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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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in deren Körper abgelegt. Die bewegungsunfähige Raupe diente der Wespenbrut als Nahrung und wurde von ihr bei lebendigem Leibe verzehrt.
    Nur die Ruhe, sagte Ushikawa zu sich selbst. Ich brauche ja hier nicht ewig zu warten, dass Tengo nach Hause kommt. Er wird sich ohnehin nur schlafen legen, egal wann er kommt. Und er hat ja nur diese Bruchbude. Nehme ich an.
    Ermattet zog er Hose und Pullover aus und kroch in seinem langärmligen Hemd und den langen Unterhosen in den Schlafsack. Er rollte sich zusammen und schlief sofort ein. Sein Schlaf war extrem tief, er glich fast einem Koma. Im Einschlafen kam es ihm vor, als klopfe jemand an die Wohnungstür. Doch sein Bewusstsein hatte seinen Schwerpunkt bereits in eine andere Welt verlagert. Er konnte die Dinge nicht mehr richtig unterscheiden. Bei dem gewaltsamen Versuch schrie sein gesamter Körper auf. Also ließ er sich wieder in den Morast seines tiefen Schlafs sinken, ohne die Lider zu öffnen und dem Ursprung des Geräusches nachzugehen.
    Etwa dreißig Minuten nachdem Ushikawa eingeschlafen war, verabschiedete Tengo sich von Komatsu und ging nach Hause. Er putzte sich die Zähne, hängte sein verrauchtes Jackett auf einen Bügel, zog seinen Schlafanzug an und ging zu Bett. Er schlief, bis um zwei Uhr morgens das Telefon klingelte und er vom Tod seines Vaters erfuhr.
     
    Als Ushikawa aufwachte, war es kurz nach acht Uhr am Montagmorgen. Tengo saß bereits im Express nach Tateyama und holte den versäumten Schlaf nach. Ushikawa wartete hinter der Kamera, dass Tengo das Haus verließ, um zur Schule zu fahren. Doch natürlich ließ Tengo sich nicht blicken. Um ein Uhr mittags gab Ushikawa auf. Von einem öffentlichen Fernsprecher aus rief er in der Yobiko an und erkundigte sich, ob Tengo Kawanas Unterricht heute wie geplant stattfinden würde.
    »Herr Kawana hat sich beurlauben lassen. Es hat gestern Nacht einen Todesfall in seiner Familie gegeben«, sagte die Frau am Telefon. Ushikawa bedankte sich und legte auf.
    Todesfall? Dabei konnte es sich nur um Tengos Vater, den NHK -Gebührenkassierer, handeln. Dieser Vater lag irgendwo in einem entfernten Sanatorium. Tengo war einige Zeit aus Tokio fort gewesen, um sich um ihn zu kümmern, und war erst vor zwei Tagen zurückgekehrt. Dann war Tengos Vater gestorben. Deshalb hatte er Tokio nun erneut verlassen. Wahrscheinlich, als Ushikawa noch schlief. Wieso habe ich nur so lange und tief geschlafen?, fragte er sich.
    Jedenfalls ist Tengo jetzt völlig allein auf der Welt, dachte Ushikawa. Er war von vornherein allein, aber jetzt hatte er gar niemanden mehr. Seine Mutter war, als er noch nicht einmal zwei Jahre alt gewesen war, in einem Badeort in der Präfektur Nagano erwürgt worden. Den Mörder hatte man nie gefasst. Zuvor hatte die Mutter ihren Mann verlassen. Sie hatte den kleinen Tengo genommen und war mit einem Jüngeren durchgebrannt. Das Wort »durchgebrannt« klang altertümlich. Heutzutage wurde es kaum noch verwendet. Aber in gewissen Fällen passte es sehr gut. Warum der Mann Tengos Mutter umgebracht hatte, war unbekannt. Oder nein, man wusste ja nicht einmal, ob er es überhaupt gewesen war. Die Frau war nachts in ihrem Zimmer in der Pension mit dem Gürtel ihres Morgenmantels erdrosselt worden, der Mann, mit dem sie dort gewesen war, verschwunden. Natürlich hatte man ihn verdächtigt. Das war alles. Der Vater wurde benachrichtigt, reiste von Ichikawa an und holte den kleinen Jungen ab.
    Vielleicht hätte ich Tengo Kawana davon erzählen sollen, dachte Ushikawa. Eigentlich hat er das Recht, davon zu erfahren. Aber er hat ja gesagt, mit einem Menschen wie mir wolle er nicht über seine Mutter sprechen. Also habe ich ihm nichts erzählt. Da kann man eben nichts machen. Nicht mein Problem, sondern seins.
    Ob Tengo nur hier ist oder nicht, mir bleibt nichts anderes übrig, als auszuharren und die Observierung fortzusetzen. Immerhin könnte die mysteriöse Frau von gestern Abend sehr wohl Aomame gewesen sein. Ich habe keinen Beweis dafür, dass sie es tatsächlich war, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß. Das sagt mir mein schiefer Schädel. Er mag nicht besonders gut aussehen, aber sein Radarsystem ist auf dem neusten Stand. Ganz zu schweigen von meinem Instinkt.
    Sollte diese Frau Aomame gewesen sein, würde sie Tengo bestimmt bald noch einmal aufsuchen. Sie wusste noch nicht, dass sein Vater gestorben war. Das vermutete Ushikawa jedenfalls. Tengo hatte die Nachricht wahrscheinlich in der Nacht erhalten und

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