20 - Im Reiche des silbernen Löwen I
nur, und folge mir!“
Er machte zwar einigemal Miene, stehenzubleiben, aber Halef ging ihm so auf die Fersen, daß er weiter mußte. So erreichten wir das Floß. Ich sprang hinüber und forderte sie auf, mir zu folgen. Sie hätten sich gar zu gern geweigert, wagten aber nicht, es zu tun. Als sie dann mit Halef bei mir standen, sagte ich:
„Setzt euch nieder! Ich habe euch etwas Wichtiges mitzuteilen.“ Sie folgten dieser Aufforderung, und ich fuhr fort: „Ich habe euch hierhergeführt, um euch das Leben zu retten. Wenn ihr in der Hütte oder in der Nähe derselben bliebet, würdet ihr gezwungen sein, die Brücke des Todes zu besteigen.“
„Maschallah! Wie kannst du solche Worte sprechen! Wer könnte uns mit dem Tod bedrohen?“
„Drei persische Halunken, welche gar nicht weit von der Hütte im Gebüsch stecken und uns in nicht viel über einer Stunde überfallen wollen.“
„All – – – all – – – all – – – lah – – –!“
Er brachte nichts als diesen auseinandergezogenen Ausruf hervor, so erschrocken war er. Ich sprach weiter:
„Ja, denke dir, wir sollen überfallen und erst halb totgeschlagen und sodann erschossen werden. Hättest du so etwas für möglich gehalten?“
„Nein – nein – – – nein – –!“ beteuerte er stockend. „Ich halte – – – es auch – – – jetzt noch für – – – unmöglich, für ganz – – – ganz unmöglich!“
„Das tust du, weil du keine Ahnung hast, was für böse und gewissenlose Menschen es gibt. Was ich sage, ist die vollständige Wahrheit. Diese drei Perser wollen, wenn unser Feuer ausgegangen ist, in unsere Hütte kriechen, um uns zu ermorden.“
„Das – – – das – – – kann ich mir – – – ganz, ganz unmöglich denken, Effendi!“
„Das ist auch nicht nötig, denn wenn du nicht denkst, so denke ich an deiner Stelle. Ich denke da zum Beispiel, daß diese Mörder einen Wegweiser haben, der sie zu unserem Lager führen will.“
Jetzt brachte er kein Wort hervor. Ich fuhr fort:
„Dieser niederträchtige Verräter hält mich für einen Christenhund, welcher der dümmste Mensch ist, den er in seinem Leben gesehen hat. Hältst du mich vielleicht auch für so dumm?“
„Ich – – –? O Effendi, welche Frage? Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll! Wer dich für dumm hält der – – – der – – – der – – –“
„Der ist selber ganz gewaltig und ganz unheilbar dumm, nicht wahr? Und doch hat dieser Mensch sich eingebildet, daß ich mich von ihm täuschen lasse! Er ist mit seinem Weib auf unser Floß gekommen, um uns hier nach der Hütte zu locken. Obgleich ich ihn sofort durchschaute, glaubte er, mein ganzes Vertrauen zu besitzen. Er bat mich, bei der Hütte anzulegen; ich tat es nicht, sondern ich steuerte das Floß hierher nach dieser Stelle. Da hätte er sich doch sagen sollen, daß er sich in Beziehung auf mein Vertrauen geirrt habe. Nicht?“
„Ja, Effendi – – – ja!“
„Er sagte sich das aber nicht; er war dazu zu dumm. In dieser Dummheit suchte er nach dem Aschia die Perser auf, um mit ihnen zu sprechen, wann und wie wir überfallen werden sollen. Wunderst du dich nicht darüber, daß ich das alles so genau weiß?“
„Effendi, ich – – – ich – – – ich bin noch immer so erschrocken, daß mir fast die Sprache mangelt.“
„Worüber bist du denn erschrocken? Über die Absicht der Mörder?“
„Ja.“
„Oder darüber, daß ich alles weiß?“
„Ja, darüber auch, oder – – – nein, nein, darüber nicht, gar nicht.“
„Kannst du dir vielleicht denken, weshalb ich mit dem Floß so weit von der Hütte gelandet bin?“
„Nein.“
„So will ich es dir sagen. Das Floß hier ist bestimmt, diesen Verräter und sein Weib so lange festzuhalten, bis ich mit den Mördern fertig geworden bin. Ich werde beide hier festbinden, und zwar so, daß sie bei dem geringsten Versuche, loszukommen, in das Wasser fallen und ertrinken müssen.“
„O Allah, Allah, Allah! Du sprichst von Mördern und einem Verräter. Wenn ich nur wüßte, was – – – wer – – – wer – – –“
„Wer dieser Verräter ist? Glaubst du denn wirklich, daß ich dir es sage? Das ist denn doch wohl nicht notwendig. Willst du mir nicht vielleicht gestehen, wer es ist?“
„Wer – wer – o Effendi, ich weiß von nichts, von gar nichts! Ich schwöre dir beim –“
„Sei still! Dein Schwur gilt
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