2 Die Connor Boys: Lieb mich hier und jetzt
offenbar warten, bis sie sicher im Haus war. „Seth? Danke für das Abendessen."
„Ich habe zu danken."
Impulsiv stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Mehr nicht. Die sexuelle Spannung zwischen ihnen machte ihn sichtlich nervös, und Samantha war nicht klar, wie sie sich verhalten sollte. Woher sollte sie wissen, wie weit sie gehen konnte? Aber zumindest konnte er gegen eine unschuldige Geste ehrlicher Zuneigung nichts einzuwenden haben.
Der Kuss dauerte nur Sekunden. Ihre Körper berührten sich nicht, obwohl die Anziehungskraft zwischen ihnen beinahe magnetisch war. Und sie schien nicht die einzige, die diese Anziehungskraft spürte. Einen Moment lang sah sie, wie seine Augen sich vor Leidenschaft verdunkelten.
Und dann umfasste er ihr Handgelenk. Es war das erste Mal, dass er sie spontan berührte. Der Druck seiner Finger schien ihr sagen zu wollen, dass er sie wollte, dass er sie brauchte. Und vielleicht, dass er die gleiche Sehnsucht nach ihr verspürte wie sie nach ihm.
Kaum hatte er ihre Hand wieder losgelassen, da drehte Samantha sich auch schon um und lief zum Haus. Sie wollte den Zauber des Augenblicks nicht zerstören. So gering seine Geste auch gewesen war, so bedeutete sie das erste Zeichen von Vertrauen. Er empfand etwas für
sie, und er versuchte nicht länger, es vor ihr zu verbergen. Samantha verstand, wie schwer es ihm fallen musste, irgendeiner Frau zu vertrauen.
Sie nahm sich vor, ihn in Zukunft nicht mehr in Verlegenheit zu bringen und alles zu unterlassen, was ihn misstrauisch machen könnte.
Seth schleppte gerade zwei Eimer Gips die Treppe hinauf, als das Telefon klingelte. Der nächste Apparat stand in seinem Zimmer, und beim vierten Klingeln erreichte er ihn außer Atem. Es war sein jüngerer Bruder.
„Gordon? Wie geht es? Ich hab' ja seit einer Woche nichts mehr von dir gehört. Nein, nein, ich war hier. Ich war vorhin nur mal kurz fort, um Baumaterial einzukaufen."
Er erhaschte durch das Fenster einen Blick auf grelles Orange.
Er zog an der Telefonschnur und trat näher an das Fenster, um zu sehen, was es war. Sofort sog er scharf die Luft ein.
„Nein, ich habe die Küche gestern fertig bekommen. Es hat eine ganze Woche gedauert, aber jetzt sieht sie großartig aus. Nachdem ich erst mal die Schränke überholt hatte und den Fußboden."
Welche Frau nahm eigentlich mitten in einem Berg von Büchern ein Sonnenbad? Bücher über übersinnliche Phänomene, da war er sicher. Samantha hatte eine Decke auf einem flachen Felsen aus gebreitet, der hoch über der geschützten Bucht lag. Jezzie war bei ihr. Die beiden waren sowieso unzertrennlich geworden. Seth konnte sehen, wie Samanthas schwarzes Haar vom sanften Wind bewegt wurde. Sie trug einen orangefarbenen Bikini, der zudem schändlich knapp war, das heißt, sie hatte sich nur das Unterteil davon angezogen.
Seth fuhr sich nervös durchs Haar. „Ich will heute Nachmittag mit der zweiten Etage anfangen. Letzte Woche habe ich damit begonnen, eine Wand einzureißen, aber bis jetzt bin ich nicht dazu gekommen weiterzumachen. Hier oben wird es ein wenig länger dauern. Bestimmt zehn Tage. Ich werde die Fußböden neu versiegeln müssen..."
Er konnte ihre Brüste nicht sehen, weil sie auf dem Bauch lag, aber er sah den langen, schmalen, sonnengebräunten Rücken. Niemand sonst konnte sie beobachten. Das Stückchen Land an der Küste war noch privat und vom Meer aus nicht einzusehen. Theoretisch hatte sie sich nur vor der Sonne, dem Himmel und Jezebel entblößt.
Und nicht etwa vor ihm.
Sie konnte nicht ahnen, dass er sie bemerkt hatte. Zum einen dachte sie, dass er immer noch einkaufen war. Zum anderen, selbst wenn er zurück sein sollte, dass er im blauen Zimmer arbeitete, denn er hatte ihr gesagt, dass er dort weitermachen würde. Also hatte sie keinen Grund anzunehmen, dass er mitten am Tag am Fenster seines Schlafzimmers stand, dem einzigen Ort im ganzen Haus, von wo er einen Blick auf die Stelle, wo sie lag, werfen konnte.
„Seth?"
„Ja?" Etwas verspätet bemerkte er, dass er mit den Gedanken nicht bei der Unterhaltung gewesen war.
„Ich habe nicht nur angerufen, um zu erfahren, wie deine Arbeit läuft, sondern ich wollte eigentlich wissen, wie es dir so geht."
„Gut. Sehr gut."
„Du hast nicht etwas... Seltsames... im Haus bemerkt? Etwas Ungewöhnliches? Es ist nichts passiert, oder?"
„Es gibt hier so viel Arbeit, dass ich für etwas anderes gar keine Zeit habe",
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