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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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entschärft haben. So«, er klatschte in die Hände, »die Brotzeit ist vorbei, jetzt ist Sprengzeit!«
»Erst in zwanzig Minuten«, sagte Richard, und dann fuhr er, etwas leiser, fort: »Wartet noch einen Moment!« Er stand auf, stellte sich an den Fuß der Treppe, lauschte nach oben, kehrte zum Tisch zurück. »Ihr seid doch«, sagte er dann, und er sprach jetzt noch leiser, »die beiden Bosse hier. Also seid ihr es, mit denen man reden muß über … über Kummer am Arbeitsplatz.«
Die beiden anderen lachten.
»Hast recht«, sagte Leo dann, »ich wüßte auch gar nicht, welche Gewerkschaft zuständig wäre. Also schieß los!«
»Ich will ja niemanden schlechtmachen, aber in unserer Lage, glaube ich, können wir uns keine falsche Rücksichtnahme erlauben. Unsere beiden Südfrüchtchen da oben, Fernando und Raúl, ich hab’ den Eindruck, die planen irgendwas. Sie hocken dauernd zusammen und tuscheln.«
»Vielleicht«, meinte Felix, »haben sie was miteinander; haben sich im Dienst liebgewonnen.«
»Nein, nein! Das ist es mit Sicherheit nicht. Ich glaube, sie haben Angst und stehen nicht mehr so recht zu unserer Sache. Na ja, bei Raúl wissen wir ja auch gar nicht, ob er je dazu gestanden hat; war ja mehr ’ne Zwangsrekrutierung. Weil wir keine Wahl hatten, hatte er auch keine.«
»Du meinst also«, sagte Leo, »sie sind am Umkippen?«
»Ganz sicher bin ich mir nicht.«
»Konkretes!« Leos Aufforderung war leise und trotzdem voller Schärfe gekommen.
»Das ist es ja«, Richard wand sich, »sie tuscheln immerzu, aber ich hab’ nichts verstanden. Vielleicht bin ich auch nur überempfindlich und sollte mir gar keine Sorgen machen, denn zum Umkippen ist hier an Bord sowieso keine Chance.«
»Das seh’ ich aber anders!« flüsterte Felix. »Nimm zum Beispiel Fernandos Häppchenkost bei den Durchsagen! Die gefällt mir überhaupt nicht, und wer weiß, vielleicht steckt doch mehr dahinter als bloße Unfähigkeit.«
»Könnte sein«, sagte Leo. »Wie hat er herumgetönt drüben in Deutschland und auch noch hier! ›Das mach’ ich live !‹ und ähnliche Sprüche. Der Kerl hatte also durchaus die Überzeugung, es zu können.« Er hielt inne, ging nun auch zur Treppe, blickte hinauf, kehrte an den Tisch zurück. »Wir werden den beiden Gelegenheit geben, sich auszuquatschen. Heute nacht. Ich erkläre, daß es in diesem Stadium der Verhandlungen genügt, nur mit zwei Mann Wache zu schieben, und teile die beiden für null bis zwei Uhr ein. Wir anderen hauen uns in die Kojen, und ich schleich’ mich …«
»Brauchst du nicht«, unterbrach Richard. »Ich werde, wenn sie essen, oben ein paar Sender anbringen. Sobald sie wieder an Deck sind, richte ich hier unten den Empfänger ein. Dann können wir ganz bequem mithören. Was haltet ihr davon?«
»Das ist gut«, sagte Felix, »aber was machen wir mit Georg? Er ist Fernandos Freund und wird ihn nicht ins offene Messer laufen lassen.«
»Er erfährt es erst«, sagte Leo, »wenn er mit uns hier unten ist und wir das Gerät einschalten. Dann ist es für eine Warnung zu spät.«
»Oder könnte es sein«, fragte Felix, »daß auch er schwankend geworden ist?«
»Ausgeschlossen!« Leo schlug sogar mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Und wenn sie die Sender entdecken?« fragte Felix weiter.
Richard schüttelte den Kopf. »Die bringe ich so versteckt an, daß sie nicht zu sehen sind; einen zum Beispiel unter der Gräting, für den Fall, daß sie im Heck sitzen. Und einen oben auf der Flying-Bridge; fällt gar nicht auf, ob es da ein Gerät mehr oder weniger gibt.«
Leo stand auf, wollte nach oben gehen, aber Richard hielt ihn am Ärmel fest. »Hab’ noch eine Frage in der Sache.« »Nämlich?«
»Was, wenn es stimmt?«
Leo rieb sich den Arm. Er haßte es, angefaßt zu werden. »Entschuldige!« sagte Richard.
»Schon gut! Ja, was dann? Ich finde, das hängt ab von dem, was wir hören. Wenn es bloß um den Austausch von Ängsten geht, ist die Sache wohl noch aufzufangen. Dann nehme ich mir die beiden vor und gebe ihnen ’ne kleine Nachhilfestunde.«
»Und wenn«, Richard sah erst Felix, dann Leo an, »es mehr ist?«
»Dann werden andere Maßnahmen ergriffen!« Leo stand auf. Wie in einem Reflex wollte Richard ein zweites Mal nach ihm greifen, besann sich jedoch, fragte nur: »Aber welche?«
»Denk drüber nach!« antwortete Leo. »Dann kommst du schon dahinter, daß es gar nicht viele gibt. Genaugenommen nur eine.«

9.
    Der Abend war da. Immer noch drängten sich Autos und Menschen

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