200 - Die Hölle stirbt!
Cardia plötzlich lebenswichtig geworden. Aber erst mal mußte Metal die Reisende zu Kleshdanas Hütte bringen.
Und dann mußte die Seele noch brauchbar sein!
Fassungslos starrte Cardia auf die verkohlten Überreste ihres Sohnes. »Sammeh…! Sammeh…! Sammeh…!«
»Weiter, Cardia!«
»Sie haben ihn getötet…«
»Du hast keine Zeit, seinen Tod zu beweinen, Cardia. Wenn du nicht auch sterben möchtest…«
»Was macht das jetzt noch aus…?«
»Willst du den Hexen auch noch diesen Triumph gönnen?«
stieß Metal aufgewühlt hervor.
»Ich habe meinen einzigen Sohn verloren.«
»Sammeh würde nicht wollen, daß du deshalb auch stirbst«, sagte Metal eindringlich. »Nutze die kurze Frist, die du ohne Seele leben kannst. Lauf weiter. Wenn sich die Hexen erheben, dürfen wir nicht mehr hier sein, sonst sind wir verloren. Noch kann ich dich retten, und du wirst später Zeit haben, um deinen geliebten Sohn zu trauern.«
Der Silbermann griff nach ihrer Hand und riß sie mit sich. Sie verließen den Hexenkral. Lange war noch das Heulen und Kreischen der Hexen zu hören.
Cardia wurde schwächer. Wenn Metal sie nicht gestützt hätte, wäre sie hingefallen. Bald konnte sie keinen Schritt mehr tun. Es half nicht, daß Metal ihr sagte, wie wichtig es war, daß sie weiterlief.
Sie wußte es. Aber sie konnte nicht mehr. Zitternd, fahl und entkräftet sah sie den Silberdämon an. »Die Zeit der Trennung ist gekommen.«
»Noch nicht!« knirschte Metal trotzig. »Noch lange nicht!«
»Ohne… Seele… kann… ich nicht…«
»Ich weiß, Cardia. Halte durch! Es ist nicht mehr weit!«
»Ich werde…«
Er legte ihr hastig die Hand auf die Lippen, weil er nicht wollte, daß sie es aussprach. Nein, sie würde nicht sterben, sie durfte nicht sterben.
Und sie brauchte nicht zu sterben, denn wenn sie ihr Ziel erreicht hatten, würde Kleshdanas Seele mit Cardias Körper verschmelzen.
Und diese neue Verbindung wurde hoffentlich Cardias Wandertrieb beenden.
»Ich bin müde, Metal, schrecklich müde…«
»Wir geben nicht auf, nicht so nahe vor dem Ziel!« stieß der Silberdämon entschlossen hervor. »Ich werde ich tragen. Nur Mut, Cardia. Du wirst dich bald besser fühlen. Es ist wirklich nicht mehr weit.«
Er hob das schwache Mädchen hoch und legte es sich über die Schultern. Mit schweren, stampfenden Schritten ging er weiter. Als Lohn für diesen Einsatz winkte Cardias Leben! Ein Leben in Frieden – ohne weitere Kämpfe gegen Feinde aus der Hölle, denn die Hölle starb in diesem Augenblick. Vielleicht riß sie sogar Haspiran mit ins Verderben.
Keine Hölle mehr! Dieser Gedanke war selbst für Metal unvorstellbar. Das Ende des Bösen! Wer hätte gedacht, daß es dazu jemals kommen würde?
Aber die Hexe hatte es ihren Schwestern berichtet, und sie hatte bestimmt die Wahrheit gesagt. Asmodis war nicht nur eine Figur gewesen, die man beliebig ersetzen konnte. Das war nicht bloß irgendein Name gewesen.
Er hatte für die Hölle gestanden! Asmodis war die Hölle gewesen!
Anfangs war Cardias Körper noch fest, doch allmählich wurde er weich, schlaff. Sie stirbt auf meinen Schultern, wenn ich mich nicht beeile! dachte Metal entsetzt.
Er lief mit der Seelenlosen, so schnell er konnte. Ab und zu richtete er das Wort an sie, doch sie antwortete nicht.
Gelegentlich hörte er sie stöhnen. Dann wußte er, daß sie noch lebte. Noch! Wie lange noch?
Seine Ermahnungen, durchzuhalten, blieben ungehört. Er keuchte und kämpfte sich verbissen durch den unwegsamsten Teil des Waldes.
Nach dem Überfall der Hexen war er selbst noch nicht ganz wieder auf der Höhe, aber die Sorge um Cardia trieb ihn unaufhörlich weiter.
»Du wirst nicht sterben! Du wirst leben, Cardia! Ich verspreche es! Wir haben ein langes, glückliches Leben vor uns!«
Er merkte, daß es nicht mehr weit war, als er den Schwefelfluß roch. Der faulige Gestank lag zwischen den Büschen und Bäumen.
»Wir haben es geschafft, Cardia!«
Als er die Hütte der Teufelin sah, trommelte sein Herz aufgeregt gegen die Rippen.
Waren sie zu lange fort gewesen? Reichte die Zeit gerade noch? Sie mußte reichen. Kleshdanas Seele war ihre einzige und zugleich letzte Hoffnung.
Metal erreichte die Hütte, konnte Cardia jedoch nicht hineintragen, weil er ihre Chance damit zunichte gemacht hätte.
Sie mußte allein in die Hütte gehen.
Aber Cardia war nicht bei Bewußtsein! Metal ließ sie von seinen Schultern gleiten. Er schüttelte Cardia, versuchte sie zu wecken,
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