1Q84: Buch 3
Treppenhaus. Der Kerl hört sich offenbar gern reden, dachte Aomame. Es macht ihm Spaß, andere zu verhöhnen und zu beschimpfen. Man hört seiner Stimme diesen abartigen Genuss an.
»Sie sind aber auch stur, Frau Takai. Ich bewundere Sie. Sie sind verschlossen wie eine Muschel auf dem Meeresgrund. Aber ich weiß, dass Sie zu Hause sind. Sie sind da drin und starren mich durch die Tür an. Vor Aufregung rinnt Ihnen der Schweiß aus den Achseln. Na? Ist es nicht so?«
Dreizehnmaliges Klopfen. Dann hörte es auf. Sie merkte, wie ihr jetzt der Schweiß aus den Achseln rann.
»Also gut. Für heute räume ich das Feld. Aber ich komme wieder. Allmählich finde ich Gefallen an dieser Tür. Es gibt ja alle möglichen Türen, und diese ist gar nicht übel. Sie klopft sich recht angenehm. Es könnte entspannend wirken, regelmäßig vorbeizukommen und ein wenig an ihr zu klopfen. Also dann, Frau Takai, bis bald.«
Dann trat Stille ein. Der Kassierer schien gegangen zu sein. Aber sie hatte keine Schritte gehört. Vielleicht hatte er nur so getan, als entferne er sich, und stand noch vor der Tür. Aomame fasste den Schläger noch fester. Und wartete zwei Minuten in dieser Haltung.
»Ich bin noch da«, sagte der Kassierer. »Hahaha, Sie dachten, ich sei gegangen. Aber ich bin noch da. Ich habe gelogen. Tut mir leid, Frau Takai. So bin ich eben.« Sie hörte ihn husten. Es war ein absichtlich gellender Husten.
»Ich arbeite schon sehr lange in diesem Beruf. Mit der Zeit habe ich gelernt, die Menschen auf der anderen Seite der Türen zu durchschauen. Das können Sie mir glauben. Ziemlich viele machen die Tür nicht auf, um sich vor den Rundfunkgebühren zu drücken. Ich habe seit Jahrzehnten mit solchen Leuten zu tun. Aber Sie, Frau Takai …«
Er klopfte dreimal so heftig wie noch nie.
»Sie sind wie eine Flunder, die sich in den Meeresboden eingräbt. Mimese nennt man so was. Aber am Ende kriegen wir Sie. Jemand wird kommen und diese Tür öffnen. Ganz sicher. Als NHK -Veteran kann ich Ihnen das garantieren. Auch wenn Sie sich noch so geschickt verbergen, letztendlich ist das nicht mehr als billige Mogelei. Das ist doch keine Lösung. Glauben Sie mir, Frau Takai. Aber jetzt muss ich mich wirklich wieder auf den Weg machen. Keine Angst, diesmal ist das keine Lüge. Ich gehe tatsächlich. Aber ich komme bald wieder. Wenn es klopft, bin ich es. Also dann, Frau Takai, auf bald.«
Wieder waren keine Schritte zu hören. Aomame wartete fünf Minuten lang, bevor sie zur Tür schlich, um zu lauschen. Dann spähte sie durch den Spion. Das Treppenhaus war leer. Der Gebührenkassierer schien diesmal wirklich gegangen zu sein.
Aomame legte den Metallschläger auf die Küchentheke. Nachdem sie die Pistole entladen und gesichert hatte, wickelte sie sie in eine dicke Strumpfhose ein und legte sie in die Schublade zurück. Sie ließ sich aufs Sofa fallen und schloss die Augen. Noch immer hallte die Stimme des Mannes in ihren Ohren wider.
ABER AM ENDE KRIEGEN WIR SIE. JEMAND WIRD KOMMEN UND DIESE TÜR ÖFFNEN. GANZ BESTIMMT.
Zumindest war dieser Mann kein Scherge der Vorreiter. Diese operierten in aller Heimlichkeit und nahmen immer den kürzesten Weg. In einem Treppenhaus herumzuschreien, Andeutungen zu machen und Leute zu belästigen war ganz und gar nicht ihr Stil. Aomame dachte an die beiden Leibwächter, den Kahlen und den mit dem Pferdeschwanz. Sie schlichen sich geräuschlos an. Und dann, ehe man es sich versah, standen sie hinter einem.
Aomame schüttelte den Kopf. Sie atmete ruhig ein und aus.
Vielleicht war der Mann tatsächlich ein Kassierer von NHK . In dem Fall war es allerdings sehr seltsam, dass er den Aufkleber, der die Teilnahme am automatischen Einzugsverfahren anzeigte, nicht bemerkt hatte. Aomame hatte sich selbst davon überzeugt, dass ein solcher ordnungsgemäß neben der Tür platziert war. Vielleicht war der Mann ja geisteskrank. Aber dafür klangen seine Reden zu schlüssig und real.
Er erweckte tatsächlich den Anschein, meine Anwesenheit durch die Tür zu spüren, dachte sie. Als habe er intuitiv gewittert, dass ich ein Geheimnis habe. Aber er kann die Tür ja nicht öffnen. Das geht nur von innen. Und ich werde sie unter keinen Umständen öffnen.
Das heißt, dachte sie, so hundertprozentig kann ich das nicht behaupten. Falls Tengo noch einmal auf dem Spielplatz auftaucht, werde ich sie ohne Zögern aufreißen und hinüber in den Park rennen. Ganz gleich, was mich dort erwartet.
Aomame sank in den
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