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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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das gibt es noch heute; es ist mole poblano .«
»Die Geschichte ist wirklich schön!«
    Es war kurz vor Mitternacht, als sie aufbrachen. Langsam fuhren sie durch die nur schwach beleuchteten Altstadtstraßen. Paul Wieland lenkte den Wagen einhändig; den rechten Arm hatte er um Petras Schultern gelegt.
    »Ich würde gern hier leben«, sagte sie. »Aber wie ist es eigentlich, wenn die Erde bebt?«
»Welches Land hat keine Katastrophen oder Bedrohungen? Denk an deine Insel oder an die Überschwemmungen im Ganges-Delta, an die Dürreperioden in der Sahel-Zone, an Hurrikane und Taifune. Außerdem, die neueren Häuser sind hier erdbebensicher gebaut, das REFUGIO auch. Und Acapulco ist nicht Valparaiso und nicht San Francisco, nicht Lissabon und nicht Managua. Aber wenn die Erde hier wirklich mal zu zittern anfängt und du dann vielleicht auch, nehme ich dich in meine Arme.«
Als sie im REFUGIO ankamen, sagte er: »Ich möchte gern auf meinem Balkon noch ein Glas mit dir trinken, und ich finde, heute müßte es Dom Perignon sein.«
Sie gingen hinauf in seinen Turm und setzten sich nach draußen, tranken und rauchten und sahen hinunter auf die nächtliche bahía . Es gab kaum Geräusche, nur hin und wieder das Schmatzen einer Mauereidechse und das Rascheln der Palmblätter im Wind und einmal das Klingen der Gläser.
»Auf dein Examen!« sagte er, »und auf deine Insel und auf unsere Bucht! Und darauf, daß du bald wiederkommst!«
Sie tranken, und dann küßte er sie, und obwohl sie schon fünfundzwanzig Jahre alt war und nicht zum erstenmal geküßt wurde und ein warmer Wind wehte und der Erdball nicht bebte, sich nicht mal räusperte, zitterte sie ganz leicht. Er spürte es, und es machte ihn glücklich.
Sie leerten ihre Gläser, und er schenkte nach. »Bleibst du heute nacht bei mir?«
»Ja. Aber ich möchte noch ein bißchen hier draußen sitzen, weil es eine so besondere Nacht ist.«
Sie sahen die Millionen Lichter der Stadt. Und plötzlich noch eins dazu, draußen auf dem Meer.
»Da kommt ein Schiff um das Kap Punta Grifo «, sagte er.
»Ja, ich sehe es auch.«
»Vielleicht ist es ein Fischer, der nach Haus fährt. Oder eine Hochseeyacht mit Urlaubern. Aber seltsam, es geht nicht nach rechts, und das müßte es eigentlich, weil da der Hafen liegt. Es hält auf die Mitte zu. Wahrscheinlich will der Skipper seinen Gästen erst mal die Stadt zu Füßen legen, und das kann er natürlich am eindrucksvollsten von der Mitte aus.«

2. Teil - DIE TAT 
1.
    Felix Lässer hatte die Yacht schon vor zwei Wochen in Zihuatanejo gemietet. Sie führte den verheißungsvollen Namen FLECHA, Pfeil, aber bei der Probefahrt hatte er dem Eigner erklärt, wegen ihrer alten Maschine sei sie lahm wie eine angeschossene Schildkröte. Er hatte sie trotzdem genommen, denn er wußte: In keiner Phase des Unternehmens würde es auf hohe Geschwindigkeit ankommen.
    Name und Heimathafen des Schiffes waren erst kurz vor dem Einlaufen in die Bucht übermalt worden.
Der Einbau der vielen Extras und die Verlängerung des Hecks waren reibungslos verlaufen. Selbst das Anbringen der Ruder-Automatik, das Richard für kompliziert gehalten hatte, war leicht gewesen, denn bei dem von Leo in Deutschland beschafften Exemplar handelte es sich um die hochmoderne, mit wenigen Handgriffen zu montierende AUTOHELM 3000, mit der, wie er beim Auspacken stolz verkündet hatte, auf Transatlantik-Regatten schon erste Preise geholt worden waren. Dieser speziell für Hochseeyachten konstruierte Autopilot war mit einem vierstufigen Planeten-Getriebe ausgestattet und hatte eine Drehgeschwindigkeit von 18 Grad pro Sekunde. Das Gerät war gar nicht mal so teuer gewesen, hatte mit allem Zubehör nicht mehr als zweitausend Mark gekostet und war, wie jeder an Bord wußte, für die Schlußphase der Aktion von entscheidender Bedeutung.
Viel schwieriger und auch zeitraubender hatte sich die Arbeit an Land erwiesen, die Einrichtung der chemischen Depots und die Installation der dazugehörigen Funkgeräte. Für die drahtlose Zündung von See aus und für den ebenfalls drahtlosen Kontakt zwischen Boot und Lautsprecheranlagen war die Inbetriebnahme von fast zwei Dutzend Funkgeräten notwendig geworden. Schon während des Treffens im Harz hatte Richard auf diesen Massenbedarf hingewiesen, und so waren in dem Container sicherheitshalber dreißig MOTOROLASprechfunkgeräte vom Typ MT 700 mitgeführt worden, ferner, da sie im freien Gelände nicht ans Stromnetz gehen konnten, die notwendigen

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