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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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für Substanzen, die nicht, wie die Dioxine, als unerwünschte Nebenprodukte entstehen, sondern ganz gezielt für die Zerstörung unserer Erde hergestellt und bereitgehalten werden, dann mußt du dich doch wirklich fragen, ob diese Leute noch ein normales Gehirn im Kopf haben oder vielleicht Scheiße oder Salzsäure oder was weiß ich! Und zweitens: Wir werden unsere Gegner, bevor sie sich mit der Frage herumschlagen, ob wir bei Verstand sind oder nicht, davon überzeugen, daß ihr Paradies tatsächlich bedroht ist. Wir führen nämlich Schausprengungen durch, die vorher angekündigt und dann auf die Sekunde genau ausgelöst werden. Aber die setzen natürlich kein Gift frei. Glaubt mir, der Plan ist bis ins letzte durchdacht!«
»Mal was ganz anderes!« warf Georg ein. »Begleiten wir etwa den Container auf dem Schiff und sitzen dann drei Wochen lang auf den Fässern?«
»Keine Angst! Wir fliegen, und zwar mit verschiedenen Linien. Fernando fliegt mit mir, Georg mit Richard. Und die Tickets werden nicht en bloc gekauft, sondern jeder bekommt im Harz sein Handgeld und besorgt den Flugschein selbst. Wir nehmen vier verschiedene Reisebüros. Es ist wichtig, daß während der Flüge und auch schon während der Vorbereitungen keinerlei Kontakte zwischen uns erkennbar sind. Und möglichst keine neuen Beziehungen anknüpfen! Austoben könnt ihr euch später, allerdings ohne gleich mit den Dollars um euch zu werfen. Klar ist auch, daß wir mit falschen Pässen reisen. Unser Partner, die Nummer Fünf, wird sie besorgen. Er hat die nötigen Verbindungen. Ihr müßt, wenn ihr hier raus seid, also Fotos parat haben. Unser Mann wird sich auch um Blankoformulare für die Einreise kümmern. Die versehen wir mit falschen Tagesstempeln und können damit notfalls beweisen, daß wir erst nach dem Dioxinanschlag ins Land gekommen sind. Noch weitere Fragen?«
»… ’ne richtige Frage eigentlich nicht«, sagte Fernando, »aber ich hab’ noch nie ein Ding bewaffnet abgezogen, und nun, beim ersten Mal, sind es gleich C-Bomben!«
»So ist es. Aber wir rüsten uns natürlich auch mit Pistolen aus. Jeder kriegt seine MAUSER oder LUGER oder WALTHER, und im Harz üben wir auf einem Schießstand.«
»Wozu das?« fragte Richard. »Du sagst doch, die Bedrohung durch das Gift macht die Leute kirre.«
»Wir müssen trotzdem auf alles gefaßt sein. Vielleicht versucht eine Handvoll verbissener Militärs einen Angriff, vielleicht mit Kampfschwimmern, oder ein paar private Fanatiker probieren es, kommen mit einem Boot. Also haben wir Waffen an Bord, und das heißt nun mal: Wir müssen auch damit schießen können. Wie gesagt, im Harz wird geübt. Und damit ihr’s gleich wißt: Drüben geht es mit dem Training weiter. Nummer Fünf besorgt uns ein Quartier, ein Haus an der Bucht. Klar, daß wir da, wie auch später auf dem Boot, Gummihandschuhe tragen, hauchdünne, wie die Chirurgen sie benutzen. Davon nehmen wir jede Menge mit rüber. Ja, wenn wir da sind, in unserem Haus an der Bucht, gibt’s ein hartes Fitneßprogramm, vor allem Tauchübungen. Und dabei geht’s unter anderem auch wieder ums Schießen, nämlich um den Umgang mit Harpunen. Falls sie unser Boot von unten angreifen, also mit Froschmännern kommen, nützen uns die Pistolen nicht viel. Ihr seht, es gibt ’ne Menge zu tun.«
    Zwei Stunden noch, bis kurz vor zehn Uhr, saßen die vier Männer zusammen und erörterten das Unternehmen, und obwohl es am Ende außer ein paar Zahlen auf dem Skatblock nichts Schriftliches gab, hatten sie doch eine klare Vorstellung vom Verlauf der geplanten Operation, von Daten und Fakten und strategischen Winkelzügen. Sogar die Bucht hatte Leo so anschaulich beschrieben, daß die drei anderen das malerische, palmenbesetzte Halbrund bereits zu kennen glaubten. Und Mister Di, für ihn nichts anderes als das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzop-dioxin oder ein anderer Stoff mit dem gleichen chemischen Gerüst, hatte für sie schon etwas von einem Komplicen.

4.
    Gleich nach dem Treffen hatte Leo sich hingelegt, aber nun, eine ganze Stunde später, war er immer noch wach. In seinem Schrank verwahrte er eine Schachtel Librium. In der ersten Zeit seiner Haft hatte er manchmal Zuflucht genommen zu diesem Mittel, hatte es, ohne lange zu überlegen, geschluckt, um aufkommende Depressionen abzuwehren, war daraufhin in Trance gefallen und hatte ein paar Stunden lang das Leben als eine nebulose, unverbindliche Angelegenheit empfunden. Doch vor acht Wochen, als der große Plan

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