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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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sie sich das Gesicht kalt ab und betrachtete ihren nackten Körper in dem großen Spiegel. Sie untersuchte jeden Winkel, aber es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Sie seufzte erleichtert. Gott sei Dank. Dennoch hatte sie das typische Morgen-danach-Gefühl, das nach heftigem Geschlechtsverkehr im Unterleib zurückbleibt. Diese süße Schwäche, nachdem der Körper bis in sein Innerstes aufgewühlt wurde. Auch im Anus spürte sie ein leichtes Unbehagen. Du meine Güte, dachte Aomame und presste die Fingerspitzen an die Schläfen. Ob sie so weit gegangen war? Aber an etwas Schlimmes erinnerte sie sich nicht.
    Noch immer ziemlich benebelt, nahm sie eine heiße Dusche und stützte sich dabei mit einer Hand an der Wand ab. Sie schrubbte sich von oben bis unten mit Seife ab, um sich der Erinnerung an die vergangene Nacht – beziehungsweise des erinnerungsähnlichen, namenlosen Etwas – zu entledigen. Vagina und Anus reinigte sie besonders gründlich. Auch die Haare wusch sie sich. Obwohl der starke Minzegeruch der Zahnpasta ihr zuwider war, putzte sie sich gründlich die Zähne, um den Geschmack, den sie im Mund hatte, loszuwerden. Schließlich sammelte sie Unterwäsche und Strümpfe einzeln vom Schlafzimmerboden auf und warf sie angeekelt in den Wäschekorb.
    Sie überprüfte den Inhalt ihrer Umhängetasche. Ihr Portemonnaie war noch da, Kreditkarte und Bankausweis ebenfalls. Auch das Bargeld in ihrem Portemonnaie hatte sich kaum verringert. Anscheinend hatte sie davon nur das Taxi bezahlt, das sie nach Hause gebracht hatte. Das Einzige, was abhandengekommen war, schienen Kondome zu sein, die sie sicherheitshalber dabeigehabt hatte. Sie zählte. Vier fehlten. Vier? In ihrem Portemonnaie steckte ein zusammengefalteter Zettel mit einer Tokioter Telefonnummer. Sie hatte keinerlei Ahnung mehr, wessen Nummer es war.
    Sie rollte sich noch einmal im Bett zusammen und versuchte sich an die Ereignisse der vergangenen Nacht zu erinnern. Ayumi war an den Tisch der Männer gegangen, hatte ein freundliches Gespräch begonnen, sie hatten zu viert etwas getrunken, und alle hatten sich gut amüsiert. Dann nahmen die Dinge ihren üblichen Lauf. Sie besorgten sich zwei Zimmer in einem Hotel in der Nähe. Aomame schlief, wie abgesprochen, mit dem Mann mit dem schütteren Haar. Ayumi bekam den großen jüngeren. Der Sex war nicht schlecht. Sie stiegen zusammen in die Badewanne, dann befriedigte der Mann sie oral, langsam und fürsorglich. Er wehrte sich auch nicht dagegen, ein Kondom überzustreifen, bevor er in sie eindrang.
    Nach etwa einer Stunde klingelte das Telefon im Zimmer, und Ayumi fragte, ob sie und ihr Partner zu ihnen herüberkommen könnten. Sie wollten noch ein bisschen zusammen trinken. Aomame war einverstanden, und Ayumi und der andere Mann fanden sich gleich darauf in ihrem Zimmer ein. Sie bestellten eine Flasche Whisky und Eis beim Zimmerservice und tranken zu viert weiter.
    An das, was danach geschah, konnte sie sich kaum erinnern. Kurz nachdem sie wieder zu viert gewesen waren, hatte sie sich plötzlich sehr betrunken gefühlt. Ob es am Whisky lag (Aomame trank normalerweise kaum Whisky)? Vielleicht war sie auch, weil sie im Gegensatz zu sonst nicht allein mit dem Mann war und eine Freundin dabeihatte, irgendwie nachlässig gewesen? Sie erinnerte sich verschwommen, dass sie die Partner getauscht und noch einmal Sex gehabt hatten. Genau, dann war ich mit dem Jüngeren im Bett, und Ayumi hat es mit dem Kahlen auf dem Sofa gemacht. Ja, so war es. Und dann … Alles danach war in dichtem Nebel versunken. Sie konnte sich an nichts erinnern. Na ja, auch gut, dachte sie. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Ich habe eben mal richtig über die Stränge geschlagen. Das ist alles. Und wiedersehen werde ich diese Leute bestimmt nicht.
    Aber hatte der zweite Mann auch ein Kondom benutzt? Und vorschriftsmäßig? Diese Frage bedrückte Aomame. Es wäre das Letzte, wegen einer solchen Belanglosigkeit schwanger zu werden oder sich eine Geschlechtskrankheit zuzuziehen. Aber vielleicht war ja alles gut gegangen. Denn auf so etwas achtete sie, auch wenn sie noch so betrunken und benebelt war.
    Musste sie heute arbeiten? Nein. Es war Samstag, der Tag, an dem sie frei hatte. Doch halt, sie musste ja um drei Uhr in der Weidenvilla in Azabu sein und die alte Dame massieren. Tamaru hatte sie doch vor ein paar Tagen angerufen, um den Freitagstermin auf Samstag zu verschieben, weil die alte Dame zu irgendeiner Untersuchung ins

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