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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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noch frei herum. Das solltest du nicht vergessen! Irgendwann ist Schluß mit dieser Hektik auf den Straßen. Klar, daß nun, wo die Fotos überall aushängen, alles auf den Beinen ist und fieberhaft sucht. Aber du wirst sehen, in Kürze hat der Rummel sich gelegt. Dann ist dein Bart vier, fünf Tage alt, und dazu die Sonnenbrille, der Hut, die Bräune und eine total andere Kledage! Ein Haarfärbemittel hab’ ich auch schon. Für später. Glaub mir, kein Mensch wird dich mit dem Foto von Lauerhof in Verbindung bringen, nicht mal, wenn er dir stundenlang gegenübersitzt und das Plakat hinter dir an der Wand hängt.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
»Also: Wir suchen dir jetzt ein Versteck! Hier läuft man kilometerweit, ehe man jemandem begegnet, und das ist dann bestimmt nur ein campesino , der noch nicht mal weiß, daß der Zweite Weltkrieg zu Ende ist, geschweige denn, daß ein Anschlag auf Acapulco stattgefunden hat.«
»Und wovon soll ich mich ernähren?«
»Sobald wir einen Platz für dich gefunden haben, fahre ich zurück nach Puerto del Gallo und kaufe ein, was du brauchst: Mineralwasser, Obst, Fleisch, Brot, Zigaretten, Wein. Erst mal nur für zwei Tage. Wenn ich dich versorgt habe, fahre ich zurück in mein Hotel. Übermorgen komme ich wieder. Abends, gleich nach dem Dunkelwerden, steh’ ich vor deinem Versteck. Darfst mich dann aber nicht vor lauter Schreck abknallen! Also, was hältst du von meinem Plan?«
Leo antwortete nicht gleich. Er sah hinaus in die Berglandschaft, deren Unwirtlichkeit er mehr ahnte als erkannte, sagte schließlich:
»Mir bleibt wohl keine Wahl. Ich hab’ mir mein Dasein als Multimillionär allerdings ein bißchen anders vorgestellt.«
»Das kommt alles! Später.«
»Und wenn es hier brenzlig wird? Wenn ich zum Beispiel merke, daß man die Gegend absucht? Vielleicht hat man unsere Spuren am Strand gefunden, oder der CHRYSLER ist aufgefallen, bei dem Lokal vielleicht oder auf der Fahrt hierher. Oder der Ami erzählt überall herum, daß er hier ein einsames Auto gesehen hat.«
»Dann verkriechst du dich woanders, müßtest es allerdings irgendwie schaffen, ein Dorf zu erreichen und mich anzurufen. Hast du die Nummer vom EL CANO im Kopf?«
»Ja.«
Felix schaltete die Lampe wieder ein und fuhr los.
»Auf welchem Weg willst du nachher zurück?«
»Ich muß den unbequemen nehmen. Die Sperre auf der Küstenstraße hab’ ich jetzt dreimal passiert, und da würde ich allmählich auffallen. Aber ich fahre nicht bis Milpillas, sondern nehme vorher die Abzweigung nach Chilpancingo.«
Nach zehn Minuten Fahrt waren sie der Meinung, sich von dem Toten und seinen brisanten Beigaben weit genug entfernt zu haben. Sie machten halt, stellten den Wagen unbeleuchtet ab und verließen die Straße. Es dauerte nicht lange, da stießen sie auf eine kleine, von niedrigen Pinien umstandene Bodensenke.
»Dieser Platz muß fürs erste gehen«, sagte Leo, »hab’ ja jetzt viel Zeit und kann allein weitersuchen.«
Felix atmete auf. Daß Leo wieder plante, war ein gutes Zeichen. »Zu unserem Treffen in zwei Tagen«, sagte er, »mußt du dann aber hierherkommen; sonst finde ich dich nicht.«
»Klar. Bring mir nachher, wenn möglich, auch eine Hängematte mit. Wegen der Schlangen.«
»Mach’ ich.«
»Und eine Decke.«
»Okay.«
Sie trennten sich. Auf dem Rückweg zur Straße kerbte Felix mit seinem Taschenmesser von Zeit zu Zeit einen Baumstamm ein, um sich später zurechtzufinden. Und auch die Stelle, an der sie die Straße verlassen hatten, merkte er sich genau.
Als er in den CHRYSLER stieg, brach der neue Tag an.

14.
    »Also wirklich, Paul! Du bist Tag und Nacht unterwegs, sitzt öfter in der Kommandantur als in deinem Hotel, fliegst zwischendurch mal eben nach Deutschland, und sobald du uns im REFUGIO abgesetzt hast, braust du wieder los und sammelst leichte Mädchen ein!«
    Sie hatten Christine vom Flughafen abgeholt, saßen zu dritt im VW-Bus. »Das hört sich ja wie eine Gardinenpredigt an«, sagte Christine.
    »Ist aber keine«, antwortete Petra, »ist was ganz anderes. Ich mache mir Sorgen! Guck ihn dir doch an! Er hat in einer Woche vier Kilo abgenommen, ernährt sich fast nur noch von Zigaretten und Kaffee, und wenn er drei Stunden Schlaf kriegt pro Nacht, dann ist es viel.«
    Christine saß auf dem Rücksitz. Sie beugte sich vor, tippte Paul Wieland auf die Schulter und sagte: »Bisher hab’ ich ja immer ›Herr Wieland‹ gesagt, aber jetzt frag’ ich, wenn du einverstanden bist, mal ein

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