2 ½ Punkte Hoffnung
wuscheligen rosa Pantoffeln, die dann irgendwer im Wüstensand an den Füßen haben würde. Manchmal fragte ich mich, ob diese Leute unsere Kleider wirklich wollten oder sie nur für die Fernsehkameras und Bilder in NATIONAL GEOGRAPHIC trugen.
»Ich verkaufe Schokoriegel.« Ich hielt die Sorten Vollmilch und Zartbitter mit Mandeln hoch.
»Hope Elliot, dir kann man kaum widerstehen.« Anita schüttelte den Kopf.
Ruthie verdrehte die Augen. »Vielen Dank, du tauchstgerade dann auf, wenn mein Magen zu knurren anfängt.« Sie sah Anita an. »Werden wir brav sein?«
»Wofür ist das?«, fragte Anita, als ob sie einen wichtigen Grund brauchte, um mit ihrer Diät zu mogeln.
»Sommerlager!« Ich schwenkte den in weißgoldenes Papier gewickelten Riegel durch die Luft. »Superlecker.«
Anita schüttelte den Kopf. »Ruthie. Wir haben gemeinsam elf Pfund abgenommen und Montag ist Wiegetag. Ich hab im Hinterzimmer Möhren und Apfelscheiben.«
»Sind die mit Schokolade überzogen?« Ruthie sah aus, als ob sie Zahnschmerzen hätte.
»Ich kann doch für jede von euch einen hierlassen«, schlug ich vor. »Und wenn ihr bis Montagabend noch ein Pfund abgenommen habt, könnt ihr mich dafür bezahlen.«
»Und was, wenn nicht?«, fragte Ruthie.
»Wenn ihr mich nicht bezahlt?«
»Nein, wenn wir nicht abnehmen.«
»Ich hab’s«, sagte Anita. »Ich kaufe die Schokoriegel und du isst sie, du mageres kleines Ding.« Sie musterte mich von Kopf bis Fuß.
»Das kann ich nicht.«
»Du kannst keine Schokolade essen?« Jetzt sah Ruthie so entsetzt aus, als ob ich gerade meine tägliche Vitaminration verpasste.
Ich zuckte mit den Schultern. »Dr. McKillip sagt, das kann meine Kopfschmerzen schlimmer machen.«
Dr. McKillip hatte zwei Schokoriegel gekauft, als ich meine Zahnschiene abgeholt hatte. »Halt sie unter warmes Wasser, damit sie weicher wird, ehe du sie einsetzt. Du willst dieses teure kleine Teil ja nicht zerbrechen.« Er nickte zur Patienten-Toilette hinüber. »Probier es gleich mal aus.«
Ich stand am Waschbecken und heißes Wasser lief über das durchsichtige Kunststoffgerät. Ging es Leuten mit Gebissen auch so? Hielten sie ihre falschen Zähne in der Hand, rieben sie diese sauber und drückten sie dann wieder an Ort und Stelle? Unheimlich.
Ich drehte den Hahn zu, schüttelte den hufeisenförmigen Abdruck, dann schob ich ihn über meine oberen Zähne. Er war glatt und dick und schob meine Oberlippe vor wie bei einem Affen.
Ich ging wieder ins Sprechzimmer. »Chhlaubassis okay.«
Die Sprechstundenhilfe lächelte, als ich auf den Boden sabberte.
»Wenn du das im Mund hast, wirst du wohl nicht gern mit deinem Freund telefonieren«, meinte Dr. McKillip lächelnd.
Ich zog rasch den Schutz aus meinem Mund und legte ihn wieder in seinen roten Behälter.
Als ich gehen wollte, reichte Dr. McKillip mir ein Blatt Papier. »Ein paar Kopfschmerztipps«, sagte er und hob die Hand zum Abschiedsgruß.
Jetzt, als ich zusah, wie Anita und Ruthie Kleider aussuchten, aufhängten und neu ordneten, wünschte ich, dass auch ich versuchte, abzunehmen statt Kopfschmerzen loszuwerden. Ich wünschte, ich könnte zu ihren wöchentlichen Wiegeabenden gehen (sie nannten das ihre ›Stützgruppe‹)
.
Ich wünschte, ich hätte jemanden, mit dem ich reden könnte, wie Ruthie, die Anita jederzeit mitteilen konnte, dass sie jetzt unbedingt einen Bissen Schokolade brauche. »Iss es nicht«, sagte Anita ihr dann. »Wirf es weg. Mach einen Spaziergang, Herzchen, oder trink ein Glas Wasser.«
Ich wünschte, es gäbe eine Stützgruppe für verbale Misshandlung. Ich würde hingehen. Sogar allein.
KAPITEL 19
Geburtstagswünsche
Ich weiß nie, was ich an meinem Geburtstag erwarten soll. In manchen Jahren macht Mom eine große Show mit Ballons, Luftschlangen, meinem Lieblings-Schokoladenkuchen und einem besonderen Geschenk wie meinem Radiowecker. In anderen Jahren hat sie mir einfach zehn Dollar gegeben und gesagt, ich sollte mir selbst etwas kaufen. Als ich neun geworden bin, hat sie gar nichts gesagt. Mein Geburtstag sauste vorbei wie ein Auto, das einfach eine rote Ampel überfährt. Einige Wochen später fragte Tyler: »Hast du nicht irgendwann bald Geburtstag?«
Im vorigen Jahr kamen Annette und Noelle zu mir, um Filme zu sehen und zu übernachten. Ich trug gerade eine riesige Schüssel voll Popcorn und eine Plastikflasche Cola ins Wohnzimmer, als ich über den Läufer stolperte. Fettiges Popcorn und sprudelnde Cola verteilten sich über Boden
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