2001 Himmelsfeuer
drehte? Erica hatte hin und her überlegt, und als sie nochmals den Abend bei den Dimarcos, der für sie ein so jähes Ende gefunden hatte, Revue passieren ließ, fiel ihr nachträglich eine Szene ein, die sie damals gar nicht bewusst zur Kenntnis genommen hatte: Sam und Wade Dimarco, die Köpfe zusammengesteckt wie Verschwörer.
Sofort war sie misstrauisch geworden. Sam heckte irgendetwas aus. In den darauf folgenden Tagen gab er sich ein wenig zu leutselig, ein wenig zu gut gelaunt, wie um seine Nervosität zu kaschieren. Und heute Morgen dann hatte Erica gesehen, wie Sam in seinem besten Anzug und fröhlich pfeifend das Camp verließ. Wenige Minuten später war auch Jared losgefahren, wie aus dem Ei gepellt und mit einer Aktentasche. Zum Glück hielt sich die Aushilfssekretärin noch in seinem Wohnmobil auf, der Erica weismachte, sie habe die Adresse vom Ort der Zusammenkunft verlegt, hoffentlich komme sie noch rechtzeitig hin. Auf diese Weise hatte sie in Erfahrung gebracht, dass Jared und Sam eine Verabredung in Century City hatten, in einem Gebäude, in dem die Anwaltsfirma besagter Sekretärin ihren Konferenzraum für eine Tagung zur Verfügung gestellt hatte.
Als Zimmerman sich jetzt darüber ausließ, welch finanzielle Einbußen die Hausbesitzer hinzunehmen hätten, weil durch die Ausgrabung die Regressforderungen gegen die Baufirmen und die Versicherungsgesellschaften verzögert würden, blickte Erica schließlich doch hinüber zu Jared. Hatte er damals, am Abend der Dimarco-Party, als sie ihm die geprellte Rippe bandagiert und er ihr vom tragischen Tod seiner Frau erzählt hatte, bereits von diesem heimlichen Treffen gewusst? Hatte er, als er sie scheinbar ins Vertrauen zog, bereits eine geheime Abmachung mit den hier Anwesenden getroffen? Sie meinte jedenfalls zu wissen, weshalb diese Männer heute zusammengekommen waren.
Barney Voorhees, seinerzeit mit der Erschließung und dem Bauvorhaben Emerald Hills betraut, wies als Nächster mit Dias von Karten und Lageplänen, Urkunden, Verträgen und Genehmigungen nach, dass er den Canyon einwandfrei und rechtmäßig erschlossen habe und es nicht ihm anzulasten sei, wenn die zuständige Behörde nicht genügend Unterlagen über Bodenbeschaffenheit und geologische Besonderheiten besitze. Auch er brachte vor, dass die noch andauernde Ausgrabung jedweden Schritt in Richtung einer für alle Beteiligten finanziell zufrieden stellenden Lösung verzögere. Die Archäologen, sagte er rundheraus, trieben ihn in den Ruin.
Als Nächstes stellte der Vertreter des Landverwaltungsamts eine Art Staffelei auf und hob zu einem gut vorbereiteten, mit graphischen Darstellungen und Diagrammen aufgepeppten Referat an, redete wie Zimmerman und Voorhees von Dollars und Cents und sprach sich dafür aus, dass der Staat Kalifornien die archäologischen Arbeiten in Topanga beenden und stattdessen darangehen solle, Emerald Hills Canyon unter Denkmal- und Naturschutz zu stellen.
Jetzt war Wade Dimarco an der Reihe. Er beeindruckte die Teilnehmer dadurch, dass er die Beleuchtung herunterdimmte und die Mitte des Tisches hochfuhr, sodass jeder plötzlich einen Monitor vor sich hatte. Sein zehnminütiges Video war ein Meisterstück an Computer-Simulation und Spezialeffekten – die Zuschauer wurden auf eine virtuelle Tour durch das Museum geführt, das er auf Emerald Hills zu erbauen gedachte. Mehr als einmal kam die kommentierende Stimme im dem Video auf die Formulierung »zum Wohle der kalifornischen Steuerzahler« zurück, um die Botschaft zu unterstreichen, je schneller man die Grabungen in der Höhle einstellte, desto eher würde das neue Indianermuseum dem Staatssäckel Einnahmen bescheren.
Der nächste Redner war Häuptling Antonio Rivera vom Stamm der Gabrielino, den Erica als den wiedererkannte, den Jared zu Beginn des Projekts in die Höhle gebracht hatte, in der Hoffnung, er könne die Wandmalerei einem Stamm zuordnen. Rivera, ein Mann im fortgeschrittenen Alter, dessen kupferfarbenes, verwittertes Gesicht mit den kleinen, wachen Augen von unzähligen Linien und Runzeln durchzogen war, referierte mit feierlich gedämpfter Stimme über die heiligen Stätten der amerikanischen Ureinwohner, wobei er sich des sprachlichen Mischmaschs der Vororte von Los Angeles bediente, der für jemanden, der in einer spanisch sprechenden Umgebung aufgewachsen ist und sich zugleich jahrelang amerikanische Filme und Fernsehsendungen angeschaut hat, typisch ist. Häuptling Rivera verteilte Mappen
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