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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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verbreiten sich. Sie dürfen nicht vergessen, das alles geschah kurz vor dem Fall der Mauer, und da hatten einige Wärter die Zügel schon etwas gelockert. Ich muß wirklich sagen, Sie haben sich für Ihre Flucht einen verrückten Zeitpunkt ausgesucht, nur ein Jahr vor der Öffnung der Grenze!«
»Das wußte ja keiner im voraus. Wenn wir auch nur die leiseste Ahnung gehabt hätten, wären wir geblieben und hätten einfach abgewartet. Aber weiter mit diesem entsetzlichen Film! Wer hat meinen Sohn gespielt?«
»Ein Oberleutnant, ein kleiner, schmächtiger Mann. Der konnte im Halbdunkel glatt als Sechzehnjähriger durchgehen.«
»Den Namen bitte!«
»Wir haben noch gar nicht über den Preis gesprochen.«
»Ich zahle gut, verlassen Sie sich darauf!«
»Den Namen kenne ich leider nicht, aber …«
Plötzlich ekelte Kämmerer sich vor Georg Schöller, ja, er spürte, wie Wut und Haß in ihm aufstiegen.
»… einer, der über den Film auch was weiß, ist Horst Fehrkamp, ein Veteran. Der muß an die Siebzig sein, hat nur noch ein Bein. Aber vielleicht hat er sich, wie so viele der Großen, verkrochen.«
Kämmerer notierte sich den Namen, fragte dann: »Was hatte der mit der Sache zu tun?«
»Er gehörte auch zu der Abteilung, die für den PsychoTerror zuständig war. Sie können sich nicht vorstellen, wie man die Häftlinge schikaniert hat! Ich hab’ Leute erlebt, die von sechsstündigen Verhören zurückkamen und nicht mehr wußten, wie sie hießen und wo sie zu Hause waren. Die waren so fertig, daß sie jedes Geständnis unterschrieben, egal, was drinstand.«
Kämmerer legte einen Tausendmarkschein auf den Tisch. Die Frau nahm das Geld, sah ihren Bruder an und sagte sehr bestimmt:
»Ich werde es für dich verwahren. Das ist besser.«
Schöller nickte, und dann erklärte er:
»Wenn sie fünfhundert drauftun, kann ich noch was über diesen Fehrkamp erzählen.«
Kämmerer, der sein Geldbündel schon wieder eingesteckt hatte, zog einen Fünfhunderter hervor.
»Fehrkamp hat Verwandte im Westen. In HamburgBlankenese. Da wohnt seine Tochter. Und sein Schwiegersohn. Der arbeitet als Ingenieur bei einer großen Hamburger Baufirma.«
»Woher wissen Sie das?«
»Der Major hat mal davon gesprochen.«
»Wie heißt der Schwiegersohn?«
»Dillinger. Den Vornamen weiß ich nicht.«
Kämmerer schob die fünfhundert Mark erst auf Schöller zu, zog den Schein aber wieder zurück und gab ihn der Frau, die ihn sofort einsteckte. Das könnte eine brauchbare Spur sein! dachte er. Einen zweiten oder gar einen dritten Bauingenieur mit dem Namen Dillinger wird es in Blankenese nicht geben.
Er stellte noch weitere Fragen, doch mehr war aus Schöller nicht herauszuholen, und so verabschiedete er sich, kehrte ins Hotel zurück.
Von seinem Zimmer aus rief er die Auskunft an und bat um die Telefonnummer eines Herrn Dillinger in Hamburg-Blankenese. Und bekam sie. Den Mann gab es also!

8
    Es war früher Abend, als Kopjella den Stadtrand von Hamburg erreichte. Er wollte zum Grindelberg , dort nämlich, im sechsten Stock eines der Hochhäuser, wohnte Horst Fehrkamp. Obwohl die HADEX ihn unter dem Namen Jan Hork im niederländischen Vlissingen sicher untergebracht hatte, war er nach Deutschland zurückgekehrt.
    Zwanzig Minuten brauchte Kopjella dann noch, um an sein Ziel zu gelangen, und danach fast eine Viertelstunde, bis er, etwa fünfhundert Meter weiter, einen Parkplatz fand. Aber eine solche Entfernung hatte auch ihren Vorteil. Für den Fall, daß irgend jemand ihn beim Ausund Einsteigen beobachtete, stellte der halbe Kilometer einen beruhigenden Abstand vom Ort des Geschehens dar.
    Er überlegte, ob er den Hauseingang und das Namensschild schon mal überprüfen sollte, entschied sich, weil es noch zu hell war, dagegen, durchstreifte ein paar kleinere Straßen und beschloß, die Wartezeit mit einem Abendessen zu überbrücken.
    Gern hätte er jetzt seine Kinder besucht! Doch das entfiel. Innerhalb der Familie galt die strikte Vereinbarung, ein Treffen mit ihm nur im Ausland zu wagen, und selbst dort mußte es gründlich abgesichert sein.
    Er fand ein Restaurant, ging hinein und suchte sich einen Einzeltisch, bestellte Seezunge mit Salzkartoffeln.
Um halb zehn verließ er das Restaurant, überquerte die Allee und ging auf die Gebäude zu, die, mit einer Vielzahl von unregelmäßig verteilten Lichtern besetzt, vor ihm in den Himmel ragten. Hinter einem dieser Fenster, ging es ihm durch den Kopf, sitzt er und blättert in seinem Schuldbuch.
Er erreichte

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