2 Heaven
gestützt, humpelte er hinter seinem Bruder her.
„Bevor wir fahren, komme ich noch einmal vorbei." „Willst du schon los?", fragte Crispin erstaunt. Charly lächelte ihn an und nickte. „Ich denke, ich habe noch eine Verabredung heute Abend."
Dämon drehte sich zu ihr um. „Ich drück' dir die Daumen. Sag Marsberg nicht, dass ich dir den Tipp gegeben habe." Er zwinkerte ihr zu. „Er hat damals im Vertrauen zu mir gesprochen - sozusagen von Arzt zu Patient."
Sie betraten den Salon. Jeremy Willson saß in seinem Rollstuhl. Sein Gesicht war bleich, fast wächsern. Wenn Cris ihn ansah, hatte er immer das Gefühl, Jeremy wäre irgendwie durchscheinend, transparent. Seine Haut war so dünn, dass man die Adern darunter sehen konnte.
Und aus seinen dunklen Augen blitzte eine beängstigende Intelligenz.
„Dämon - Sie Teufel! Sie haben es tatsächlich geschafft!" Dämon lächelte. „Hat mich meine Haare gekostet", scherzte er.
„Ich habe schon davon gehört. Das hätte böse ausgehen können."
Dämon musterte ihn aufmerksam, was Willson nicht entging. „Das Laufen lerne ich auch wieder. Ich war lange ruhiggestellt. Die Muskeln haben sich zurückgebildet." „Es war das Mindeste, was ich für Sie tun konnte - Sie da endlich herauszuholen. Wissen Sie schon, ob Sie eine Entschädigung bekommen?"
Jeremy zuckte mit den Schultern. „Ich weiß gar nicht ob ich Lust auf so einen langwierigen Prozess habe. Freiwillig rücken sie sicher keinen Pfennig raus."
„Von uns bekommen Sie aber eine Entschädigung", sagte Dämon sofort. „Schließlich war unser Vater dafür verantwortlich, dass Sie in der Psychiatrie gelandet sind!" Jeremy winkte ab. „Ich weiß das zu schätzen, Dämon. Aber lassen Sie uns das später besprechen. - Im Moment bin ich erst mal froh, dass ich in Freiheit bin." Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich kann das noch gar nicht fassen." Dämon setzte sich, leise stöhnend. Die kleinen Löcher in seinen Armen und Beinen schmerzten noch immer, ganz zu schweigen von seiner Schussverletzung.
„Bleiben Sie zum Essen, Willson. Dann können wir uns noch ein wenig unterhalten."
Willson nickte bereitwillig. „Sie müssen mir alles erzählen. Wie ich auf den Augenblick gehofft habe, dass die ganze Sache eines Tages auffliegt."
„Weder Glasten noch Larkin hatten irgendein Schuldbewusstsein, was ihre Forschung betrifft. Sie waren unbelehrbar."
Willson nickte. „Das hat sie ja glücklicherweise am Ende umgebracht. - Die ganze Sache wird die Diskussion in England über die Genforschung wieder anheizen."
„Nicht nur das", warf Crispin ein. „Auch die Diskussion um Leben und Tod und die Leute, die versuchen, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen."
„Wie Ihr Vater das versucht hat ..."
Cris und Dämon nickten. Der Gedanke, dass ihr Vater genau das geplant hatte, ließ Cris noch immer erschaudern.
Es dauerte einige Zeit, bis die Reporter verschwanden. Crispin war manchmal kurz davor, dem einen oder anderen den Hals umzudrehen. Doch mit der Zeit beruhigte sich die Lage wieder. Die Wogen glätteten sich.
Arthur Wallady wurde zu einer langen Haftstrafe verurteilt, ebenso wie einige andere Mitarbeiter des Teams von Glasten und Larkin. Viele der anderen Mitarbeiter von Heaven Industries wurden zu Aussagen heranzitiert, einige wurden zu Geldstrafen verurteilt. Heaven Industries musste komplett umstrukturiert werden, viele Angestellte wurden entlassen. Die
Diskussion um die Genforschung entbrannte erneut. Politiker, Theologen und Wissenschaftler lieferten sich täglich hitzige Debatten im Fernsehen. Doch das alles interessierte Crispin nicht.
Dämon trat die Geschäftsleitung an Jeremy Willson ab; dieser blühte förmlich auf in seinem neuen Job. Es hatte keine zwei Wochen gedauert, bis er seinen Rollstuhl in die Ecke stellen konnte. Dämon hatte selten jemanden kennengelernt, der so zielstrebig und ehrgeizig war wie Jeremy. Das war wahrscheinlich der Grund gewesen, warum ihn der Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik nicht das Leben oder zumindest den Verstand gekostet hatte.
Der Bereich der Genforschung bei Heaven Industries, in dem Larkin und Glasten gearbeitet und den sie in die Luft gesprengt hatten, wurde nicht wieder aufgebaut. Gwen und Charly kamen mit Jason aus dem Urlaub zurück. Gwen hatte Glück - sie wurde zu einer Geldstrafe verurteilt; ihre Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesprochen. An der Seite von Jeremy Willson übernahm sie den Posten der Leiterin der neuen
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