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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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freundlich, mir seine Urkunde für besondere Verdienste zu zeigen«, sagte Kumi Adachi.
    »Ach, du meine Güte. Also wirklich!«, rief Schwester Omura plötzlich und legte ihre Stäbchen aus der Hand. »Das hatte ich ja völlig vergessen. So etwas Wichtiges! Wie konnte ich nur? Bitte, warten Sie einen Moment hier auf mich. Ich muss Ihnen unbedingt noch heute etwas geben.«
    Schwester Omura wischte sich mit dem Taschentuch den Mund ab, sprang auf, ließ ihr Essen stehen und eilte aus der Cafeteria.
    »Was kann denn nur so wichtig sein?«, fragte Kumi Adachi verwundert.
    Tengo hatte natürlich keine Ahnung.
    Während sie auf Schwester Omuras Rückkehr warteten, verzehrte er pflichtschuldigst seinen Salat. Es waren noch nicht viele Gäste zum Abendessen in der Cafeteria erschienen. Um einen Tisch saßen drei ältere Leute, aber keiner sprach. An einem anderen Tisch saß ein einzelner Mann mit graumeliertem Haar in einem weißen Kittel und las beim Essen mit ernster Miene in der Abendzeitung, die er vor sich ausgebreitet hatte.
    Wenig später kam Schwester Omura mit einer Kaufhaustüte aus Papier zurückgeeilt, aus der sie ein ordentlich gefaltetes Kleidungsstück hervorzog.
    »Ich habe sie seit ungefähr einem Jahr. Herrn Kawanas Verstand war damals noch völlig klar, und er hat sie mir zur Aufbewahrung gegeben«, sagte sie. »Er möchte sie bei der Kremierung tragen. Also haben wir sie reinigen lassen und ein paar Mottenkugeln dazugelegt.«
    Es handelte sich unverkennbar um die Uniform eines Gebührenkassierers von NHK . Die Hose hatte eine ordentliche Bügelfalte. Der Geruch von Mottenpulver stieg Tengo in die Nase, und einen Moment lang verschlug es ihm die Sprache.
    »Herr Kawana sagte mir, dass er in dieser Uniform verbrannt werden möchte«, erklärte Schwester Omura, legte die Uniform wieder säuberlich zusammen und packte sie in die Papiertüte. »Ich übergebe sie jetzt Ihnen, damit Sie sie morgen bei der Bestattungsfirma vorbeibringen und veranlassen können, dass man sie Ihrem Herrn Vater anzieht.«
    »Aber darf man das denn überhaupt? Die Uniform ist doch eine Leihgabe. Eigentlich müsste man sie doch zurückgeben, wenn man in den Ruhestand geht«, sagte Tengo zögernd.
    »Das merkt doch keiner«, sagte Kumi Adachi. »Von uns erfährt es jedenfalls niemand. NHK wird schon nicht pleitegehen, wenn eine alte Uniform verschwindet.«
    Schwester Omura pflichtete ihr bei. »Herr Kawana hat sich dreißig Jahre lang die Hacken für NHK abgelaufen. Dabei hat er sicher einiges mitgemacht. Bestimmt hatte er eine Erfolgsquote zu erfüllen und was nicht alles. Was macht da schon eine Uniform? Sie tun ja nichts Schlechtes damit.«
    »Genau. Ich habe sogar noch meine Schuluniform aus der Oberstufe«, sagte Kumi Adachi.
    »Zwischen der Uniform eines Kassierers von NHK und einer Schuluniform besteht allerdings ein gewisser Unterschied«, wandte Tengo ein, aber niemand schlug sich auf seine Seite.
    »Ach ja, ich habe auch noch so eine Schuluniform im Schrank«, sagte Schwester Omura.
    »Tragen Sie die manchmal für Ihren Mann? Mit weißen Söckchen und so?«, neckte Kumi Adachi sie.
    »Das wäre gar keine schlechte Idee«, sagte Schwester Omura ganz ernst, die Wangen in die Hände gestützt. »Vielleicht würde ihn das vom Sofa locken.«
    »Jedenfalls«, beendete Kumi Adachi das Thema Schuluniformen und sah in Tengos Richtung, »war es definitiv Herrn Kawanas Wunsch, in seiner NHK -Uniform verbrannt zu werden. Und den müssen wir ihm erfüllen. Oder nicht?«
     
    Tengo nahm die Tüte mit der Uniform mit aufs Zimmer. Kumi Adachi begleitete ihn und bezog das Bett. Ein neues Laken, dem noch der Geruch von Stärke anhaftete, eine neue Decke, ein neuer Bettbezug und ein neues Kissen. Als sie fertig war, wirkte das Bett wie ein ganz anderes. Tengo erinnerte sich unvermittelt an Kumi Adachis dichtes Schamhaar.
    »Dein Vater hat zwar die ganze letzte Zeit im Koma verbracht«, sagte Kumi Adachi, während sie das Laken glattzog. »Aber ich glaube nicht, dass er völlig bewusstlos war.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Tengo.
    »Ja, also, manchmal schien er Botschaften an jemanden zu schicken.«
    Tengo stand am Fenster und blickte hinaus, doch nun wandte er sich Kumi Adachi zu. »Was denn für Botschaften?«
    »Dein Vater klopfte an den Bettrahmen. Er ließ die Hand über die Bettkante hängen und machte so was wie Morsezeichen – daadada daada da – so in der Art.« Kumi Adachi klopfte leicht mit der Faust an den Holzrahmen des

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