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20 Science Fiction Stories

20 Science Fiction Stories

Titel: 20 Science Fiction Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse
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geröteten, triefenden Augen sah sie genau wie eine Hexe aus. Und das mußte auch so sein, denn Fräulein Greeb war eine Hexe.
    »Ich möchte mit Ihnen über Ihren Sohn sprechen«, sagte sie.
    In diesem Augenblick kam Frau Dee aus der Küche.
    »Ich hoffe, er ist nicht ungezogen gewesen«, meinte sie ängstlich.
    Fräulein Greeb rümpfte unheilvoll die Nase. »Heute habe ich die jährliche Prüfung abgehalten. Ihr Sohn versagte kläglich.«
    »O je«, klagte Frau Dee. »Es ist Frühling. Vielleicht –«
    »Der Frühling hat nichts damit zu tun«, sagte Fräulein Greeb. »Vorige Woche gab ich die Größeren Zaubersprüche von Cordus auf, Teil eins. Sie wissen doch, wie leicht sie sind. Er lernte nicht einen einzigen.«
    »Hm«, machte Herr Dee.
    »In Biologie hat er nicht die geringste Ahnung, welches die grundlegensten Zauberkräuter sind. Aber auch nicht die geringste!«
    »Das ist nicht zu glauben«, sagte Herr Dee.
    Fräulein Greeb lachte bitter. »Außerdem hat er das ganze Geheimalphabet vergessen, das er in Klasse drei gelernt hat. Er hat die Schutzformel vergessen, und auch die Namen der 99 unbedeutenderen Teufelchen des Dritten Kreises; er hat vergessen, was er je über die Geographie der Größeren Hölle gewußt hat. Und was noch dazu kommt: er will nicht lernen.«
    Schweigend sahen Herr und Frau Dee einander an. Die Sache war wirklich sehr ernst. Eine gewisse jungenhafte Unaufmerksamkeit war zu akzeptieren, ja sogar zu unterstützen, denn sie deutete auf eine lebhafte Phantasie hin. Aber ein Kind mußte die Grundlagen lernen, wenn es jemals ein vollflügger Hexenmeister werden wollte.
    »Ich sage es Ihnen ganz offen«, empörte sich Fräulein Greeb, »wenn mir so was früher passiert wäre, hätte ich ihn ohne langes Überlegen ausgestoßen. Aber wir sind nur noch so wenige.«
    Herr Dee nickte traurig. Die Zauberei war immer mehr aus der Mode gekommen. Die alten Familien starben aus, fielen dämonischen Kräften zum Opfer oder wurden Wissenschaftler. Und die wankelmütige Öffentlichkeit zeigte absolut kein Interesse an dem Charme und dem Zauber alter Zeiten.
    Heutzutage beherrschte nur noch eine Handvoll in alle Winde verstreuter Leute die Alte Lehre. Sie hüteten sie und ließen sie den Kindern von Hexenmeistern an Privatschulen beibringen – wie auf jener von Fräulein Greeb. Es war ein Erbe, ein geheiligtes Gut.
    »Schuld daran ist dieser Unsinn mit der Buchführung«, beklagte sich Fräulein Greeb. »Ich möchte nur wissen, woher er die Idee hat.« Anschuldigend blickte sie Dee an. »Und ich verstehe auch nicht, warum sie nicht schon im Keim erstickt wurde.«
    Herr Dee fühlte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg.
    »Aber eins weiß ich sicher. Solange Morton das noch im Kopf hat, kann er sich nicht voll und ganz der Thaumaturgie widmen.«
    Herr Dee senkte den Kopf unter dem Blick der roten Hexenaugen. Es war seine Schuld. Er hätte niemals diese Spielzeug-Rechenmaschine mit nach Hause bringen sollen. Und als er das erste Mal beobachtete, daß Morton doppelte Buchführung spielte, hätte er das Hauptbuch verbrennen sollen.
    Aber woher hätte er wissen sollen, daß es zu einer derartigen Besessenheit ausartet?
    Frau Dee glättete ihre Schürze und sagte: »Fräulein Greeb, Sie wissen, daß Sie unser vollstes Vertrauen haben. Was würden Sie vorschlagen?«
    »Ich habe getan, was in meiner Kraft steht«, antwortete Fräulein Greeb. »Das einzige, was noch bliebe, ist, Boarbas, den Dämon der Kinder, auf den Plan zu rufen. Und das liegt natürlich bei Ihnen.«
    »Oh, ich glaube nicht, daß es so schlimm ist«, beeilte sich Herr Dee einzuwerfen. »Boarbas herbeizuzitieren, ist ein sehr ernster Schritt.«
    »Wie gesagt, das ist Ihre Sache«, sagte Fräulein Greeb. »Tun Sie’s oder tun Sie’s auch nicht, ganz nach Ihrem Ermessen. Wie aber die Dinge jetzt stehen, wird Ihr Sohn niemals ein Hexenmeister.« Sie drehte sich um und wollte gehen.
    »Möchten Sie nicht zum Tee bleiben?« fragte Frau Dee hastig.
    »Nein. Ich muß zu einem Hexentreffen nach Cincinatti«, antwortete Fräulein Greeb und verschwand in einer orangefarbenen Rauchwolke.
    Herr Dee fächelte mit den Händen den Rauch fort und schloß die Tür.
    »Puh«, brummte er. »Man könnte meinen, sie benutzt parfümierten Rauch.«
    »Sie ist altmodisch«, stellte Frau Dee fest.
    Schweigend standen sie neben der Tür. Erst jetzt wurde Herrn Dee das eben Gehörte klar. Es fiel ihm schwer, zu glauben, daß sein Sohn, sein eigenes Fleisch und Blut,

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