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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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das nie so richtig deutlich. Deshalb habe ich auf diesem Gebiet einen Instinkt entwickelt. Egal was ich intus habe, das vernachlässige ich nie. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du bist blütenrein. Keine Penetration ohne Präser. Das ist mein Motto …«
    »Danke. Ich bin erleichtert, das zu hören.«
    »Möchtest du nicht wissen, was wir gestern Abend genau gemacht haben?«
    »Nächstes Mal«, seufzte Aomame. »Irgendwann kannst du mir mal alles genau erzählen. Aber nicht jetzt. Mir würde wahrscheinlich der Schädel platzen.«
    »Verstehe. Dann demnächst«, sagte Ayumi heiter. »Aber weißt du, Aomame, schon seit heute Morgen muss ich daran denken, was für ein tolles Team wir doch sind. Darf ich dich wieder anrufen? Natürlich nur, wenn du wieder mal so was machen willst wie gestern.«
    »Klar«, sagte Aomame.
    »Freut mich.«
    »Vielen Dank für deinen Anruf.«
    »Gute Besserung«, sagte Ayumi und legte auf.
    Gegen zwei Uhr nachmittags war Aomame dank des schwarzen Kaffees und eines Schläfchens völlig wiederhergestellt. Glücklicherweise waren auch die Kopfschmerzen verschwunden. Nur eine leichte Benommenheit war zurückgeblieben. Aomame packte ihre Sporttasche und verließ das Haus. Natürlich hatte sie ihren Eispick nicht dabei. Nur Kleidung zum Wechseln und ein Handtuch. Wie immer hieß Tamaru sie am Tor willkommen.
    Er geleitete Aomame in den schmalen länglichen Wintergarten. Die großen Fenster zum Garten standen offen, aber die Spitzengardinen waren zugezogen, sodass man von außen nicht hineinschauen konnte. Zierpflanzen schmückten den Raum. Aus einem kleinen Lautsprecher an der Decke ertönte heitere Barockmusik. Eine Blockflötensonate mit Cembalo-Begleitung. Die alte Dame lag bereits bäuchlings auf dem Massagebett in der Mitte des Raumes. Sie trug einen weißen Bademantel.
    Als Tamaru gegangen war, zog Aomame sich um. In ihrem Trikot konnte sie sich besser bewegen. Die alte Dame drehte den Kopf und sah zu, wie Aomame sich umkleidete. Aomame störte es nicht sonderlich, wenn eine Angehörige ihres eigenen Geschlechts sie nackt sah. Beim Sport war das etwas ganz Alltägliches, und die alte Dame war bei der Massage ebenfalls fast nackt, denn dann konnte man sich leichter des Zustands der Muskeln vergewissern. Aomame entledigte sich also ihrer Baumwollhose und ihrer Bluse und zog ihr Trikot an. Sie legte die Kleidungsstücke zusammen und stapelte sie in einer Ecke des Raumes.
    »Sie haben einen sehr geschmeidigen Körper«, sagte die alte Dame. Sie erhob sich und zog den Bademantel aus. Sie trug jetzt nur noch seidene Unterwäsche.
    »Vielen Dank«, sagte Aomame.
    »Ich hatte früher eine ähnliche Figur.«
    »Das sieht man«, antwortete Aomame. Auf jeden Fall, dachte sie. Auch jetzt noch, obwohl die alte Dame weit über siebzig war, sah man noch ganz deutlich, dass sie einst eine sehr gute Figur gehabt hatte. Sogar ihre Brüste hatten eine gewisse Elastizität bewahrt. Durch eine maßvolle Ernährung und tägliche Bewegung hatte ihre natürliche Schönheit sich erhalten. Aomame vermutete, dass auch ein paar Eingriffe hier und da ihren Teil dazu beigetragen hatten. Die Augen- und Mundwinkel waren gestrafft.
    Die alte Dame kräuselte leicht die Lippen. »Besten Dank. Aber kein Vergleich zu früher.«
    Aomame gab keine Antwort darauf.
    »Mein Körper hat mir und auch anderen immer viel Freude bereitet. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?«
    »Ich glaube schon.«
    »Und Sie? Amüsieren Sie sich auch?«
    »Manchmal«, sagte Aomame.
    »Manchmal könnte zu wenig sein«, erklärte die alte Dame, auf dem Bauch liegend. »Man muss das Leben genießen, solange man jung ist, sonst ist es zu spät. Nach Herzenslust. Denn wenn man alt ist und es nicht mehr kann, wärmt die Erinnerung an frühere Zeiten den Körper.«
    Aomame dachte an die vergangene Nacht. In ihrem Anus war das Gefühl einer Penetration zurückgeblieben. Solche Erinnerungen sollten einen im Alter erwärmen?
    Aomame legte die Hände auf den Körper der alten Dame und begann sorgfältig, ihre Muskeln zu dehnen. Die leichte Benommenheit, die sie bis eben noch verspürt hatte, war wie weggeblasen. Seit sie ihr Trikot angezogen hatte und ihre Finger den Körper der alten Dame berührten, waren ihre Sinne geschärft.
    Mit ihren Fingerspitzen fuhr Aomame jeden einzelnen Muskel nach, als würde sie Straßen auf einer Landkarte folgen. Sie erinnerte sich ganz genau an Spannung, Härte und Dehnbarkeit der einzelnen Stränge. So wie ein Pianist

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