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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf:
    „Nehmt diese Riemen und bindet damit den beiden roten Gentlemen die Hände und die Füße zusammen!“
    Er stand auf, um diese Weisung auszuführen; da aber erklärte der eine Rote:
    „Wir lassen uns nicht binden!“
    „Was wollt ihr dagegen tun?“ fragte ich. „Ihr befindet euch in meiner Gewalt!“
    „Lieber sterben wir! Eine solche Schande kann kein Krieger ertragen.“
    „Es ist keine Schande. Ich selbst bin auch oft gefesselt gewesen.“
    „Aber wir hatten dieses Bleichgesicht zu bewachen und haben uns überraschen lassen. Das ist eine Schande.“
    „Pshaw! Wißt ihr, was für einen roten Krieger die größte Schande ist?“
    „Was meint Old Shatterhand?“
    „Wenn er seine Medizin oder seine Skalplocke verliert. Ihr habt eure Medizinen am Gürtel hängen, und auf euern Häuptern sehe ich die Büschel eurer Haare. Wenn ihr nicht gehorcht, so erschieße ich euch nicht nur, sondern nehme euch die Medizinen und die Skalplocken, und werfe sie in das Feuer hier. Dann seht zu, ob ihr nach dem Tod in die ewigen Jagdgründe eingelassen werdet!“
    „Uff!“ rief er erschrocken.
    „Also gehorcht! Gebt eure Hände und Füße her, haltet still!“
    Jetzt weigerten sie sich nicht mehr. Meine Drohung hatte ihren Widerstand vollständig gebrochen. Während ich sie mit den Revolvern bedrohte, wurden sie von Dschafar gebunden.
    „Man hat Euch ausgeraubt, Sir?“ fragte ich diesen dann.
    „Ja“, antwortete er.
    „Wer hat die Sachen?“
    „Der Häuptling.“
    „Alles?“
    „Alles. Aber es sind nur die Kleinigkeiten. Was Wert hatte, habe ich in den Packsattel getan.“
    „Den haben wir; der Häuptling wird aber dennoch alles herausgeben müssen.“
    Und mich wieder zu den beiden Wächtern wendend, sagte ich:
    „Ihr seht, was eure Hinterlist und Wortbrüchigkeit euch für Früchte bringt. Euer Gefangener ist wieder frei, und dafür habe ich To-kei-chun abermals in meine Gewalt gebracht; er wird nicht so leicht wieder loskommen. Wir verlassen jetzt diesen Ort. Einer von euch wird uns begleiten, um Zeuge dessen zu sein, was ich mit dem Häuptlinge verabrede, und dann als sein Bote nach hier zurückzukehren. To-kei-chun wird mit uns reiten, bis wir uns in Sicherheit befinden. Darum nehme ich sein Pferd jetzt mit. Ob wir ihn später töten oder nicht, das wird ganz auf sein Verhalten ankommen.“
    Dschafar holte sein Pferd und auch dasjenige des Häuptlings herbei, dazu die Waffen und sonstigen Gegenstände, welche an der Stelle lagen, wo To-kei-chun gelegen hatte. Ich gab einem der Wächter die Füße frei und band ihn mit den Händen an den Steigbügel fest; seinen Gefährten knebelte ich, daß er nicht rufen konnte; dann trat ich das Feuer aus. Als das geschehen war, ritten wir fort.
    Sobald der Lagerplatz und das hindernde Gebüsch hinter uns lagen und wir uns draußen auf der freien Ebene befanden, machte der Perser seinem Herzen Luft:
    „Sir, was habe ich Euch nicht alles zu danken! Meine Schuld gegen Euch ist von Tag zu Tag größer geworden. Jetzt habt Ihr mich wieder befreit.“
    „Aber zum letztenmal!“ sagte ich ernst.
    „Gewiß! Ich denke doch, daß ich nicht wieder in die Hände dieser Teufel fallen werde!“
    „Wenn Ihr so unvorsichtig bleibt, wie Ihr bisher gewesen seid, so wird das sicher geschehen. Dann laß ich Euch aber stecken; darauf könnt Ihr Euch heilig verlassen!“
    „Ihr scheint zornig zu sein, Mr. Shatterhand?“
    „Ist auch kein Wunder! Ich scheine nur zu dem Zweck mit Euch zusammengetroffen zu sein, die fortgesetzten Fehler anderer Leute immer wieder gutmachen zu müssen. Das geschah vom ersten Augenblicke bis jetzt und scheint gar nicht anders werden zu wollen.“
    „Was mich betrifft, so soll so etwas gewiß nicht wieder vorkommen.“
    „Das hoffe ich. Horcht!“
    Es ertönte hinter uns ein lautes Geheul.
    „Warum brüllen sie so?“ fragte der Perser. „Sie haben doch nicht etwa unsere Gefährten gefangen?“
    „Nein. Diese befinden sich nicht hinter, sondern da vor uns. Es ist das Wutgeheul der Comanchen, welche eingesehen haben, daß sie ihren Häuptling nicht befreien können. Sie sind nach dem Lager zurückgekehrt und haben da zu ihrem Schreck bemerkt, daß Ihr noch obendrein gerettet worden seid und dazu auch noch ein Krieger von ihnen mit fortgeführt worden ist. Da ist es kein Wunder, wenn sie so schreien.“
    „Sie werden uns nachkommen!“
    „Mögen es versuchen! Ihr könnt übrigens froh sein, daß mir mein Streich gelungen ist; denn wenn dies nicht

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