vor dem Gebäude. Erst als sie ausstiegen kamen sie gleich neben dem Eingang an einem roten Opel vorbei, der in der Windschutzscheibe eine Tafel mit der Aufschrift »Einsatzleiter« besaß.
    Der grüne Teppich lag noch in der Halle, aber die Ständer mit der Kordel waren umgerissen und zur Seite gezogen worden. In der Halle, neben der Pförtnerloge standen mehrere Männer und unterhielten sich. Einer von Ihnen

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