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1WTC

1WTC

Titel: 1WTC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich von Borries
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Emil Kaufmann diese Form der Architektur aufgrund ihrer autonomen Formensprache zum Wegbereiter der Moderne erklärt.
    »Kommen Sie rein, Sie sind jetzt dran.«
    Die Direktionsassistentin lächelt Tom an und führt ihn durch mehrere Glastüren zum Besprechungsraum. Tom ist nicht besonders nervös, er hat sehr gute Referenzen. Aus der Zeit beim Militär kennt er einige einflussreiche Leute, und die sind schließlich auch an der Sicherheit des neuen World Trade Centers interessiert.
    Im Besprechungsraum wartet eine Gruppe von vier Männern und zwei Frauen, sie sitzen an der Breitseite des langen Tisches. Tom setzt sich auf den freien Stuhl, genau gegenüber der Frau in der Mitte.
    Er ist der letzte Kandidat. Das Bauunternehmen hat die Vorauswahl durchgeführt. Alle anderen Kandidaten waren Bauingenieure, alles ehemalige Soldaten. Doch aus der Sicht von SOM war bislang keiner geeignet. Zu wenig Verständnis für Architektur. Der Baufirma ist das egal, nicht aber den Architekten.
    Die Personalchefin stellt die Runde vor und erläutert die einzelnen Funktionen der Anwesenden. Tom lächelt, er weiß, dass er einen guten ersten Eindruck macht. 1,90 Meter groß, dunkelblond, sportliche Figur. Die Personalchefin beginnt das Gespräch mit Fragen zu seinem Lebenslauf. Kapitän der Football-Mannschaft in der Highschool, College, dann die lange Militärzeit und das Studium. Schließlich kommt das Gespräch auf die für die Bewerbung relevanten Fragen, einer der am Rand sitzenden Männer beginnt eine Art Kreuzverhör. »Haben Sie schon mal im Bereich Sicherheit gearbeitet?«
    »Das neue World Trade Center soll das sicherste Gebäude der Welt werden. Was können Sie dazu beitragen?«, kommt es vom anderen Ende des Tisches.
    Tom wartet einen Augenblick. »Ich habe einige praktische Erfahrungen in Sachen Sicherheit gesammelt. Ich war als Soldat im Irak und in Afghanistan, und da war ich für die Sicherung von Gebäuden zuständig. Ich habe zwar noch nie selbst entsprechende Anlagen entworfen, aber eines habe ich gelernt: Ein Gebäude muss nicht nur sicher sein, sondern auch Sicherheit ausstrahlen. Das tut das neue World Trade Center mit seiner imposanten Form. Aber diese architektonische Botschaft muss sich bis in die Details hinein fortsetzen. Da kann ich mich als Architekt einbringen.«
    »Wie meinen Sie das, das Gebäude strahlt Sicherheit aus?« Diesmal fragt der Mann, der seinen Platz direkt neben der Personalchefin hat. Sie hatte ihn als Bauleiter vorgestellt.
    »Na ja, das Gebäude ist halt kein transparenter Glaskörper wie das Lever House, der Chase Manhattan Tower oder andere bisherige Bauten von SOM. Es verkörpert eher einen neuen Historismus. Es erinnert mich ein bisschen an die französische Revolutionsarchitektur. Es strahlt Kraft aus, und damit auch Sicherheit.«
    »Was halten Sie denn so von SOM?«, will nun die zweite Frau in der Runde wissen. Sie ist die für die Kellergeschosse zuständige Projektarchitektin.
    »Also, wenn ich ehrlich bin…« Mit direkter Ansprache hat er bislang die besten Erfahrungen gemacht. Die militärische Schule eben. »Ich bin kein großer Fan von SOM. Aber das One World Trade Center ist das wichtigste Gebäude, das in der Welt gebaut wird. Und da will ich unbedingt dabei sein.«
    »Sie sind einer der wenigen Architekten, die sich auf diese Stelle beworben haben«, hakt die Projektarchitektin nach. »Die anderen Bewerber waren Ingenieure. Die können alles rund um die Technik. Trauen Sie sich das auch zu? Sie werden sich um die Serverräume im Keller kümmern müssen.«
    Tom überlegt, wie er die Frage am besten beantworten soll. Technisch kann er es mit Bauingenieuren und echten Sicherheitsexperten nicht aufnehmen. »Ich könnte als Schnittstelle zwischen den Architekten und den Ingenieuren fungieren. Ich kenne die Denkweise beider Seiten.«
    Die Runde schweigt, die Personalchefin blickt auf die Uhr. »Hat jemand noch Fragen an den Kandidaten?«
    Alle schütteln den Kopf.
    »Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«, wendet sie sich an Tom.
    »Ja, wann bekomme ich Bescheid?«
    Die Personalchefin lächelt ihn an und kuckt in die Runde. »Ich glaube, Sie müssen auf die Entscheidung nicht lange warten.« Alle nicken.
    »Sie haben den Job.«
    Euphorisiert verlässt Tom das Büro von SOM. Die Direktionsassistentin hat ihm noch ein Paket mit Unterlagen mitgegeben, die er ausfüllen und an sie zurückschicken soll.
    Noch im Treppenhaus ruft er seine Freundin Jennifer an, kann sie aber nicht

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