1989 - Countdown für Chearth
grinste. „Wir werden sicher daran denken."
*
Nachdem Shamiko gegangen war, wandte Dao-Lin-H'ay sich an ihren Lebensgefährten.
„Wir sollten Vil an Desch darüber in Kenntnis setzen. Vielleicht weiß er, was mit den Maahks geschehen ist.
Wenn sie durch Drogen gefügig gemacht worden sind, gibt es vielleicht ein Gegenmittel."
„Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist", meinte der Smiler. „In erster Linie wollten die Tazolen zwar ihren Gott Gaintanu aus dem Sonnentresor befreien, aber dazu hätten sie eventuell keine so riesige Armada benötigt. In zweiter Linie waren sie also auf die Eroberung Chearths aus; das beweist ihre Vorgehensweise, indem sie sich sofort mehrerer Systeme bemächtigten und dort Stützpunkte errichteten, die nicht unmittelbar mit dem Sonnentresor zu tun hatten. Wir wissen aus der Vergangenheit der Tazolen, daß sie bei ihren Eroberungen immer zweigleisig gefahren sind - kriegerisch, um Schwächere einzuschüchtern und sich eine bessere Position zu schaffen, und missionarisch bei den Völkern, denen sie unter Umständen unterlegen gewesen wären. Dazu benötigten sie natürlich zuerst Informationen und erweiterten danach das Pantheon."
„Eine seltsame Auffassung von Glaube", meinte Dao-Lin nachdenklich. Sie strich sich von der Stirn über den langen, silberfarbenen Fellstreifen, der bis zum Nacken hinabreichte. „Trotz ihres Fanatismus scheuen die Tazolen nicht davor zurück, ihren Glauben nach Belieben zu dehnen und zu formen. Normalerweise müßten sie aufgrund dieser Anmaßungen den Zorn der Götter fürchten."
„Der Zweck heiligt eben die Mittel", fand Tek eine Begründung. „Sie werden es sich so lange einreden, daß ihnen Ghodam seine Existenz jetzt erst offenbarte, bis sie wirklich unerschütterlich daran glauben. Man glaubt immer das, was man will."
„Ich werde dieses Volk nie verstehen", gestand Dao-Lin. „Aber warum soll Vil an Desch uns jetzt nicht unterstützen?"
„Wir haben ihn überzeugen können, daß Gaintanu nicht im Sonnentresor gefangen ist. Er weiß, welche Gefahr droht. Das bedeutet aber nicht, daß er von den Eroberungsplänen ablassen will, wenn die Gefahr vorüber ist. Vielleicht sieht er sogar eine Chance, sich bei seinem Volk zu rehabilitieren, indem er die Eroberung fortsetzt, sobald er die Gelegenheit dazu hat. Vil an Desch kann uns erzählen, was er möchte, und wir würden nicht wissen, ob es wahr ist oder nicht."
Dao-Lins rechtes Ohr zuckte. Eine typische, unbewußte Verhaltensweise, wenn sie intensiv nachdachte.
„Dann müssen wir es eben mit konventionellen Methoden versuchen. Jedenfalls haben wir wieder einmal eines daraus gelernt: Wir dürfen die Tazolen nicht unterschätzen. Sie verfolgen weiterhin ausschließlich eigene Interessen."
In diesem Moment wurden sie unterbrochen. Ein Funkruf kam herein; das Empfangsterminal aktivierte sich automatisch und baute ein etwa einen halben Meter hohes Holo in der Mitte des Konferenztisches auf.
Aranda Norrand meldete sich von der patrouillierenden DOLAMO; wie stets war der Empfang durch die Störungen des Dimensionsrisses leicht verzerrt.
„Ihr werdet es vielleicht nicht glauben, aber im Lhanzoo-System geht etwas Seltsames vor. Einen Moment, ich schalte auf LiveÜbertragung."
Ein zweites, drei mal drei Meter großes Hologramm baute sich auf und zeigte die Vorgänge draußen im All.
Die Kommandantin der DOLAMO hatte nicht übertrieben. Es war deutlich zu sehen, daß in den riesigen Absperriegel der Algiotenflotte Bewegung kam. Pfeil- und Knotenschiffe kreuzten scheinbar wahllos umher; zunächst sah alles nach einem wilden Durcheinander aus.
Doch allmählich trat Ordnung ein. Einheit um Einheit zog sich zu Pulks zusammen und formierte sich. Dann nahm der erste der Pulks Fahrt auf, beschleunigte rasch - und tauchte in den Viereinhalbraum ein.
Der nächste Pulk folgte. Zug um Zug ging es so, ohne Verzögerung, in strengster militärischer Ordnung. Bis sämtliche 15.000 Schiffe der Algioten entmaterialisiert waren und das Lhanzoo-System mit der Schaltstation Thagarum plötzlich wie verwaist wirkte.
„Habt ihr irgendwelche Funksprüche abfangen können?" fragte Dao-Lin-H'ay die Kommandantin.
„Negativ. Die Verzerrungen waren auf die Entfernung bereits zu stark, so daß wir keine Chance hatten, den ohnehin chiffrierten Datensalat zu entwirren. Vielleicht ist das eine List?"
Dao-Lin zögerte. Sie mochte nicht so recht daran glauben. „Das entspräche nicht ihrem bisherigen
Weitere Kostenlose Bücher