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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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ihnen mit einem gelassenen ›Herein‹ zu antworten.
Sie traten ein. Zwei Männer. Der eine in Zivil, der andere in einer schwarzen Uniform. Dazu trug er langschäftige Stiefel. Sie entschuldigten sich wegen der Störung, wurden dann aber gleich dienstlich, wandten sich an Brunhilde. Der Zivilist fragte sie:
›Was machen Sie in diesem Haus?‹
›Ich besuche meine Freundin‹, sagte sie.
›Für länger?‹ fragte der andere und zeigte dabei auf den Koffer.
›Ja, für ein paar Tage.‹
›Ist das Ihr Koffer?‹ fragte dann wieder der erste. ›Ja.‹
Und nun setzte er das Verhör allein fort, während sein uniformierter Kollege im Zimmer auf und ab ging und in alle Ecken spähte.
›Was ist in dem Koffer?‹
›Was man so braucht, Kleider und Wäsche.‹
›Öffnen Sie ihn!‹
›Das muß ich nicht‹, sagte Brunhilde. ›Ich weiß ja nicht mal, wer Sie sind.‹
Es war natürlich ein von vornherein aussichtsloses Manöver. Trotzdem, der Mann ließ sich darauf ein, zog seinen Ausweis hervor und hielt ihn ihr hin. ›Gestapo‹, sagte er und dann aber: ›Damit wissen Sie auch, daß Sie unseren Anordnungen Folge zu leisten haben. Also, öffnen Sie Ihren Koffer!‹
Sie stand auf, nahm den mittelgroßen schwarzen Lederkoffer in die Hand, legte ihn auf den Schreibtisch, ließ die beiden Schlösser aufschnappen, hob den Deckel.
Beide Männer starrten auf den Inhalt, bis der Uniformierte schließlich fragte:
›Packen Sie immer so unordentlich?‹
›Ich hatte es sehr eilig‹, antwortete sie.
›Warum?‹
›Weil es schon so spät war. Ich bin in der Uni aufgehalten worden.‹
Der Zivilist nahm mit spitzen Fingern eine Bluse heraus und sagte:
›Ziehen Sie die mal an, aber nicht einfach über die Kleidung, die Sie jetzt anhaben.‹
›Ich denke nicht daran, mich vor Ihnen auszuziehen.‹
›Das müssen Sie aber. Ich will wissen, ob Ihnen diese Klamotten überhaupt passen. Wir drehen uns sogar um.‹
Und das taten sie auch, wandten sich zur Seite und sahen an die Wand.
Es blieb Brunhilde nichts anderes übrig, als ihre eigene Bluse aus- und die meiner Mutter anzuziehen, und … , was sagen Sie nun? Sie paßte! Das hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Aber es war so. Und auch Brunhilde hatte wohl nicht damit gerechnet, denn während sie noch beim Umziehen sehr beklommen dreingeblickt hatte, zeigte sie nun, als die Bluse so trefflich saß, ein geradezu herausforderndes Lächeln.
›Genügt Ihnen das?‹ fragte sie.
Der Zivilist schwieg. Statt seiner trat wieder der Uniformierte in Aktion, durchwühlte den Koffer, wollte wissen:
›Wo ist die Zahnbürste, die Zahnpasta? Überhaupt, wo sind die Toilettensachen? Die nimmt man doch mit, wenn man woanders übernachtet.‹
›Ich sagte doch schon, ich hatte es eilig. Darum hab’ ich die Hälfte vergessen. Aber was ich brauche, kriege ich von meiner Freundin.‹
›Und wo werden Sie schlafen?‹
Da antwortete ich schnell: ›In meinem Zimmer, und ich schlafe bei meiner Schwester. Als zweites Bett steht da eine Couch.‹
Kurzum, die beiden gaben auf. Das dachten wir jedenfalls. Sie entschuldigten sich sogar und verschwanden. Ich weiß nicht, ob Sie sich vorstellen können, wie Brunhilde und mir zumute war, als wir die Haustür zuklappen hörten. Wir liefen ans Fenster und konnten beobachten, wie sie einstiegen und davonfuhren. Und wieder warfen wir uns in die Sessel, diesmal erlöst, frei, überglücklich.
Brunhilde mußte dann sofort los. Sie wollte unbedingt zu einem Kommilitonen, um ihn zu warnen, und so verließ sie, wenige Minuten nachdem die Männer weggefahren waren, das Haus, nahm den Hinterausgang. Der Koffer blieb bei mir.
Ich wollte ihn grad auspacken, da stand meine Schwester in der Tür.
›Wer war das denn?‹ fragte sie.
›Ach, niemand Besonderes.‹
›Ich find’ das blöd, Mami und Papi sind für anderthalb Stunden weg, und schon habt ihr zwei Männer zu Besuch. Und dann noch so komische. Von dem einen würde Papi sagen: Selbst die Uniform reißt ihn nicht raus. Na, meine Freunde sind’s ja nicht.‹
›Beruhige dich, unsere sind es ebensowenig. Und nun laß mich bitte allein! Ich muß noch was nachlesen.‹
Sie zog auch wirklich wieder ab. Gleich darauf klingelte es schon wieder. Laura öffnete, und ein paar Sekunden später hörte ich am Gepolter, daß es diesmal eher vier Männer waren, die die Treppe heraufkamen.
Es waren dann sechs. Ich geriet natürlich in hellste Aufregung, denn das konnte nichts anderes bedeuten als eine systematische

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