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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erschießen wollen; aber dies widerstrebte mir selbst in dieser mehr als peinlichen und bedrängten Lage. Nur kein Menschenblut vergießen! Die Pferde freilich konnte ich nicht schonen; sie mußten fallen, wenn ich meinen Zweck erreichen wollte.
    Die Gefahr, welcher ich mich auszusetzen hatte, war nicht gering. Auch abgesehen von den vielen Verfolgern hinter mir, hatte ich vor mir Feinde, welche ich nicht unterschätzen durfte. Man schickt nicht schlecht ausgerüstete Leute aus, um Feinde zu fangen; die fünf Comanchen waren also jedenfalls gut bewaffnet, und der Häuptling hatte sein Messer und sein Gewehr zweifelsohne wieder in den Händen; dazu kamen die Waffen, welche Dschafar und Perkins abgenommen worden waren. Ich hatte mich sehr in acht zu nehmen!
    Alle diese Erwägungen flogen mir durch den Kopf, während ich wieder durch das Gebüsch galoppierte, denn ich war, nachdem ich die Nahenden gesehen hatte, natürlich nicht draußen im Freien geblieben, weil sie mich nicht sehen durften. Ich jagte weiter bis zu der Stelle, an welcher die Spur aus den Sträuchern auf das offene Feld hinausführte. Dort hielt ich mein Pferd an und streichelte ihm den Hals, um es zum ruhigen Stehen zu veranlassen, denn ich durfte keinen Fehlschuß tun, und ebensowenig durfte ich absteigen, weil ich vielleicht gezwungen war, einen oder einige Rote niederzureiten. Ich selbst war nicht im geringsten aufgeregt und konnte mich auf meine sichere Hand verlassen.
    Ich nahm den Stutzen vor. Hinter dem äußersten Gesträuch haltend, lugte ich hinaus. Würden die Erwarteten nach der Stelle kommen, an welcher ich mich befand? Ja, sie kamen im Trab gerade auf dieselbe zu. Schon konnte ich ihre Gesichter erkennen.
    Voran ritt der Häuptling mit dem auf das Knie gestemmten Gewehr in der Hand. Hinter ihm folgten drei Rote nebeneinander, und dann kamen zwei, welche die Pferde an den Zügeln führten, auf denen Perkins und Dschafar saßen. Als sie bis auf etwa vierzig Schritt herangekommen waren, legte ich den Stutzen an. Mein Pferd stand still wie eine Mauer. Der erste Schuß traf das Tier des Häuptlings; es tat noch einige Sätze und überschlug sich dann; in welche Lage To-kei-chun dabei kam, das durfte ich nicht beobachten, denn ich hatte meine Augen auf die Pferde seiner Leute zu richten; fünf weitere Schüsse, und sie stürzten eins schnell nach dem andern. Jetzt erst sah ich wieder nach dem Häuptling. Er lag unter seinem Tier und bemühte sich, hervor und aus dem Bügel zu kommen, in dem er hängengeblieben war; sein Gewehr war ihm aus der Hand und weit fortgeschleudert worden. Zwei Indianer wälzten sich noch auf der Erde; die andern drei hatten sich aufgerafft und starrten erschrocken nach der Stelle, von welcher die Schüsse gekommen waren. Ich stieß den Kriegsruf der Indianer aus und galoppierte hinaus und auf sie zu. Als sie mich sahen, dachten sie an keinen Widerstand und rannten davon. Die beiden andern waren nun auch aufgekommen und liefen laut schreiend hinter ihnen her. Ich war sie los und schickte ihnen noch zwei Schreckschüsse nach.
    Nun zu dem Häuptling! Eben war er losgekommen und richtete sich auf. Ich trieb mein Pferd an ihm vorbei und gab ihm dabei einen Kolbenschlag, der ihn wieder niederwarf; er blieb bewußtlos liegen. Jetzt konnte ich an die Gefährten denken. Sie hielten nebeneinander auf ihren Pferden, die sie nicht lenken konnten, weil ihnen die Hände nach hinten gefesselt waren; die Füße hatten man ihnen an die Bügel gebunden. Ich sprang schnell ab, durchschnitt ihnen die Riemen und sagte:
    „Sprechen wir später; jetzt müssen wir fort! Ich habe wahrscheinlich über sechzig Rote hinter mir, die mich verfolgen. Gebt mir nur rasch den Häuptling herauf!“
    Ich schwang mich wieder in den Sattel; sie aber stiegen ab und hoben To-kei-chun zu mir empor. Ich legte ihn wie schon einmal quer vor mich herüber, und dann ging es fort, im Galopp auf die Ebene hinaus. Keine halbe Minute später hörten wir hinter uns ein vielstimmiges Geheul. Mich umblickend, sah ich die Verfolger, welche soeben das Gebüsch verlassen hatten, bei den erschossenen Pferden angekommen waren und ihre fünf Kameraden bemerkten, welche in ihrer Flucht innegehalten und mein Beginnen von weitem beobachtet hatten. Sie sahen natürlich nicht nur uns, sondern auch den Häuptling in meinen Armen, verdoppelten ihr Wutgeschrei und kamen hinter uns hergestoben.
    „Alle Teufel, sie werden uns einholen!“ rief Perkins voller Angst.
    „Das werde ich

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