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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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unbedingt noch in der Rue Mandar vorbeischauen. Ein Taxi näherte sich. Er konnte erst nicht erkennen, ob es frei war. Er hob trotzdem den Arm und der Wagen hielt neben ihm. Er setzte sich nach hinten und nannte sein Ziel. Die Fahrt dauerte nicht lange. Das Taxi setzte ihn in der Rue Montmartre ab, die Straße, in die er eigentlich wollte, war für den Autoverkehr gesperrt. Die Nummer 88 befand sich fast am Ende der Straße. Es war eine reine Fußgängerzone. Es gab auch keine Geschäfte, die mit Waren beliefert werden mussten. Es waren Wohnhäuser, nur unter der Adresse zu der er wollte, wurde eine Pension betrieben. Von dem kleinen Schild im Vorgarten erfuhr er, dass es acht Zimmer gab und dass die einfache Übernachtung mit Frühstück hundertachtzig Francs kostete. Er bestieg die fünf Stufen bis zur Eingangstür und betrat das Haus. Am Ende eines großen Windfangs baute sich links der Tresen einer Rezeption auf. Rechts ging eine Treppe hinauf in die oberen Stockwerke. Im Treppenkasten befand sich eine eingesetzte Tür, die vermutlich in den Keller führte. Von außen hatte er zwei Etagen gezählt. Hinter dem Tresen befand sich noch ein Flur, an dessen Ende vier Türen abgingen. Er hörte das Klappern von Töpfen. Das Geräusch kam wohl aus der Küche. Auf dem Tresen stand eine Klingel. Es war ein Drücker, ähnlich einem Lichtschalter, von dem ein Kabel in die Holzplatte des Tresens führte. Er drückte und ein Summen erklang aus einem der Räume. Er drückte nur einmal und musste dann nicht lange warten, bis der Kopf einer Frau hinter einer Tür hervorlugte. Sie schaute auf diese Weise nur ganz kurz, um festzustellen, durch was sie gestört worden war. Sie glaubte in Georg einen neuen Pensionsgast zu erkennen und erschien augenblicklich in voller Körpergröße auf dem Flur und eilte lächelnd zum Tresen. Sie war an die sechzig, sah gepflegt aus, etwas mollig, was aber für eine Frau in ihrem Alter nicht unschön wirkte. Sie trug ein Haarnetz, das einen dicken, aufgerollten Zopf zusammen hielt.
    »Bonjour, sie wünschen?«, fragte sie, als wenn sie schließlich doch ahnte, dass Georg nicht nach einem ihrer Gästezimmer verlangen würde.
    »Bonjour, mein Name ist Georg Staffa, ich bin Rechtsanwalt aus Deutschland. Ich suche eine Madame LaRosa.«
    Georg hatte sich entschlossen sofort zum Punkt zu kommen und seinen Besuch möglichst offiziell wirken zu lassen. Er hatte dabei wieder die Geschichte der Klientin aus München im Kopf, die nach ihren französischen Verwandten suchte.
    Die Frau nickte schüchtern. »Ich bin Madame LaRosa, Maria LaRosa. Aber bitte, warum suchen sie nach mir, wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Entschuldigen sie, Madame«, erklärte Georg. »Eigentlich wollte ich mich nach einer Frau Namens Thérèse Pallet erkundigen. Nach meinen Recherchen hat sie vor mehr als zwanzig Jahren unter dieser Adresse, also hier in der 88 Rue Mandar gewohnt.«
    »Oh Gott«, entfuhr es Madame LaRosa. »Sie suchen nach Madame Pallet. Das ist aber schon lange her, sehr lange.«
    »Sie haben sie also gekannt?«, fragte Georg erwartungsvoll.
    Madame LaRosa trat neben den Tresen, so dass sie jetzt direkt vor Georg stand. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein, dass nicht«, sagte sie, immer noch mit leicht erregter Stimme. »Mein Mann und ich haben dieses Haus 1978 gekauft. Es stand zwei Jahre leer. Es wurde versteigert. Wir haben den Zuschlag bekommen. Gekannt habe ich Madame Pallet aber nicht, nein. Wir sind erst in diesen Stadtteil gezogen, nachdem wir das Haus gekauft haben.«
    Georg überlegte. »Sie haben das Haus gekauft«, sagte er. »Ich habe gehofft, dass sie vielleicht mit Madame Pallet verwandt sind, sie zumindest näher gekannt haben. Das ist natürlich schade.«
    Madame LaRosa schüttelte erneut den Kopf. »Tut mir leid, ich bin nicht mit ihr verwandt. Wir haben damals aus der Zeitung von der Versteigerung erfahren. Das Haus war anfangs nicht einmal unser Wunschobjekt. Wir suchten etwas, um ein Hotel oder eine Pension zu eröffnen. Bei der Versteigerung hatten wir Glück, wir haben das Haus günstig kaufen können, dass Madame Pallet die Vorbesitzerin war, das haben wir erst später, beim Notar erfahren.«
    »Wer hat das Haus denn damals zur Versteigerung angeboten? Gab es vielleicht Verwandte oder Freunde von Madame Pallet, mit denen sie damals zu tun hatten, an wen haben sie den Kaufpreis gezahlt? Ich würde gerne jemanden finden, der Madame Pallet noch gekannt hat und vielleicht über ihre Familie und

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