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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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zwanzig Bücher waren darin aufgereiht. Irgendjemand – wer, wusste sie nicht – hatte wohl dafür sorgen wollen, dass Aomame sich in ihrem Versteck nicht langweilte. Es waren ausschließlich gebundene Bücher, die allem Anschein nach niemals aufgeschlagen worden waren. Beim Überfliegen der Titel fiel ihr auf, dass es sich vor allem um bekannte Neuerscheinungen handelte. Obwohl man sie wahrscheinlich dem allgemeinen Angebot einer großen Buchhandlung entnommen hatte, war so etwas wie ein Auswahlkriterium erkennbar. Auch wenn sie sich nicht auf bestimmte Interessengebiete bezogen, hatte sich doch jemand etwas dabei gedacht. Bei der einen Hälfte handelte es sich um Sachbücher, bei der anderen um Belletristik. Auch Die Puppe aus Luft war dabei.
    Mit einem kurzen Nicken nahm Aomame dieses Buch heraus und setzte sich auf die in mildes Sonnenlicht getauchte Wohnzimmercouch. Es war schmal, leicht und einigermaßen groß gedruckt. Sie betrachtete den Einband, auf dem der Name »Fukaeri« stand. Sie wog es auf der Handfläche und las die Werbung auf der Banderole. Sie roch daran. Es hatte den charakteristischen Geruch von Neuerscheinungen. Tengos Name war natürlich nicht abgedruckt, dennoch war sein Wesen darin enthalten. Die Sätze hatten seinen Körper passiert. Nachdem Aomame sich etwas beruhigt hatte, schlug sie die erste Seite auf.
    Teetasse und Heckler & Koch waren in Reichweite.

KAPITEL 18
    Tengo
    Ein einsamer stummer Trabant
    »Sie ist vielleicht ganz in der Nähe«, hatte Fukaeri gesagt, nachdem sie auf ihrer Unterlippe gekaut und eine Weile ernsthaft überlegt hatte.
    Die Hände auf dem Tisch verschränkt, sah Tengo Fukaeri an. »Ganz in der Nähe? Heißt das, in Koenji?«
    »Man könnte zu Fuß hingehen.«
    Tengo hätte sie gern gefragt, woher sie das wisse, aber eine Antwort hätte er ohnehin nicht bekommen. Das kannte er mittlerweile. Fukaeri musste man konkrete Fragen stellen, die sie mit Ja oder Nein beantworten konnte.
    »Wenn ich also hier in der Gegend suchen würde, könnte ich Aomame begegnen?«, fragte er.
    Fukaeri schüttelte den Kopf. »Einfach herumlaufen hilft nichts.«
    »Sie hält sich zwar in Gehweite von hier auf, aber nur durch Herumlaufen und Suchen kann ich sie nicht finden. Ist es so?«
    »Weil sie sich versteckt.«
    »Versteckt?«
    »Wie eine verletzte Katze.«
    Tengo stellte sich vor, wie Aomame sich zusammengerollt unter irgendeiner modrigen Veranda verbarg. »Warum und vor wem versteckt sie sich?«, fragte er.
    Natürlich bekam er keine Antwort.
    »Aber dass sie sich versteckt, bedeutet doch letztlich, dass sie sich in Gefahr befindet, oder?«, fragte Tengo.
    »In Gefahr«, wiederholte Fukaeri und machte ein Gesicht wie ein kleines Kind, dem man eine bittere Medizin unter die Nase hält. Wahrscheinlich beunruhigte sie der Klang des Wortes.
    »Wird sie von jemandem verfolgt oder so?«
    Fukaeri neigte den Kopf leicht zur Seite. Ich weiß nicht, hieß das. »Aber sie wird nicht ewig in dieser Gegend bleiben.«
    »Die Zeit ist also begrenzt.«
    »Ja, begrenzt.«
    »Aber sie versteckt sich irgendwo, wie eine verwundete Katze. Deshalb wird sie nicht gemütlich in der Gegend herumspazieren.«
    »Nein, das macht sie nicht«, sagte das schöne Mädchen entschieden.
    »Also muss ich an einem ganz bestimmten Ort nach ihr suchen.«
    Fukaeri nickte.
    »Was für ein bestimmter Ort?«, fragte Tengo.
    Unnötig zu sagen, dass die Antwort ausblieb.
    »Sie haben Erinnerungen an sie«, sagte Fukaeri nach einer Weile. »Vielleicht nutzen die etwas.«
    »Du meinst, irgendetwas aus meiner Erinnerung könnte mir einen Hinweis auf ihr Versteck geben?«
    Statt einer Antwort kam nur ein leichtes Achselzucken, das eventuell eine zustimmende Nuance enthielt.
    »Danke«, sagte Tengo.
    Fukaeri nickte leicht. Sie sah aus wie eine zufriedene Katze.
    Tengo bereitete in der Küche das Abendessen vor, während Fukaeri die Schallplatten im Regal akribisch durchsah. Nicht dass es besonders viele gewesen wären, aber sie ließ sich Zeit. Am Ende entschied sie sich für ein altes Album der Rolling Stones, legte die Platte auf und setzte die Nadel in die Rille. Tengo hatte sie sich in seiner Oberschulzeit von jemandem geliehen und aus irgendeinem Grund nicht zurückgegeben. Er hatte sie schon sehr lange nicht mehr gehört.
    Zu den Klängen von »Mother’s little helper« und »Lady Jane« machte Tengo ein Pulao aus braunem Reis, Schinken und Pilzen und dazu eine Misosuppe mit Tofu und Wakame-Algen. Er kochte Blumenkohl

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