1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autohändler. Mir scheint, Autos spielen in unserer Sache immer wieder eine Rolle, ob nun als intakte Fahrzeuge oder als gepreßte Quader. Kastner hat zwar keinen Schrottplatz, aber er kauft und verkauft Autos. Das tun die Chilenen in Curacavi auch, und ebenso tun es die Leute in Miami. Vielleicht hat Kastner mit den Amerikanern schon vorher dunkle Geschäfte gemacht, Handel mit gestohlenen Autos zum Beispiel oder Umgehung des Zolls, und jetzt hat er sich ein weiteres Mal an sie gewandt, angeregt von meinem Vetter und dessen Frau, die ihrerseits was Tolles anzubieten hatten. Verdammt, so muß es gewesen sein!«
»Und wieso fährt John Theunissen nicht selbst zu den Besprechungen ins LINDAVISTA?« fragte Ernesto. Olaf nickte. »Das versteh’ ich auch nicht, aber irgendeine Erklärung wird es dafür geben. Er kann seine Frau vorgeschickt haben, weil sie gewitzter und skrupelloser ist als er. Außerdem wickelt sie jeden Mann um den Finger. Naja, fast jeden. Vielleicht hat er zu ihr gesagt. Helga, mach du!«
»Kann es nicht auch so gewesen sein«, fragte Federico, »daß sie, bevor sie mit Sullivan wegfuhr, ihrem Mann was ins Glas geschüttet hat, so daß er überhaupt nichts mitkriegte?« Olaf überlegte lange, sagte dann: »Diese Möglichkeit besteht auch, nur weiß ich nicht, wie sie zu interpretieren wäre. Also, Freunde, erst mal sollten wir uns Gewißheit darüber verschaffen, ob der Deutsche tatsächlich Kastner war.« Er wandte sich an Henderson: »Können Sie das im LINDAVISTA über die Rezeption herausbekommen? Vielleicht mit Henrys Hilfe?«
»Hab’ schon heute versucht zu erfahren, wer der Mann war, aber wenn man keinen Namen angeben kann, sind die Nachforschungen schwierig. Mit einer Frage wie ›Hat bei Ihnen vor zweieinhalb Monaten ein großer Schwarzhaariger gewohnt?‹ kommt man nicht weit. Jetzt, da ich nach Robert Kastner fragen kann, wird es wesentlich einfacher sein.«
»Vorausgesetzt«, gab Federico zu bedenken, »er hat diesen Namen benutzt. Es soll ja Leute geben, die mit falschen Pässen reisen.«
Olaf lachte, wurde aber gleich wieder ernst. »Wenn der Name im Hotelregister nicht auftaucht, ziehen wir die Sache von einer anderen Seite her auf. Eine Detektei in Hamburg muß prüfen, ob Kastner in der fraglichen Zeit eine USA- oder Bahama-Reise gemacht hat. Und auch schon vorher. Denn wenn die vier mit unserem Fall zu tun haben, sind diese beiden Treffen nicht die ersten gewesen. Das käme sonst zeitlich nicht hin. Aber erst mal versuchen wir’s über das LINDAVISTA, gleich morgen früh.«
»Warum nicht heute abend?« fragte Henderson. »Es ist noch nicht spät, und was getan ist, ist getan.«
»Sehr gut! Dann können wir morgen vormittag hier unsere Zelte abbrechen und nach Miami überwechseln.« Henderson war schon aufgestanden. »Ich fahr’ dann«, sagte er, »bin sicher bald zurück.«
Diesmal war nicht damit zu rechnen, daß sie lange warten mußten. Das Hotel war nur etwa acht Meilen entfernt. Ein Gespräch an der Rezeption, das Blättern im Register, vielleicht noch ein Telefonat mit einem Angestellten, der schon Feierabend hatte, das alles konnte in einer Viertelstunde erledigt sein. Sie nahmen daher an, daß Henderson schon nach einer knappen Stunde zurückkehren würde.
Sie blieben zusammen, erörterten die neuen Informationen und stellten dann einen Zeitplan für ihre nächsten Schritte auf.
Um Viertel vor eins war Henderson wieder da. Es hatte doch etwas länger gedauert, weil er zuerst zum Barkeeper gegangen war und dieser ihm geraten hatte, den Schichtwechsel um Mitternacht abzuwarten. Dann werde ein Freund von ihm den Dienst antreten.
Hendersons Rapport war kurz und bündig: »Die Eintragung im Hotelregister lautet auf den Namen Robert Kastner. Das Zimmer wurde per Telefax aus Hamburg bestellt. Es war Kastners zweiter Aufenthalt im LINDAVISTA.«
»Danke«, sagte Olaf. »Gute Arbeit! Also reisen wir morgen früh …, nein, heute früh ab.«
Und dann bekam Henderson schon wieder einen Auftrag. In Miami sollte er vier Hotelzimmer reservieren lassen und außerdem vier Flugpassagen buchen.
39
In ihrem Mietwagen, einem FORD GALAXIE, fuhren Federico und Ernesto über den Highway. Ernesto lenkte das schon ältere anthrazitfarbene Fahrzeug, bei dessen Auswahl nicht zuletzt die Lackierung eine Rolle gespielt hatte. Beide trugen dunkle Overalls und schwarze Mokassins aus geschmeidigem Leder.
Der größte Teil der für ihren nächtlichen Einsatz bestimmten Ausrüstung lag auf dem
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