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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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seinen Kleiderbestand noch einmal durchsehen, hier und auch im Haubarg, und außerdem mit Ihrem Hausmädchen sprechen. Sie sagten vorhin, heute sei sie nicht da. Kommt sie am Abend zurück?«
»Nein, erst morgen. Maria ist in Eckernförde zu Haus, heiratet in Kürze, und für heute hat sie um einen freien Tag gebeten. Sie will das Aufgebot bestellen.«
»Wenn wir uns, zusammen mit Ihnen, die Kleiderschränke Ihres Mannes ansehen, muß doch festzustellen sein, ob er sich für eine längere Reise ausgerüstet hat.«
»Wohl kaum. Er haßt es, mit Koffern unterwegs zu sein. Sein Hauptgepäckstück ist immer die Brieftasche, und wenn er beschließt, irgendwo länger zu bleiben, kauft er sich, was er braucht.«
Es war ein anerkennender Blick, den Jacob seiner Mutter zuwarf. Sie hatte die Möglichkeit, für arrogant und snobistisch gehalten zu werden, in Kauf genommen und gleichzeitig dafür gesorgt, daß der Kommissar sich durch etwaige von ihrem Mann zurückgelassene oder aber mitgenommene Dinge keinen Aufschluß erhoffen konnte. Entsprechend hilflos reagierte Ladiges denn auch. Er schüttelte den Kopf, machte sich ein paar Notizen und fragte dann:
»Wissen Sie, ob er in jüngster Zeit von einem seiner Konten einen größeren Betrag abgehoben oder irgendwohin überwiesen hat?«
»Glauben Sie allen Ernstes«, fragte Jenny zurück, »ich hätte eine Kontrolle über seine Finanzen? Da müssen Sie mit dem Buchhalter sprechen.«
»Hab’ ich schon. Auf den Reedereikonten sind keine privaten Bewegungen festzustellen.«
»Also wird es sie nicht gegeben haben.«
»Es könnte ein Konto existieren, von dem nur die Familie weiß. Vielleicht in der Schweiz.«
»Was soll ich dazu sagen? Sie müssen Ihre Vermutungen anstellen, und wenn Sie meinen, irgendwo sei was zu finden, müssen Sie danach suchen.«
Jacob freute sich abermals, die Mutter so souverän antworten zu hören.
»Herr Theunissen«, wandte Ladiges sich nun an ihn, »Sie arbeiten ja mit Ihrem Vater zusammen. Wissen Sie von einer größeren Abbuchung oder einem Transfer?« Jacob schien der Hafer zu stechen, denn er antwortete: »Ja, da gab es kürzlich eine interessante Überweisung. Fünfhunderttausend Mark.«
»Was? Fünfhunderttausend?« Ladiges schrieb, aber plötzlich hielt er inne und sah Jacob böse an: »Wofür war das Geld?«
»Für die Kaution.«
»Das hab’ ich mir gedacht, Sie Spaßvogel! Naja, das Geld ist weg, wenn Ihr Vater nicht wieder in unsere Obhut gelangt.« Mutter und Sohn nickten einsichtsvoll, ja, fast freundlich. Leicht gereizt setzte Ladiges die Befragung fort: »Also, nun mal im Ernst, wissen Sie von irgendwelchen Transfers?«
»Natürlich wird in beiden Firmen viel Geld bewegt«, sagte Jacob. »Das ist normal.«
»Ich meine nicht die geschäftlichen, sondern die persönlichen Konten.«
»Wenn es sie gibt, kann ich darüber ebensowenig sagen wie meine Mutter. Darum nennt man sie ja auch persönlich.«
»Mein Gott, über so etwas redet man doch in der Familie!«
»Oh, da kennen Sie unsere Familie schlecht. Über Geld wird nicht gesprochen. Ist einfach kein Thema.« Wieder schien Ladiges in Hilflosigkeit zu verfallen, denn er schwieg eine Weile und ließ seinen Blick unruhig hin und her wandern. Doch dann nahm er Zuflucht zu den Dingen, die sein tägliches Geschäft waren: »Okay, Sie sind also am Freitag gegen elf Uhr wieder im Haus gewesen und haben erfahren, daß Ihr Vater, ohne sich zu verabschieden, weggegangen war.«
»Ja, und nach seiner Erklärung, er könne die Last nicht mehr aushaken, war durchaus damit zu rechnen, daß er am Abend nicht zurückkommen würde.«
»Und was haben Sie selbst ab elf Uhr gemacht? Bitte, möglichst genau!«
»Ich muß überlegen.« Und das tat Jacob, wenn auch in anderer Weise, als er den Kommissar glauben ließ. Um neun, dachte er, sind wir gestartet. Gegen elf waren wir an der dänischen Grenze, um eins in Apenrade, wo wir uns trennten. Gegen halb drei war ich dann in Kiel.
Kiel hatte zur Strategie gehört, denn sie waren sich klar darüber gewesen, daß die Polizei die Angehörigen nach dem Ablauf des Fluchttages befragen und ihre Angaben überprüfen würde. »Meine Mutter und ich«, begann er schließlich, »saßen erst mal eine ganze Weile betroffen da. Ob Sie ermessen können, was es heißt, wenn einer der Allernächsten erklärt, er müsse sich einem entsetzlichen psychischen Druck entziehen, und dann tatsächlich geht? Mindestens anderthalb Stunden haben wir im Wohnzimmer gesessen, haben sogar überlegt,

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