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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Bekassinen. Die Täuschung war vollkommen.
    Wir waren vier Stunden gelaufen, als der Kapitän Nemo das Zeichen zur Rast gab. Seltsamerweise spürte ich keinen Hunger, aber ich war sehr müde geworden. Den anderen schien es ebenso zu gehen, denn wir legten uns in dem klaren Wasser auf dem Meeresboden zum Schlafen nieder. Die Ruhe war so wohltuend, dass ich sofort einnickte.
    Als ich erwachte und aufblickte, erschrak ich maßlos. Einige Schritte von mir entfernt erhob sich eine riesenhafte Meerspinne, mindestens 1 m hoch, zum Überfall auf mich bereit, lüstern schielend. Mir fiel zwar sofort ein, dass mein Taucheranzug mich vor den Bissen dieses Tieres schützen würde, dennoch konnte ich mich des Grauens nicht erwehren. Der Kapitän war auch schon wieder auf, er stand seitwärts vor mir und sah sich die Spinne an. Jetzt erwachte unser vierter Mann, der Matrose von der Nautilus . Nemo zeigte nur auf die Spinne und der Mann schlug zu. Minutenlang noch sah ich, wie sich die Beine des fürchterlichen Tieres in schrecklichen Zuckungen krümmten.
    Der Kapitän wandte sich gleich zum Weitermarschieren. Ich folgte, aber ich war über Gebühr erregt. Was, wenn uns andere Tiere begegneten, denen mein Taucheranzug nicht mehr widerstehen konnte?
    Der steiler werdende Abhang führte uns in immer größere Tiefen hinab und gegen 15 Uhr, als plötzlich die Beleuchtung von oben völlig aufhörte, mussten wir 150 m unter dem Meeresspiegel sein. Wir schalteten die Lampen ein, die mit ihrem Schein 25 m durchs Wasser drangen und eine Reihe von Fischen anlockten. Wir gingen in dieser dunklen Tiefe nicht mehr weit, denn eine hoch ragende Felswand gebot uns Einhalt, ein Massiv aus prachtvollen Granitblöcken, in denen Grotten zu erkennen waren. Sie boten keinen Halt für den Aufstieg und der Kapitän Nemo machte kehrt.
    Wir nahmen einen steileren Weg zurück, aber wiederum nicht so steil, dass wir zu rasch aus den Druckverhältnissen der Tiefe aufgestiegen wären. Bald hatten wir die Gegend, in die das Sonnenlicht noch hinabwirkt, wieder erreicht, schalteten die Lampen ab und sahen wieder, wie die schräg einfallenden Strahlen der Sonne alle Dinge unter Wasser mit einem irisierenden Rand umgaben.
    In etwa 10 m Tiefe wurde der Boden wieder eben. Scharen kleiner Fische begleiteten uns, aber ein größeres »Wildbret« hatte sich bis jetzt noch nicht sehen lassen.
    Da legte der Kapitän Nemo plötzlich an und schoss. Ein schwaches Pfeifen, eine Bewegung in den Wasserpflanzen und einige Schritt von uns entfernt fiel das getroffene Tier nieder: Es war ein prächtiger Seeotter, der einzige Vierfüßler, der nur im Meer lebt, wohl 1,5 m lang. Sein Fell, oben braun und am Bauch silberfarben, gehört zu den teuersten Artikeln auf dem russischen und chinesischen Pelzmarkt.
    Ich bewunderte das merkwürdige Säugetier mit dem runden Kopf, den kurzen Ohren, den runden Augen, den weißen Schnauzborsten, den handförmigen Füßen mit Krallen, dem buschigen Schwanz, das fleischfressend, von den Fischern getrieben und gejagt, äußerst selten geworden, sich in die nördlichen Breiten des Pazifik geflüchtet hat, wo seine Gattung wahrscheinlich bald aussterben wird.
    Die Sandebene, über die wir schritten, erhob sich oft bis 2 m unterhalb des Meeresspiegels und dann sah ich, wenn ich hochblickte, das Bild unserer Truppe, wie sie dort oben noch einmal marschierte, den Kopf unten, die Füße in der Luft.
    Bei diesem Gang nahe unter der Wasseroberfläche erlebte ich einen zweiten Prachtschuss, den diesmal der Gefährte des Kapitäns tat. Ein Vogel mit weit gespannten Flügeln näherte sich uns über dem Wasser, der Matrose legte an und traf, das Tier fiel wie vom Blitz getroffen herab, sodass er es bequem greifen konnte. Es war ein außergewöhnlich schöner Albatros.
    Zwei Stunden später sahen wir in der Entfernung bereits die Lichter der Nautilus schimmern, da gab der Kapitän, der als Erster ging, uns plötzlich ein heftiges Zeichen. Ich verstand nicht. Er eilte auf mich, sein Gefährte auf Conseil zu, sie warfen uns zu Boden und legten sich daneben. Im Seegras liegend, hörte ich und sah, wie ungeheure Massen mit lautem Getümmel über unseren Köpfen hinwegzogen. Und als ich erkannte, um welche Tiere es sich dabei handelte, erstarrte mir das Blut in den Adern: Haie. Die Bestien, die mit ihrem eisernen Gebiss einen ganzen Menschen zermalmen können, streiften uns mit den Flossen, aber sie donnerten über uns hinweg. Haifische sehen schlecht, das war

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