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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Alle waren einverstanden gewesen, und dann hatte Robert hinzugefügt: »Aber davon kein Wort zu Golombek! Der würde womöglich ausflippen.«
    Jetzt waren sie, jeweils zu zweit, mit den Geschossen unterwegs zu ihrem Schacht. Vorn gingen wieder Robert und Zayma; die beiden anderen folgten ihnen in einem Abstand von wenigen Metern. Sie wußten, die Zeitspanne zwischen Überfall und Rückkehr war die heikelste des ganzen Unternehmens, denn auf Roberts Frage, wie es um den Kontakt zwischen der Wachmannschaft und den Männern der Zentrale stehe, hatte Haggerty geantwortet: »Das ist ganz unterschiedlich. Tagsüber gibt es viele Dienstgespräche, nachts weniger, aber dafür quatschen sie dann manchmal miteinander, blödeln aus Langeweile an ihren Telefonen herum. Nur die Kontrollanrufe laufen natürlich präzise ab, immer zur vollen Stunde.« Es war jetzt zwanzig nach zwei; wenn sie Glück hatten, konnte das Attentat noch vierzig Minuten unentdeckt bleiben.
    Die Granaten waren leichter, als sie es sich vorgestellt hatten. Selbst die zarte Zayma hatte keine Schwierigkeiten mit ihrer Last. Um Punkt halb drei erreichten sie den Schacht. Als Robert und Zayma sich hinabbeugten, um ihr Geschoß an Igor und Golombek weiterzureichen, gab es den ersten Schreck, ausgelöst durch die ins Dunkel geflüsterten Worte: »Ich bin es, Hilario.«
    »Was ist passiert?« zischte Robert.
    »Eine Panne. Golombek ist weg. Er hat Igor und Helga überwältigt.«
    »Sind sie tot?«
»Helga ja, Igor nicht.«
Das kurze Gespräch hatte sie nicht von der Arbeit abgehalten. Die Granaten waren auf dem Fußboden des Unterstandes abgelegt worden. Trotz der Nachricht vom Tod seiner Freundin ließ Robert nicht einen einzigen Moment lang den akribisch ausgetüftelten Ablauf aus den Augen. Er handelte, wie sie es viele Male besprochen hatten, nur war die Aufgabenverteilung jetzt eine andere geworden. Er und Hilario deponierten die Granaten auf der Matratze, schnürten sie fest, während die drei anderen sich um das Verschließen des Schachtes kümmerten. In wenigen Minuten war der Tunnelausgang dichtgemacht. Die Stützsäule stand wieder, und an ihrem oberen Ende sorgten der Holzdeckel und die Sodenschicht dafür, daß das Rasenstück zwischen Sanitätsstation und Proviantlager wie sonst aussah.
    Robert schaltete die Halogenlampe ein.
»Was machen wir mit Igor?« fragte Pierre.
»Am besten«, antwortete Wladimir, »wir legen ihn zu den Granaten.«
    Sie hatten nicht die Zeit, den Verletzten, der noch immer ohne Bewußtsein war, zu untersuchen. Also machten sie, was Wladimir vorgeschlagen hatte. »Dann muß aber einer zusätzlich schieben«, sagte Robert. »Sonst reißt uns womöglich das Seil! Außerdem wäre es für Sieglinde viel zu schwer, die überladene Matratze zu ziehen.«
Wladimir nickte. »Das Schieben übernehme ich.« »Beim Luftschacht werde ich dich ablösen«, sagte Hilario.
    Sie klappten das Periskop zusammen, legten es ebenfalls auf die Matratze, klemmten es unter die Schnüre. Die Lampe ließen sie hängen, löschten nur das Licht. Auch die Leiter blieb zurück.
    Robert zog an der Leine, zog sehr kräftig, bis er fast einen halben Meter gewonnen hatte. Wenige Augenblicke später erfolgte die Antwort: Die Matratze setzte sich in Bewegung.
    Jedem von ihnen war klar, daß ihr weiterer Erfolg in hohem Maße vom Zufall abhing. Sollte nämlich jetzt, gerade jetzt, während sie sich auf dem Rückweg befanden, ein Ruf von der Zentrale an die Wachstation abgehen, würde, da die Antwort ausbliebe, kurz darauf im gesamten Camp Alarm ausgelöst werden. Dann gäbe es vielleicht immer noch die Chance, rechtzeitig die Halle zu erreichen, zu den Autos zu gelangen und den Hof zu verlassen, aber danach würden sie voraussichtlich im Netz der Ringfahndung hängenbleiben, es sei denn, sie wären über deren Radius bereits hinaus.
    Wenn jedoch alles nach ihren Wünschen verlief, die Entdeckung also erst durch den um drei Uhr fälligen Kontrollanruf erfolgte, hätten sie gute Aussichten, bei Einsetzen der Fahndung ein weites Stück vom Tatort entfernt zu sein, denn für eine zusätzliche, minuziös berechnete Verwirrung hatten sie ja gesorgt: Um kurz nach drei Uhr, also zu der Zeit, in der erst einmal festgestellt werden mußte, warum auf den Kontrollanruf keine Antwort erfolgt war, stand die nächste Irritation unmittelbar bevor. Um drei Minuten nach drei würden die Sprengladungen an den Panzern hochgehen. Sie würden zwar den starken stählernen Platten nur

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