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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Fragen beherrschten jeden der Flüchtenden: Schaffe ich es? Und wenn ja, ist das dann Fahnenflucht?
Heinrich Nielson und einige seiner Kameraden erwischten in letzter Minute ein Vorpostenboot, das nach Kopenhagen fahren sollte, und irgendwann auf See geschah etwas, was ihn von der Vorstellung befreite, desertiert zu sein. Im Schatten eines der Schiffsgänge sah er plötzlich die roten Biesen aufleuchten.
Es dauerte nur einen Moment, eine Sekunde vielleicht, da zog sich der Mann auch schon wieder hinter eine Tür zurück.
Ein General an Bord! Nicht nur er hatte dieses erregende Rot über den glänzenden schwarzen Lederschäften gesehen; auch andere Landser raunten alsbald von dem hohen Tier, das an Bord versteckt war und sich vermutlich, zusammen mit dem gemeinen Volk, nach Westen absetzen wollte. Fortan wurde das Rot nicht mehr gesehen, jedenfalls nicht auf See. Doch das Raunen setzte sich fort, obwohl der Kommandant des kleinen Schiffes, ein junger Marine-Oberleutnant, den Männerhaufen zu beschwichtigen versuchte, indem er das Rot von Feuerlösch-Schläuchen und Signalflaggen anführte, das jemand gesehen haben könnte.
Die Biesen wurden erst wieder gesichtet, als die Kapitulation offiziell bekanntgemacht worden war und die Soldaten in Kopenhagen das Schiff verließen. Da ging auch ein General von Bord.
    Durch die offene Schiebetür warf Nielson einen Blick auf seinen Rudergänger. Es war der zweiunddreißigjährige Holländer Piet Snock aus Terneuzen, der es trotz seiner seemännischen Tüchtigkeit nicht weiter als bis zum Matrosen gebracht hatte. Der Grund dafür lag in seinem Unvermögen, sich zu beherrschen.
    Viele Male war der vierschrötige Mann in Händel verwickelt gewesen, und immer hatte der Streit so geendet, daß seine Gegner sich ärztlich behandeln lassen mußten. Besonders groß war Snock nicht, aber seine Schulterpartie maß mehr als sechzig Zentimeter, und er hatte Hände wie Schaufeln.
    Nielson hatte lange überlegt, ob er diesen »Dampfhammer«, wie die anderen ihn schon nach der ersten Reise nannten, behalten sollte, und sich schließlich gesagt: Beim monkey business hab’ ich es oft mit zwielichtigen Gestalten zu tun, und vielleicht muß ich mich irgendwann meiner Haut wehren. Dann ist es gut, einen Mann auf dem Schiff zu haben, der zuschlagen kann. Seit ihrem Aufbruch hatte die Mine eine Strecke von fast siebentausend Seemeilen zurückgelegt, und im großen und ganzen waren die zwischen den zwölf Hörnern angesiedelten tierischen und pflanzlichen Lebewesen mitgereist; nur der jüngste Zuwachs, der beim Start noch ganz außen gesessen hatte, war unterwegs von den Turbulenzen des Meeres abgerissen worden.
    Sie brauchte viele Tage, um die Saragassosee zu durchfahren, jene maritime Region, in der sich die Aale, einem geheimnisvollen Trieb folgend, versammeln, um dort zu laichen. Doch jetzt, im Winter, war nicht die Zeit dafür, und so herrschte ozeanischer Alltag in diesen Breiten.
    Eines Abends – sie trieb zwischen Cape Hatteras und den Bermuda-Inseln und hielt weiterhin nördlichen Kurs – geriet sie gleich zweimal kurz nacheinander in eine Lage, die leicht ihr Ende hätte herbeiführen können. Zunächst kam sie nach Wochen einsamen Dahinfahrens bedrohlich nahe an einen kubanischen Frachter heran, der auf dem Weg von Baltimore nach Barbados war. Nur wenige Meter trennten sie vom Heck des etwa fünftausend Tonnen großen Schiffes. Das quirlige Schraubenwasser brachte sie sogar zum Tänzeln, doch dann fiel sie dank ihres Gewichts in die alte Trägheit zurück, und der Abstand vom Heck vergrößerte sich wieder. Die Männer aus Guantánamo hatten es gar nicht mitbekommen, daß sie mit ihrem Schiff ganz dicht am Tod entlanggeglitten waren.
    Wenige Minuten später widerfuhr der Mine sogar ein wirklicher Kontakt, und der hatte, genaugenommen, noch immer mit dem davonziehenden Kubaner zu tun, denn eine einzelne verirrte Möve, die den Frachter begleitet hatte, flog zu der Kugel, umkreiste und beäugte sie, entdeckte vermutlich in ihrem Bewuchs ein paar helle Stellen, die Nahrung verhießen, setzte zur Landung an und … landete.
    Es war eine noch junge Möwe. Ihre Zehen krallten sich fest in dem Algengestrüpp, und während sie einige Meter auf dem wiegenden Untergrund mitfuhr, durchzauste sie mit dem Schnabel das Polster. Einmal wetzte sie ihn sogar an einem der Hörner, doch die Berührung war so gering, daß die Bleikappe sie nicht weitergab ins Innere und die auf Verheerung ausgerichtete

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