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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Bar überhaupt nicht besucht. Aber dann stellte sich heraus, daß ich Henry, so heißt der Barmann, mit meinem Gerede von einem Liebespaar auf die total falsche Spur gelenkt hatte. Auch das Foto half nicht weiter, weil er, wie gesagt, in seinem Kopf nach einer Turtelei mit heißen Küssen herumkramte. Erst als ich dann meinte, vielleicht hätten die beiden sich ja ganz gesittet verhalten, dämmerte es ihm, und da stimmten plötzlich die Bilder in seinem Kopf. Klar, die Frau auf dem Foto hatte er zwei Nächte lang gesehen! Also, erst war sie allein mit einem großen, schlanken Mann, der schwarzes und auffallend langes Haar hatte. Alter zwischen dreißig und vierzig. Sie unterhielten sich auf deutsch. Er selbst hatte das nicht mitgekriegt, aber der Kellner hatte die Frau reden hören und sogar eine flapsige Bemerkung darüber gemacht. ›Die redet und redet, als wollte sie dem Kerl eine von unseren Inseln verkaufen‹, hatte er zu Henry gesagt und bei der Gelegenheit auch erwähnt, daß sie Deutsch sprachen. Sie hatten Papiere auf dem Tisch, so daß für die Gläser und Aschenbecher kaum noch Platz war, Skizzen, Fotos, sogar eine Seekarte, und die hat den Kellner wohl dazu gebracht, vom Verkauf einer Insel zu reden. An sich ist der Gebrauch von Seekarten hier nichts Ungewöhnliches, weil es ja oft ums Maritime geht, und so war Henry der Meinung gewesen, da würde ein Segeltörn vorbereitet. An beiden Abenden kamen, etwas später, zwei Männer dazu, offenbar Amerikaner. Von da an wurde nämlich Englisch gesprochen. Leider kann er die beiden nicht beschreiben, glaubt sich aber zu erinnern, daß sie ebenfalls mittleren Alters waren. Woher sie so spät in der Nacht gekommen sind, weiß er nicht. Sie können im selben Hotel Zimmer gehabt haben, sagt er, oder sie wohnten in einem anderen Hotel der Insel. Vielleicht seien sie aber auch mit einem Boot von drüben gekommen.«
»Von drüben?« fragte Olaf.
»Ja. Miami zum Beispiel. Oder Fort Lauderdale oder Palm Beach. Andros, die Nachbarinsel, kann es auch gewesen sein. Die Geschäftigkeit, das ständige Hantieren mit Unterlagen und die Notizen, die sie sich machten, das alles hörte nicht etwa auf, als die Amerikaner dazustießen, sondern da ging es erst richtig los. Es ist Henry deshalb aufgefallen, weil solche Sitzungen in seiner Bar fast nie vorkommen.« Henderson nahm einen großen Schluck von seinem Bier und lehnte sich dann zurück. »Sullivan«, sagte Olaf, »hat also im ganzen vier Fahrten mit meiner Schwägerin gemacht. Wurde er jedesmal extra gerufen?«
»Nein, er war von dem schwarzhaarigen Deutschen in Dienst genommen worden und mußte sich ständig bereithalten.«
»Und dieser Deutsche wohnte im LINDAVISTA?«
»Ja, aber an seinen Namen kann Sullivan sich nicht erinnern.«
»Sehr merkwürdig«, meinte Ernesto. »Wenn ich tagelang für jemanden arbeite, weiß ich seinen Namen noch nach Jahren.«
»So was ähnliches hab’ ich auch zu ihm gesagt, aber er antwortete, es wär’ ein toller Job gewesen, weil insgesamt nicht mehr als sieben oder acht Fahrten zu machen waren. Der Rest war Bereitschaftsdienst. Und viermal ging es schon mal nur um die Lady. Er hat seinen Boss kaum zu Gesicht gekriegt, sagt er, aber das hat ihn nicht gestört, weil die Kasse stimmte.«
»Ich glaube«, erklärte Olaf, »ich weiß, wer der Deutsche ist. Wenn mich nicht alles täuscht, kommt er aus Hamburg und heißt Robert Kastner. Erstens trifft die Beschreibung auf ihn zu, und zweitens ist er der Liebhaber meiner Schwägerin. Vorausgesetzt, ich hab’ recht, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste. Es ist ein so enges Verhältnis, daß er nicht mal dann von ihr lassen kann, wenn sie für zwei Wochen mit ihrem Mann in die Ferien fährt. Die zweite. Es ist noch viel mehr, was die beiden miteinander verbindet. Vielleicht hatte die Seekarte auf dem Tisch in Henrys Bar mit den Gewässern um New Providence überhaupt nichts zu tun, sondern war eine von der chilenischen Küste.«
»Donnerwetter!« entfuhr es Federico, und auch Ernesto zeigte sich verblüfft. Er hatte gerade einen Schluck Cuba libre nehmen wollen, hielt nun in der Bewegung inne, setzte das Glas sogar wieder ab.
»Mister Henderson«, sagte Olaf, »Ihr Bericht ist wirklich höchst interessant, und ich nehme an, in unser Puzzlespiel lassen sich ein paar neue Teile einfügen. Die beiden Amerikaner könnten vom Schrottlager in Miami gekommen sein. Noch etwas! Ein Detail nur, aber ein wichtiges, jedenfalls fällt es auf. Robert Kastner ist

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