20 - Mutter der Monster
Augen an dem Album fest, das ihre Mutter zusammenstellte, um ihr eine Freude zu machen. Das Album, das Buffys Entwicklung von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter dokumentieren sollte.
Buffy betrachtete die aufgeschlagene Seite, jene Seite, an der ihre Mutter gearbeitet hatte, als sie so brutal unterbrochen worden war. Zahlreiche Fotos waren bereits eingeklebt. Ein weiteres lag da, als wartete es nur darauf, hinzugefügt zu werden. Buffy bückte sich und hob es auf.
Das Bild zeigte sie im Alter von zehn Jahren. Die kleine Buffy war selbstbewusst, voller Leben und grinste in die Kamera.
Ich erinnere mich an diesen Tag, dachte Buffy. Die ganze Familie war in einen Park gegangen, und sie hatte sich auf eine Schaukel gesetzt und von ihrem Dad anstoßen lassen, höher und höher, bis das kleine Mädchen, das sie gewesen war, aufgeschrien hatte. Und zwar so, wie es nur Kinder konnten: in einer Mischung aus Angst und Lachen.
Dass sie so hoch und immer höher in den Himmel geflogen war, hatte sie gleichzeitig erschreckt und begeistert. Denn tief in ihrem Herzen hatte Buffy keine Angst gehabt. Sie hatte gewusst, dass ihre Eltern bei ihr waren, direkt an ihrer Seite. Mit der Sicherheit eines Kindes hatte sie gewusst, was das bedeutete: dass nichts Schlimmes passieren, dass ihr nichts zustoßen konnte.
Buffy legte die Aufnahme zu den anderen, die bereits in dem Album klebten. Erinnerungen wurden wach. Dort war sie mit ihrer Kusine Celia, die viel zu jung gestorben war. Und da war Buffy an ihrem achten Geburtstag, als ihr Vater sie zum ersten Mal mit zum Schlittschuhlaufen genommen hatte.
Etwas, das er schon lange nicht mehr tat, ganz gleich, wie sehr ihr Herz sich auch danach sehnen mochte. Aber andererseits hatte sie ihrem Vater auch schon lange nicht mehr gesagt, was sie sich tief im Herzen wünschte.
Denn jetzt war die kleine Buffy Summers erwachsen. Ihre Eltern waren geschieden. Ihr Vater war weit weg. Jetzt schickte er ihr eine Karte mit einem Scheck zum Geburtstag. Wenn er sich überhaupt daran erinnerte.
Und ihre Mom, die stets zu ihr gehalten hatte, ganz gleich, was passiert war, ihre Mom steckte jetzt in großen Schwierigkeiten. Weil das Kind auf diesem Foto herangewachsen und die Jägerin geworden war, die Auserwählte. Eine Sache, bei der sie absolut keine Wahl gehabt hatte.
Und ihre Mutter auch nicht, erkannte Buffy plötzlich.
Sie hatte es lange vor ihrer Mutter geheim gehalten, dass sie die Jägerin war. Aus vielen Gründen. War dies einer davon gewesen? Hatte Buffy instinktiv gewusst, dass sich Joyce zwar erschrecken, sie aber niemals im Stich lassen würde? Dass sie zu ihrer Tochter halten, ihr immer zur Seite stehen würde, ganz gleich, was geschah?
Buffys Freunde hatten sich bewusst dazu entschlossen, Teil ihrer Welt als Jägerin zu sein. Sicher, sie wäre verletzt gewesen, wenn sie sich entschieden hätten, ihr den Rücken zuzukehren und fortzugehen. Aber sie hätte es verstanden, ohne ihnen Vorwürfe zu machen.
Die Welt war ein angenehmerer, ein einfacherer Ort, wenn man nicht wusste, was Buffy wusste. Wenn man sich nicht der Tatsache stellen musste, dass sie nicht immer sicher war.
Joyce Summers hatte nie eine andere Wahl gehabt, als sich den Tatsachen zu stellen. Joyce war an Buffy gebunden, weil sie Joyce war: die Mutter der Jägerin, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Buffy trat in die Mitte des Wohnzimmers und betrachtete sich in dem Spiegel über dem Kamin. War das kleine Mädchen, jenes, dessen Andenken ihre Mutter so liebevoll bewahrte, noch immer irgendwo in ihr?
Vielleicht diente das Fotoalbum im Grunde nur dazu, sie daran zu erinnern, dass es so war. Vielleicht hatte ihre Mutter mehr verstanden, als Buffy ihr zutraute oder wahrhaben wollte.
Vielleicht verstand sie, was für ein Gefühl es war, an seiner Vergangenheit zu zweifeln, weil einem eine Zukunft winkte, um die man nicht gebeten hatte und über die man keine Kontrolle hatte. Eine Zukunft als Auserwählte.
Und jetzt war auch ihre Mutter auserwählt worden. Als ein Werkzeug der Vergeltung, der Rache, eine Möglichkeit, Buffy zu schaden. Und es gab nur eins, das Buffy dagegen tun konnte. Nicht versagen. Das Fotoalbum, das hinter ihr auf der Couch lag, war der sprechende Beweis, dass ihre Mutter ihr vertraute. Dass ihre Mutter sie liebte.
Jetzt war Buffy an der Reihe, ihre Liebe zu beweisen. Und zu bestätigen, dass das Vertrauen ihrer Mutter berechtigt war.
Sie wollte sich gerade abwenden, von neuer Entschlossenheit
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