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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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mühte sich wieder aufzustehen. Georg half ihm. »Was haben sie da gesucht?«, fragte er.
    »Ich habe nur geschaut, wer den Stein angefertigt hat. Am Fuß der Steine, dicht über dem Boden, ist eine Nummer eingetragen zusammen mit den Initialen der Steinmetzwerkstatt. Wir haben hier in der Umgebung nicht viele Steinmetze, da kennt man sich halt.«
    »Und wer war der Meister?«, fragte Georg.
    Der Pfarrer hockte sich noch einmal hinunter und tippte auf die Stelle mit der Signatur. »T. B., Torre Bruel«, sagte er. »Ich kenne ihn persönlich, er hat etwa zur gleichen Zeit seine Werkstatt eröffnet, als ich in diese Pfarrei bestellt wurde, das war im Jahre des Herrn 1959. Ich kam frisch aus dem Seminar, aus Limoges. Ich war noch jung, ich hätte nicht gedacht, dass es einmal fast fünfzig Jahre sein würden. Ich wollte eigentlich als Missionar in den Kongo, aber sie haben nur Belgier genommen. Ja, auch ein Mann Gottes darf träumen, das verbietet der Herr nicht und wenn es ihm gefällt, dann gibt er dir hier einen Platz, an dem du sein Werk vollbringen kannst oder im Kongo, aber was erzähle ich dir da, mein Sohn.«
    Georg hatte sich ebenfalls hinunter gebeugt und lächelte verständnisvoll. »Torre Bruel«, wiederholte er nach einer kurzen Pause. »Der Name klingt nicht sehr französisch.«
    »Er ist Norweger«, erklärte der Pfarrer. »Die Liebe hat ihn an die Loire gespült. Er hat sein Geschäft in Redon. Er ist sehr geschickt und hat uns auch schon oft bei der Renovierung der Kirche geholfen.«
    Beide erhoben sich wieder und blickten auf das Grab.
    »Und haben sie schon einmal von dieser Frau gehört, von Madame Yvette Jasoline?«, fragte Georg. »Ich nehme an, das Grab wird von ihren Jugendlichen gepflegt, oder haben sie hier vielleicht sogar einmal Angehörige gesehen?«
    Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Ich kenne natürlich viele meiner Schäflein, entschuldigen sie den Ausdruck. Ich weiß auch, wo sie ihre letzte Ruhe gefunden haben, aber diese Frau hier, kenne ich leider nicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, schon einmal jemanden an diesem Platz gesehen zu haben. Außerdem ist sie ja auch lange vor meinem Dienstantritt hier her gebettet worden, nein ich kennen sie nicht.«
    Georg sah ihn an. Irgendetwas von dem, was der Pfarrer erzählt hatte, machte ihn stutzig, aber er wusste nicht, was es war, er kam jetzt nicht darauf. Eigentlich hatte er für solche Dinge ein Gespür. Er verdrängte es zunächst. Mehr gab es hier für ihn nicht zu sehen. Er überlegte, noch ein Foto von dem Grabstein zu machen, aber er wusste nicht, wie der Pfarrer darüber dachte. Es war schon beinahe 11:00 Uhr. Georg wollte noch nach Redon. Vielleicht hatte Liane DeFoube etwas Neues für ihn. Vielleicht hatte sie seinem Wunsch entsprochen und das zentrale Personenstandsregister angezapft, wenn es überhaupt ein solches zentrales Datenarchiv gab. Der Pfarrer unterbrach ihn in seinen Gedanken.
    »Ich kann noch einmal in meinen Büchern nachsehen, mein Sohn, vielleicht haben wir etwas über die Verstorbene aufgeschrieben. Wie kann ich dich erreichen?«
    Georg sah ihn überrascht an. »Ich bin für jeden weiteren Hinweis dankbar.«
    Ihm fiel ein, dass er dem Pfarrer bislang nicht erzählt hatte, aus welchem Grund er das Grab von Yvette Jasoline suchte. Der Pfarrer hatte aber auch nicht nach einem Grund gefragt, er hatte nicht einmal eine Andeutung versucht. Georg beschloss, es dabei zu belassen. Er hatte sich einige Visitenkarten in die Hemdtasche gesteckt. Er fummelte das gesamte Päckchen heraus.
    »Hier finden sie meine Nummer«, erklärte er. »Das Handy habe ich dabei, sie müssen nur eine Vorwahl vorne anhängen.«
    Georg wollte ihm die Zahlen auf die Visitenkarte schreiben. Er holte noch einen Kugelschreiber aus der Innentasche. Der Pfarrer legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Du wirst dich wundern mein Sohn, aber ich habe den Vorwahlcode im Kopf. Du kommst aus Deutschland, nicht wahr. Ich habe einen Freund in Speyer, er lehrt am Priesterseminar. Ich rufe ihn immer über sein Handy an, ich kenne mich aus.«
    Georg nickte. »Umso besser, ich bin heute Nachmittag noch in Redon und am Abend in Nantes. Ich könnte also kurzfristig noch einmal hier bei Ihnen vorbeischauen, wenn sie etwas Interessantes haben. Vielleicht können sie mir aber auch ihre Nummer geben.«
    »Das kann ich wohl tun«, antwortete der Pfarrer milde. »Willst du mitschreiben?«
    Georg hatte das Päckchen mit den Visitenkarten umgedreht und notierte sich die

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