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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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einfach nur auf. Anfangs habe ich immer geglaubt, dass sich doch noch ein Verwandter von Madame Pallet meldet, plötzlich vor der Tür steht. Für diesen Fall bewahre ich die Sachen auf. Aber mittlerweile glaube ich, dass das nicht mehr geschehen wird. Sie sind wirklich der erste, der mich nach Madame Pallet fragt, seit dem ich hier wohne.«
    Sie faltete den Zeitungsausschnitt wieder zusammen. Georg sah sich erneut die Fotografie an, die er noch immer in der Hand hielt. Wieder glaubte er, die Frau auf dem Foto schon einmal gesehen zu haben, aber vielleicht war es nur Einbildung. Dann gab er Madame LaRosa die Fotografie und sie legte das Bild zurück in den Blechkasten. Er hatte Thérèse Pallet gefunden. Er war jetzt in dem Haus, in dem sie gelebt hatte. Eigentlich war er aber nicht viel weiter gekommen. Es war noch lange nicht geklärt, dass Thérèse Pallet etwas mit Victor Jasoline zu tun hatte.
    »Haben sie den Namen Jasoline schon einmal gehört?«, setzte Georg seine Gedanken fort. »Victor Jasoline ist der Name des Urgroßonkels meiner Klientin. Er gehörte zum Militär, das in Französisch-Polynesien, in den Südseedepartments, stationiert war«, erklärte Georg und blieb damit bei seiner erfundenen Geschichte.
    »Victor Jasoline kenne ich nicht, aber den Familiennamen Jasoline habe ich schon einmal gehört und gelesen«, sagte Madame LaRosa, ohne zu zögern oder überlegen zu müssen. »Es ist doch der Mädchenname von Madame Pallet.«
    »Das ist richtig«, bestätigte Georg überrascht. »Das ist natürlich auch der Grund, warum ich bei meinen Recherchen auf Madame Pallet gekommen bin.« Er stutzte kurz. »Und woher kennen sie den Geburtsnamen von Madame Pallet?«
    Madame LaRosa stand auf und ging zu einem Bücherbord, dass nur drei Regalbretter besaß. Sie suchte kurz und zog dann ein Band heraus und brachte es mit an den Wohnzimmertisch.
    »Ich glaube, dies hier ist eine kleine Rarität«, sagte sie und schlug den Einbanddeckel auf. »Sehen sie, es ist eine Sherlock-Holmes -Geschichte von Arthur Conan Doyle , Das Zeichen der Vier , die Erstausgabe von 1890. Es ist auf Englisch , aber eine Französin hat es gelesen.«
    »Wie meinen sie das«, fragte Georg.
    Madame LaRosa schlug noch seine Seite um, auf der sich eine handschriftliche Eintragung befand. Madame LaRosa reichte ihm das Buch und er versuchte den Text zu entziffern.
     
    Liebe Madame Jasoline,
    es hat mich sehr gefreut, mit ihnen zu reisen, ich danke ihnen, dass sie mich an ihrer kleinen Bibliothek teilhaben lassen, um uns Abwechselung zu verschaffen. Dieser Band hier hat mir besonders viel Freude gemacht und daher nutze ich ihn für meine Botschaft an sie. Ich wünsche ihnen und den ihren Gottes Segen.
    Schwester Jolanta, im Jahr des Herrn 1895
     
    »Das ist in der Tat sehr außergewöhnlich«, sagte Georg schließlich. »Es ist ja ein Brief, der wie ein Widmung geschrieben ist.
    »Wir haben dieses Buch erst später im Haus gefunden«, sagte Madame LaRosa. »Wir kannten den Namen Jasoline aber schon vorher. Es steht im Grundbuchauszug. Über den Notar haben wir die Unterlagen erhalten. Vor uns haben die Pallets das Haus 88 Rue Mandar besessen und das schon seit 1914.«
    Georg nickte. Natürlich, dachte er, im Grundbuch waren die Vorbesitzer eingetragen, Thérèse und Lucien Pallet, Thérèse Pallet, geborene Jasoline. Schon bei der Hochzeit der Pallets war die Adresse 88 Rue Mandar erwähnt worden, wie er bei seiner Recherche in der Kolonialausstellung erfahren hatte. Er fragte sich kurz, ob das Grundbuchamt eine neue Quelle für ihn sein konnte, ob er dort etwas über die Herkunft von Thérèse Jasoline erfahren würde. Er verwarf diesen Gedanken aber schnell wieder. Er kannte sich schließlich aus, das Kataster war kein Standesamt, die Herkunft eines Menschen war unerheblich für die Beurkundung von Besitzverhältnissen einer Immobilie. Er sah auf das Büchlein vor ihm auf dem Wohnzimmertisch.
    »Was sind denn noch für Bilder in dem Kasten«, fragte er schließlich. »Darf ich sie mir ansehen?«
    Madame LaRosa gab ihm den Blechkasten. Georg holte die Bilder heraus. Es waren nicht die Fotografien eines ganzen Lebens. Er erkannte die Rue Mandar. Nachbarn unterhielten sich. Dann gab es eine Reihe von Landschaftsaufnahmen, ohne Menschen darauf, nur einfach die Landschaft, die aufgenommen worden war, um den schönen Moment festzuhalten. Es war Reisen, die die alte Madame Pallet unternommen hatte. Sie stand in einer Gruppe, dann allein an einem

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