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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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dargelegte Sachverhalt nicht dem Normalfall entsprach, bei dem der Reeder nur der Transporteur, nicht aber der Eigner der Fracht ist. Die Reederei-Angestellten kannten die Zusammenhänge, die Engländer jedoch nicht, und so fragte Freeman denn auch nach: »Die gesamte Ladung gehörte Ihnen?«
    »Ja.«
    Olaf kam nun nicht mehr umhin, seinen Besuchern ein paar Kapitel der eigenen Familiengeschichte zu erzählen, was fast eine Viertelstunde in Anspruch nahm, obwohl er sich auf das Wesentliche beschränkte. Auch die MuñozErbschaft mußte erwähnt werden, erklärte sie doch den Transport der Kupferbarren. Als er geendet hatte, nickten Freeman und Chambers, und sie machten dabei durchaus freundliche Gesichter, doch ob das, was sich hinter ihren Stirnen abspielte, ebenso freundlich war, blieb verborgen.
    »Wenn tatsächlich eine Bombe im Spiel war«, sagte Chambers, »oder auch mehrere, dann müssen wir uns fragen, ob die Reederei Feinde hat. Die geschilderte Wettkampfsituation läßt, bei oberflächlicher Betrachtung, den Schluß zu, die konkurrierende Theunissen-Reederei sei der Feind. Aber wir alle wissen, daß ein Anschlag aus dieser Ecke sinnlos wäre. Ihr Vetter hätte durch ihn nicht den geringsten Vorteil, weil der entstandene Schaden von der Versicherung getragen wird, und das ist ihm bekannt. Also ergibt sich die Frage, ob die Reederei woanders Feinde hat, und zwar solche, denen es egal ist, ob der Schaden ersetzt wird oder nicht.«
    »Ich bin der Älteste hier im Haus«, sagte Wessel, »und ich weiß, wir haben keine Feinde, jedenfalls nicht solche, die unsere Schiffe versenken.«
    Die anderen stimmten ihm zu, und daraufhin sagte Freeman: »Vielleicht hat der Anschlag mit der Ladung zu tun. Wenn ich mir diese chilenische Erbschaftsgeschichte vor Augen führe, sehe ich eine Familie, die den Abtransport des Kupfers zumindest bedauert haben könnte. Gewiß, auch der diesbezügliche Schaden ist abgedeckt, aber weiß das der Laie? Geht er nicht möglicherweise davon aus, daß er, wenn er das Schiff versenkt und mit dem Schiff das Kupfer, den lästigen Miterben eins auswischt?«
    Wieder entstand ein längeres Schweigen. Schließlich sagte Olaf: »Nach Auskunft der chilenischen Anwälte ist die Erbmasse gewaltig. Derartige Rachegelüste halte ich deshalb für unwahrscheinlich.«
    »Unwahrscheinlich«, meinte Freeman, »ist nicht das gleiche wie ausgeschlossen. Wir müssen dieser Spur auf jeden Fall nachgehen.«
    »Tun Sie das«, sagte Olaf. »Aber ich bitte Ihre Gesellschaft, den Schadensfall – unabhängig von Ihren Recherchen – zügig abzuwickeln, denn was die Nachforschungen bei der Familie Muñoz auch zutage fördern mögen, es wird an der mir gegenüber bestehenden Zahlungspflicht Ihrer Firma nichts ändern.« Freeman nickte, trank seinen Kaffee aus, winkte ab, als Frau Mischke nachschenken wollte.
    »Auch ein anderer Punkt«, ergänzte Olaf, »sollte noch zur Sprache kommen. Wie wir wissen, hat sich das Unglück in flachem Wasser ereignet, dazu bei ruhiger See und am hellichten Tag. Die Sache ist also äußerst mysteriös, und ich habe größtes Interesse daran, sie aufzuklären. Besteht die Möglichkeit, daß Ihre Gesellschaft ein Taucher-Team runterschickt? Dann bekämen wir Aufschluß über die Ursache der Explosion.«
    »Das ist bei uns bereits erwogen, aber noch nicht entschieden worden«, antwortete Freeman. »Nach Ihren …«, er sah den Kapitän an, »Informationen und dem Studium der Seekarten und nach eingehenden Gesprächen mit unseren Experten gehen wir davon aus, daß es an der Unglücksstelle zwischen zwei- und dreihundert Metern tief ist. Wenn Sie sich jedoch …«, wieder sah er Hollmann an, »bei Ihrer Berechnung vielleicht geringfügig geirrt haben sollten, kann Ihr Schiff auch achthundert oder tausend Meter tief liegen. Sie wissen, die steilen Abhänge am Meeresgrund entsprechen in der Regel der benachbarten Küsten-Topographie, in diesem Falle der steilen Kordillere. Taucher hinunterzuschicken wäre also ein sehr teures Unternehmen mit höchst unsicherem Ausgang.«
    »Was aber«, fragte daraufhin Olaf, »wenn Ihre Gesellschaft Abstriche bei der Leistung vornehmen will und sich dabei auf die Argumente stützt, die Sie anfangs vorgetragen haben? Überalterte Tanks, Korrosion, geplatztes Metall und so weiter. Dann käme sie um eine TauchAktion nicht herum, denn für eine solche Argumentation würde ich hieb- und stichfeste Beweise verlangen, und die lassen sich nur von da unten
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