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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Markus Fehrenkamp …, mein Gott, Katharina, wie ist das möglich? Markus!«
Katharina nahm ihrem Mann die Zeitung aus der Hand, las mit belegter Stimme vor: »… Markus Fehrenkamp wurde in der Nacht zum Freitag in seinem Haus getötet. Eine Frau, die sich über die Sprechfunkanlage gemeldet hatte, erschoß ihn, als er ihr die Tür öffnete. Die Polizei hält es für möglich, daß Markus Fehrenkamp wie auch die vier Angestellten mehrfach Gelegenheit hatten, die zur Tarnung ihres Vorhabens mit dem Schwimmbadbau beschäftigten Terroristen zu sehen, so daß sie als mögliche Zeugen beseitigt wurden.« Katharina legte die Zeitung aus der Hand. »O Frank, was für eine Blutspur!«
Er stand auf, legte seinen Arm um ihre Schultern. Aber sie spürte, das war nur eine Geste der Hilflosigkeit, und seine Worte bestätigten diesen Eindruck: »Was hab’ ich angerichtet!«
Sie ergriff seine Hand, drückte sie. »Arme Julia! Das wird sie nie verwinden! Aber hätte er die Leute denn wirklich beschreiben können?«
»Vermutlich. Er war ja auf der Baustelle. Glaub mir, wenn Robert oder ein anderer aus der Bande vor mir stände und ich hätte eine Pistole in der Hand, dann würde ich, ohne zu zögern, abdrücken!«
»Was wollen die denn nur? Was du wolltest, weiß ich seit mindestens fünfundzwanzig Jahren, aber die haben doch nie und nimmer das Ziel, einen Gaskrieg zu verhindern und den Frieden zu sichern!«
»Vielleicht werden sie mit Hilfe der Granate versuchen, andere Terroristen freizupressen. Oder sie sind nur ein Killerkommando, das sich anheuern läßt, mal hier, mal da. Aber … fällt dir nichts auf an dem Zeitungsbericht?«
»Was meinst du.?«
»Das VX! Es wird nicht mal erwähnt. Man spricht nur vom Anschlag und von den Toten. Dabei bin ich sicher, Robert hat die Granate!« Er setzte sich wieder, diesmal aufs Bett, vergrub sein Gesicht in beiden Händen, saß lange so da, und als er schließlich aufblickte, sagte er. »Ich glaube, es war falsch, mich hier mit dir zu treffen. Seit vorgestern sind alle Menschen meiner Umgebung in Gefahr, denn ich könnte mein Wissen an sie weitergegeben haben. So werden die Terroristen denken.«
Katharina setzte sich neben ihn. »Und wohin hättest du gehen sollen?«
»In den Spessart.«
»Zu Henry?«
»Ja. Er würde mich verstecken. Natürlich nicht in seinem Haus, auch nicht in seiner Fabrik, sondern auf dem Hof im Spessart. Du hättest auf Ibiza bleiben sollen, bis Lemmert dich geholt hätte. Und dann wäre in die Zeitung gekommen, daß wir keinen Kontakt hatten. Du wärest aus der Schußlinie gewesen, und ich hätte auf Henrys Hof gesessen.«
»Aber da sind doch auch Leute.«
»Nur Rosemarie und Niklas, und denen vertraue ich. Die würden mich niemals ans Messer liefern. Rosemarie hätte mir Forellen gebraten und …«
»Wie kannst du jetzt von Forellen reden!«
»Ja, das ist es eben! Dieser Hof …, ich weiß nicht, wie ich es dir beschreiben soll. Du warst nie da, aber ich hab’ dir oft erzählt, was mich da so …, ja, ich muß schon sagen: verzaubert. Als ich im vergangenen Herbst da war, fragte Rosemarie mich: ›Was möchten Sie zu Mittag essen?‹ Ich sagte: ›Was auf den Tisch kommt.‹ Ihre Antwort: ›Ja, und das bestimmen Sie! Mögen Sie Forellen?‹ Du weißt, wie gern ich die esse. Und was soll ich dir sagen? Sie schnappt sich eine Angel und fragt mich, ob ich mitkommen will. So schlüpfte ich in Henrys Gummistiefel, und los ging’s. Ein Stück hinterm Haus war der Teich. Den hatte ich vorher nie gesehen. Nach drei Minuten hatte sie eine prächtige Zwei-Pfund-Forelle in ihrem Eimer, und die kriegte ich zum Mittagessen. Sie schmeckte wirklich fabelhaft. Wie gesagt, dieser Hof verzaubert mich. Da ist das Leben noch eine überschaubare Sache. Hast du Appetit auf einen Fisch, so holst du ihn dir direkt aus der Natur.«
Katharina starrte Frank an, begriff nicht, was in ihm vorging. Vielleicht, dachte sie schließlich, ist es die Verzweiflung, die ihm die Sehnsucht nach so paradiesischen Zuständen eingibt. »Du hast«, sagte sie, »auch einen Hof, entdeckst aber immer nur die Königreiche der anderen!«
»Vergiß nicht, ich hab’ einen unerträglichen Nachbarn, und bin, um mir den vom Hals zu schaffen, zum Mittäter geworden. Armer Markus! Wird an die Tür gelockt und dann kaltblütig niedergeschossen! Was für ein furchtbares Jahr! Erst Marianne und dann … Schlag auf Schlag! Alle diese Toten! Und wer weiß, vielleicht werden es noch viel mehr!«

5. Teil
1.
    Cornelius

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