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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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mich klingt das nach einer Denksportaufgabe.«
    »Tut mir leid, aber im Moment kann ich nicht mehr sagen. Irgendetwas Einfaches, das man in jeder Apotheke kaufen kann, reicht aus. Außerdem hätte ich gern ein Handbuch über den weiblichen Körper und seine Funktionen.«
    Tamaru schwieg wieder. Ein hartes, massives Schweigen.
    »Am besten, ich rufe später noch mal an«, sagte er schließlich. »Ist das in Ordnung?«
    »Natürlich.«
    Tamaru brummte kurz und legte auf.
     
    Nach fünfzehn Minuten klingelte erneut das Telefon. Die alte Dame war am Apparat. Aomame hatte ihre Stimme schon so lange nicht gehört, dass sie sich jetzt fast in dem Gewächshaus in Azabu mit den seltenen Schmetterlingen wähnte, in dem die Zeit langsamer als gewöhnlich verstrich.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte die alte Dame.
    Sie führe ein geregeltes Leben, sagte Aomame und erzählte in groben Zügen von ihrem täglichen Training und den Mahlzeiten, die sie zubereitete.
    »Gewiss ist es nicht leicht, das Haus nie verlassen zu können. Aber Sie haben einen starken Willen, deshalb mache ich mir nicht allzu große Sorgen. Sie schaffen das schon. Natürlich wäre es mir lieb, Sie würden mir erlauben, Sie möglichst schnell von hier fort und an einen sicheren Ort zu bringen. Ich kenne den Grund nicht, aus dem Sie unter allen Umständen bleiben wollen, aber ich werde Ihre Wünsche respektieren, soweit es geht.«
    »Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.«
    »Aber nein, ich muss mich bei Ihnen bedanken. Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet.« Eine kurze Stille trat ein, dann sagte die alte Dame: »Ich möchte mit Ihnen über den Schwangerschaftstest sprechen, um den Sie gebeten haben.«
    »Ich habe meine Periode seit fast drei Monaten nicht mehr gehabt.«
    »War sie denn sonst immer regelmäßig?«
    »Mit zehn Jahren habe ich sie zum ersten Mal bekommen. Von da an hatte ich immer auf den Tag genau einen Zyklus von neunundzwanzig Tagen. Pünktlich wie die Mondphasen. Ausgeblieben ist sie bisher noch nie.«
    »Unter den gegenwärtigen Umständen wäre das aber nicht ungewöhnlich. Da kann man schon mal seelisch und körperlich aus dem Gleichgewicht geraten. Manchmal wird dann die Menstruation unregelmäßig oder hört ganz auf.«
    »Das ist noch nie vorgekommen, aber auszuschließen ist es natürlich nicht.«
    »Tamaru zufolge sagten Sie, dass Sie eigentlich nicht schwanger sein könnten.«
    »Den letzten Geschlechtsverkehr hatte ich Mitte Juni. Danach nicht mehr.«
    »Und dennoch halten Sie es für möglich, dass Sie schwanger sind. Dafür gibt es doch sicher einen Grund? Abgesehen davon, dass Sie Ihre Periode nicht hatten.«
    »Ich spüre es einfach.«
    »Sie spüren es?«
    »Ich habe so ein Gefühl in mir.«
    »Das heißt, Sie haben das Gefühl, empfangen zu haben?«
    »Damals, an dem Abend mit Tsubasa, haben wir doch über die Eizellen gesprochen. Dass jede Frau von Geburt an über eine bestimmte Anzahl davon verfügt.«
    »Ich erinnere mich. Eine Frau hat etwa vierhundert Eizellen, die sie monatlich abgibt. Sie meinen dieses Gespräch, ja?«
    »Ich spüre, dass eine davon befruchtet wurde. Es ist eine Art Regung . Ich bin nicht sicher, ob der Ausdruck ›Regung‹ es trifft.«
    Die alte Dame überlegte einen Moment. »Ich habe zwei Kinder zur Welt gebracht. Daher verstehe ich in etwa, was Sie mit ›Regung‹ meinen. Aber mit der Vorstellung, Sie seien schwanger geworden, ohne eine sexuelle Beziehung zu einem Mann gehabt zu haben, bin ich im Augenblick überfordert.«
    »Mir geht es genauso.«
    »Entschuldigen Sie die Frage, aber wäre es möglich, dass Sie bewusstlos waren und jemand währenddessen Geschlechtsverkehr mit Ihnen hatte?«
    »Nein, ich war immer bei klarem Bewusstsein.«
    Die alte Dame wählte ihre Worte sehr sorgsam. »Ich kenne Sie auch nur als besonnene, rational denkende Person.«
    »Auch ich habe mich zumindest immer dafür gehalten«, sagte Aomame.
    »Und dennoch denken Sie, dass sie schwanger geworden sind, ohne mit einem Mann geschlafen zu haben.«
    »Ich glaube, die Möglichkeit besteht«, sagte Aomame. »Natürlich kann es auch völliger Unsinn sein.«
    »Also gut«, sagte die alte Dame. »Warten wir das Ergebnis ab. Ich lasse Ihnen den Test morgen zukommen. Auf die gleiche Art und zur gleichen Zeit, bitte verhalten Sie sich wie sonst auch. Zur Sicherheit verwenden wir am besten mehrere verschiedene Fabrikate.«
    »Vielen Dank«, sagte Aomame.
    »Falls tatsächlich eine Befruchtung stattgefunden hat – wann könnte

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