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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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gleich nach dem turbulenten Hagelschlag war die Sonne durchgekommen, und sie hatten die Fahrt fortgesetzt. Einmal hatte Jacob ihn gefragt: »Wie gefährlich ist nach deiner Meinung das, was du vorhast, denn nun wirklich?« Und er hatte ihm antworten müssen: »Ich weiß es nicht, kann es nicht einschätzen, weil ich den Gegner nicht kenne. Wenn ich allerdings das zum Maßstab nehme, was er bisher gezeigt hat, muß ich ihn äußerst ernst nehmen.«
    »Wirst du dich aus der Sache zurückziehen, wenn es zu riskant wird, und ohne Ergebnis nach Haus fahren?« war Jacobs nächste Frage gewesen.
    Wieder war die Antwort ihm schwer geworden und dann auch nur ausweichend ausgefallen. Er hatte von seinem Motiv gesprochen, das sich mehr und mehr verlagere. Nicht mehr der Wettkampf, der mögliche Sieg und damit die Aussicht, Herr der gesamten Theunissen-Flotte zu werden, ständen für ihn jetzt im Vordergrund, sondern die Entschlossenheit, sich von jedem Vorwurf, jedem Makel zu befreien. Das würde die Entscheidung, alles hinzuwerfen und nach Deutschland zurückzukehren, sicher erschweren. »Und wenn«, so hatte er gesagt, »schon ich mit meinen beiden Helfern und mit dem Einsatz von viel Geld und Zeit und Mut es nicht schaffe, den schweren Verdacht von mir zu nehmen, dann traue ich’s der Justiz erst recht nicht zu.« Und dann hatte er noch hinzugefügt: »Die Schiffe, mein Gott, sie interessieren mich nur noch am Rande. Es geht um viel mehr, denn eins ist ja wohl klar. Wenn ich als Reeder erledigt bin, dann bin ich es als Holzimporteur auch.« Er trank einen Schluck, setzte sein Glas ab, fuhr sich mit der Hand übers Kinn, war zufrieden mit den Stoppeln. Seit drei Tagen hatte er sich nicht rasiert und also schon den Anfang gemacht mit seiner kleinen Maskerade. Die Jungens haben recht, dachte er, auch in Chile kann mein Aussehen einigen aufmerksamen Zeitungslesern bekannt sein. Ich hoffe nur, daß nicht schon der Kontrolleur auf dem Flughafen zu ihnen gehört. Doch sah er diese Gefahr als gering an. Santiago war nicht Valparaiso, und wenn ein Fall in der Provinz Wellen schlug, mußten sie nicht in unverminderter Stärke auch in der Hauptstadt zu spüren sein.
    Noch immer hatte er die Augen geschlossen, und nun nickte er sogar ein, wurde erst wieder wach, als die Stewardess den Anflug auf Santiago meldete und die Passagiere bat, sich anzuschnallen und die Rückenlehnen geradezustellen.

18
    Das LOS ANDES war ein Hotel der Mittelklasse und lag im Stadtkern von Valparaiso. Um genau neunzehn Uhr betrat Olaf die Lounge, die die ganze Tiefe des Hauses durchmaß und sowohl Fenster zur belebten Avenida Chacabuco wie auch zu dem mit Palmen und Kakteen bestandenen Patio hatte. Er entdeckte die beiden Spanier an der rechten Seite des etwa hundert Quadratmeter großen, mit Sesseln und Kacheltischen ausgestatteten Raumes und ging auf sie zu. Es wurde eine herzliche Begrüßung, war doch seine Ankunft nach der mit falschem Paß angetretenen Reise nicht ganz selbstverständlich gewesen. Die beiden hatten eine Flasche chilenischen Rotwein auf dem Tisch, und nun brachte der Kellner ein drittes Glas. Federico wartete mit einer kleinen Überraschung auf: »Wir haben den Schrottplatz gefunden. Das heißt, wir waren zwar noch nicht da, aber wir wissen, wo er liegt.«
»Wie haben Sie denn das so schnell rausgekriegt?« »War nicht schwer«, antwortete Ernesto. »Wir haben uns einen Leihwagen genommen, und heute nachmittag hab’ ich an einer Tankstelle gefragt, wo ich mein altes Auto loswerden kann. Der Mann hat es uns auf der Landkarte gezeigt. Und es gibt tatsächlich nur diesen einen Platz. Er liegt auf der Strecke nach Santiago, etwa auf halbem Weg. Der Tankwart schlug allerdings vor, daß ich doch bitte ihm den Wagen zum Ausschlachten bringe, und ich hab’ gesagt, ich würd’s mir überlegen.« Er zog eine Straßenkarte aus der Innentasche seiner Jacke, breitete sie auf dem Tisch aus. »Hier«, sagte er und tippte auf einen Ort mit dem Namen Curacavi. »Ein Stück nördlich davon, wenige Kilometer.«
    »Und es ist«, fragte Olaf, »wirklich der einzige im ganzen Land?«
»Der Mann behauptet das«, sagte Federico, »und er wird es wissen. Er selbst besorgt sich da manchmal irgendwelche Ersatzteile, was meistens schneller geht als über eine Werkstatt und auch billiger ist. Nur muß man sie eigen händig aus den Wracks rausmontieren und dann an der Kasse bezahlen.«
    »Und genauso sollten wir es morgen machen«, meinte Ernesto. »Es

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