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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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zwischen den Luken zwei und drei die Garage passierte, in der der bordeigene Traktor untergebracht war, schlug eine Welle mit solcher Wucht gegen die Steuerbord-Schiffswand, daß der Stoß sich fortpflanzte und ihn gegen die stählerne Tür warf. Er konnte gerade noch den Griff packen, wäre sonst hingeschlagen. Nun sind meine beiden sicher auch wach geworden, dachte er. Aber Sigrid wird sich wegen meiner Abwesenheit keine Sorgen machen. Sie kennt meine Vorliebe für nächtliche Streifzüge durchs Schiff.
    Er ging weiter, erreichte die letzte der fünf Luken, verharrte dort eine Weile, wurde hin und wieder von der Gischt besprüht, die über die Reling kam. Schon vor einigen Tagen hatten sie einen Sturm erlebt, bei dem die MELLUM stark ins Schlingern gekommen war. Aber der Zweite Offizier hatte sie beruhigt, hatte vom Schwerpunkt des Schiffes und vom Stehaufmännchen-Prinzip geredet und ihnen die Angst, bei sehr grober See könnten sie kentern, genommen.
    Er setzte seinen Weg fort, gelangte an die Treppe, die zur Back hinaufführte, ergriff das Geländer, das vom Salzwasser feucht und klebrig war, stieg die Stufen hinauf und suchte auf dem geräumigen Vorschiff nach einem geschützten Platz. Er fand einen Poller, setzte sich darauf, gab sich dem Wiegen und dem gelegentlichen, von arhythmischen Wellen verursachten Zittern des Schiffskörpers hin, und das war wie auf dem Jahrmarkt, war wie Achterbahn und Schüttelmaschine zusammen. Zum Glück waren sie alle drei seefest, hatten das Gefeitsein gegen die Marter der Seekrankheit auf den Fahrten nach Helgoland, die sie jeden Sommer mindestens einmal unternahmen, immer wieder unter Beweis gestellt. Sonst hätten sie das Risiko, über den Atlantik zu fliegen und für die Rückreise ein Schiff zu nehmen, ja auch gar nicht eingehen dürfen. Zu groß wäre die Gefahr gewesen, dreieinhalb Wochen lang mit rebellierenden Mägen und käsigen Gesichtern in den Kojen zu liegen.
    Er blickte hinüber zu den Aufbauten, deren Konturen im spärlichen Licht der Positionslampen nur schwach zu erkennen waren. Er ahnte es mehr, als daß er es sah, wie das fünfgeschossige Gebäude auf den Wellen tanzte.
    Die MELLUM war ein modernes Schiff und hatte keine Bullaugen, sondern fünfzig mal siebzig Zentimeter große, nur an den Ecken leicht abgerundete Fenster. Die der Frontseite waren alle dunkel. Dennoch, das wußte er, konnten Sigrid und Arndt Licht gemacht haben. Es war strenge Vorschrift, nachts die nach vorn gerichteten Fenster beleuchteter Räume zu verdunkeln, damit der helle Schein nicht nach draußen fiel und die Sicht der Brückenwache beeinträchtigte. Sein Blick glitt über die gewaltigen Lukendeckel. Als sie in Tubarao an Bord gekommen waren und Baumann ihnen das Vorschiff zeigte, hatten die Ladearbeiten noch nicht begonnen. Luke drei war offen, und aus fünfzehn Metern Tiefe drang lautes Gejohle zu ihnen herauf. Dort unten nämlich, auf dem Grund des Laderaums und also weit unterhalb des Wasserspiegels, spielten die Seeleute Fußball.
    »An Deck geht das nicht so gut«, hatte Baumann mit dem ihm eigenen trockenen Humor gesagt.
Aber darüber, daß ein leerer Laderaum auch zu etwas ganz anderem als zu einem Ort fröhlicher Spiele werden konnte, war ihnen ein paar Tage später berichtet worden. Der Zweite Offizier hatte, als er noch Matrose war, während einer Finnlandreise seinen Freund verloren. Beim Lukensäubern auf See. Die Reste der als Schüttgut beförderten Kohlefracht wurden auf dem Grund der Laderäume zusammengefegt, in Fässern nach oben gehievt und dann über Bord geworfen. Dabei hatte sich die Leine, an der ein Faß voller Kohlengrus hing, im Scharnier des Lukendeckels verhakt. Krämers Freund war vom Deck aus auf den Rand geklettert, um sie wieder loszumachen. Vielleicht ging er dabei übereifrig zu Werk oder war ungeschickt oder hatte Öl an seinen Schuhsohlen, jedenfalls glitt er von der metallenen Kante ab und stürzte auf den achtzehn Meter tief gelegenen Boden des Laderaums. Zwei Tage später starb er.
Jacob Thaden sah auf seine Armbanduhr, konnte jedoch die Leuchtziffern nicht deutlich genug erkennen und zündete deshalb sein Feuerzeug an. Der Wind blies es sofort wieder aus, aber das kurze Aufblitzen der Flamme hatte genügt. Es war achtzehn Minuten vor vier. Eine gute Viertelstunde noch, dachte er, dann ist Krämers Hundewache zu Ende, und der Erste kommt, um ihn abzulösen. Krämer würde dann von mittags zwölf bis nachmittags vier Uhr wieder an der Reihe

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