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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Psychologe, der in Netzhemd und Shorts auf der Kommode saß, nickte. »Man kann es versuchen. Aber es steckt ein erhebliches Risiko in diesem Vorschlag; darüber müssen wir uns im klaren sein.«
»Welches?« fragte der Vizeadmiral, und der Bürgermeister sagte: »Was wir jetzt auch tun, es gibt nichts ohne Risiko.«
»Wir laufen Gefahr«, fuhr Reyes fort, »daß wir mit einem solchen Vorgehen unsere Position verschlechtern. Stellen wir uns vor, sie gehen auf unsere Forderung ein, weil sie die Dinger tatsächlich vergraben haben! Dr. Peralta untersucht den Inhalt eines Fasses und findet heraus, daß die Angaben über Menge, Konzentration und so weiter stimmen. Dann hätten wir den Gangstern einen gewaltigen Bonus zugespielt! Wir hätten ihnen die Möglichkeit gegeben, uns ihre Stärke zu beweisen, und das würde womöglich dazu führen, daß es bezüglich der Höhe des Lösegeldes keinen Verhandlungsspielraum mehr gäbe. Sie würden danach immer wieder ihren Trumpf ausspielen, würden sagen: ›Ihr habt doch selbst gesehen, wie ernst eure Lage ist!‹ Das also, meine Herren, wäre das Risiko. Die Frage ist, ob wir es eingehen sollen oder nicht. Es kann ja auch sein, daß sie sich weigern, den geforderten Beweis anzutreten, und damit wäre der Bonus bei uns.«
»Und was ist«, fragte Paul Wieland, »wenn sie sich weigern, obwohl sie die Fässer haben?«
»Das«, antwortete der Psychologe, »halte ich für unwahrscheinlich. Wenn sie den Trumpf haben, spielen sie ihn auch aus.«
Aber Wieland war noch nicht überzeugt. »Vielleicht«, sagte er, »können sie den Beweis gar nicht antreten, weil sie sich dann widersprechen würden. Sie haben doch gesagt, daß jede Berührung der Fässer zur Zündung führt. Soweit ich weiß, gibt es Vorrichtungen, die das Entschärfen eines Sprengsatzes unmöglich machen.«
Der Licenciado meldete sich wieder zu Wort, und er tat es wie ein Schüler, hob den rechten Zeigefinger. »Ja?« Der Bürgermeister nickte ihm zu. Seine Miene verriet, mit welcher Spannung er das Gespräch verfolgte. Es ging um das Schicksal seiner Stadt, und darum hatte alles, was im Zimmer 1610 gesprochen wurde, großes Gewicht, das Urteil der Experten erst recht.
»Ich meine trotzdem«, erklärte Jiménez, »wir sollten es darauf ankommen lassen; es also einfach mal versuchen.«
Und Reyes sagte: »Ich bin auch dafür. Es ist wie bei einer Entführung. Bevor man da zahlt, vergewissert man sich ja auch, daß die anderen die Geisel wirklich haben und daß sie am Leben ist. Letzten Endes haben alle diese Abläufe das gleiche Grundmuster: Es geht um den Nachweis der Stärke auf der einen und den der Ohnmacht auf der anderen Seite. Da haben sich ja sogar schon, Gott sei’s geklagt, gewisse Spielregeln entwickelt. Der Entführer droht mit der Tötung seines Opfers. Sein Kontrahent aber will erst mal den Lebensbeweis, und das wird in der Regel vom Entführer akzeptiert, denn er weiß genau: Wenn er diesen Beweis schuldig bleibt, wird der Gegner mißtrauisch, und dann ist die Gefahr groß, daß die Verhandlungen sich festfahren. Er wird also den Beweis erbringen. Hat er aber das Opfer gar nicht in seiner Gewalt oder hat er es bereits getötet, ist er in einer schwachen Position. Unser Fall ist durchaus analog, und darum bin ich trotz des Risikos, daß wir unter Umständen jede Summe akzeptieren müssen, dafür, den Nachweis zu fordern. Nur, sollten sie sich weigern, dürften wir keinesfalls gleich zum Angriff übergehen, denn vielleicht ist es ja doch so, wie dieser Herr«, er zeigte auf Paul Wieland, »sagte, daß sie das Dioxin haben und es aber nicht vorzeigen können.«
Paul Wieland hatte schon eine ganze Weile den Chemiker beobachtet, hatte dessen sorgenvolles Mienenspiel verfolgt, und so fragte er ihn nun: »Geht das überhaupt? Oder müssen für einen Dioxin-Nachweis womöglich wochenlange Versuche durchgeführt werden?«
»Das nicht«, antwortete Peralta, »aber problematisch wird die Sache trotzdem. Ich müßte mir das Extraktionsgut, also etwa fünfzig Gramm Probematerial, aus dem Faß holen, und schon dafür brauche ich ein Labor, einen hermetisch schließenden Schutzanzug, Gummihandschuhe und so weiter.«
»Kriegen Sie alles«, sagte der Bürgermeister, »und was nicht da ist, lassen wir aus der Hauptstadt kommen. Wir telefonieren, und zwei Stunden später ist es hier.«
»Gut.« Peralta rieb sich die Stirn. »Aber dann! Ich müßte ein bis zwei Gramm dieses Probematerials mit einem Lösungsmittel versetzen, und

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